Lübeck – Der VfB Lübeck kann ganz befreit aufspielen, denn niemand erwartet ein Wunder, wenn es am Samstag um 14 Uhr an der Hagenbeckstraße gegen den „kleinen“ HSV geht. Am letzten Spieltag der Hinrunde treten die grünweißen Aufsteiger bei der „Macht von der Elbe“ an.
Vor Saisonbeginn hätte wohl niemand auf die U23 des Bundesligisten getippt, doch steht der Hamburger SV II an der Spitze der Regionalliga Nord mit Kurs auf die Aufstiegsspiele. Zwölf Punkte Vorsprung konnte sich das Team von Trainer Daniel Petrowsky bisher erarbeiten. Dabei verloren die Rothosen kein einziges Mal. Lediglich mit zwei Unentschieden gegen Rehden und Meppen ging man vom eigenen Platz.
Den höchsten Regionalliga-Auswärtssieg aller Zeiten fuhr man beim aktuellen Aufsteiger FT Braunschweig ein. Ein historisches Ergebnis, hatten es zuvor nur die Profis von Hannover 96 in der Saison 1994/95 zuhause auf das gleiche Ergebnis gegen Göttingen 05 gebracht. Der VfB steht dem allerdings ins Nichts nach. Die Lübecker deklassierten in der Saison 1994/95 den FC Bremerhaven mit 8:1. Damals schafften es die Grünweißen erstmals in den bezahlten Fußball und das wollen die Hamburger mit ihren Amateuren nun nachmachen.
Joe Zinnbauer, der das Team vor der Saison von Rodolfo Cardoso übernahm, räumte auf. Nach unzähligen Saisons im unteren Mittelfeld brachte er frischen Wind nach Hamburg. Er testete 60 Spieler und studierte die Videoanalysen explizit. 16 Kicker gingen, 13 Neue kamen.
Einer von ihnen ist Ahmet Arslan, der ausgerechnet vom VfB Lübeck an die Elb-Metropole wechselte. Talent hatte man dem ehemaligen Phönix-Jugendspieler schon nachgesagt, doch dass er nun zum König der Regionalliga wird, hätte man nicht gedacht. Der 20-Jährige schoss in 16 Partien 13 Tore und führt die Torjägerliste der 4. Liga unangefochten an. Dass man den gefährlichen Mittelfeldspieler noch nicht in den Profi-Kader beordert hatte, bleibt vermutlich das Geheimnis von Zinnbauer, der nach der Entlassung von Mirko Slomka die Bundesliga-Truppe übernahm.
Sein Nachfolger Petrowsky führt das „Erbe“ Zinnbauers exakt fort. Der 37-jährige A-Lizenz-Inhaber wurde vom B-Junioren-Team befördert und fährt mit der U23 Richtung Liga 3. HSV-Sportdirektor Bernhard Peters sagte kürzlich gegenüber dem Abendblatt: „Wir wollen unbedingt, dass die Mannschaft den Weg in die 3. Liga gehen kann. Das ist für die Durchlässigkeit zur Profimannschaft und die Ausbildung junger Spieler sehr wichtig.“ Ob das allerdings zu realisieren ist, steht noch in den Sternen. Im Winter will man sich beim Bundesliga-Dino Gedanken dazu machen. Der Etat würde dann bei dem klammen Hamburger Club allerdings mit rund 3 Millionen Euro für die Reserve zu Buche schlagen.
Die Hälfte der Saison ist fast geschafft und mit dem letzten Hindrundenspiel kommt der VfB Lübeck zur Hagenbeckstraße. Waren es im vergangenen Jahr noch durchschnittlich 232 Zuschauer, die sich beim HSV verirrten, konnte man diese Zahl fast verdreifachen. Gegen Hannover 96 II waren es gar 1.400 Fans im Wolfgang-Meyer-Stadion. Am Samstag könnten es wieder so viele werden. Die HSV-Profis spielen aufgrund der Länderspielpause nicht und viele Lübecker Fans werden die 70 Kilometer sicherlich auf ihre Kappe nehmen, so dass man mit rund 300 grünweißen Anhängern rechnen darf.
Der VfB fährt allerdings nicht zum Herbstmeister, um sich dort eine Packung abzuholen. Denny Skwierczynski, Trainer des Aufsteigers, hat aber den gehörigen Respekt gegenüber dem Titelaspirant und sagte zu HL-SPORTS: „Wir wollen das etwas schlechtere Spiel gegen Neumünster in einem anderen Licht erscheinen lassen, eine couragierte Leistung beim HSV abliefern und uns von einer anderen Seite zeigen. Das haben wir schon oft in dieser Saison geschafft, nur fehlte am Schluss leider der Ertrag etwas. Wer von der Bundesliga-Mannschaft dabei ist, weiß man natürlich nicht, aber auch ohne diese eventuelle Verstärkung ist das Team einfach sehr gut unterwegs. Das ganze Team und ich hoffen natürlich wieder auf eine große Anzahl an Fans, die uns auf dem kurzen Weg nach Hamburg begleiten. Das war bisher immer fantastisch und stärkt der Mannschaft den Rücken. Gerade in so einem Spiel ist das wieder sehr wichtig für uns.“
Dabei fehlen ihm weiterhin Briant Alberti (Schulter), Marcel Dümmel (Kreuzbandriss) und Patrick Bohnsack (Schambeinentzündung). Wieder an Bord sind dafür Dennis Voss und Christian Rave. Auch Finn Thomas konnte diese Woche genauso trainieren, wie Ricardo Radina, der allerdings weiterhin in der U23 der Lübecker Spielpraxis sammeln wird, wie Skwierczynski berichtete. „Er macht einen sehr guten Eindruck“, sagte der 40-Jährige. Bei Dennis Wehrendt wird sich ein Einsatz erst nach dem Abschlusstraining entscheiden.