Lübeck – Professor Dr. Jan Rupp ist Direktor der Klinik für Infektiologie und Mikrobiologie am UKSH Lübeck. In der Corona-Krise ist er der Experte für das Virus und wie man damit umgeht. Für HL-SPORTS nahm er sich die Zeit, um über das aktuelle Thema zu sprechen. Dabei ist der Professor, der zum Beraterstab der Landesregierung gehört, guter Dinge und hat hoffnungsvolle Aussichten für Sportlerinnen und Sportler, die allerdings weiterhin Geduld mit sich bringen.
„Es kann nur kleine Schritte geben“
HL-SPORTS: Hallo Herr Professor Dr. Rupp, in diesen Zeiten ist ein Fachmann wie Sie noch gefragter. Wie bewerten Sie die aktuellen Maßnahmen von Bundes- und Landesregierung zur Eindämmung des Corona-Virus?
Prof. Jan Rupp: Die getroffenen Maßnahmen sind insgesamt sehr ausgewogen, auch wenn verständlicherweise nicht alle mit den ersten Schritten zufrieden sein können. Man darf nicht vergessen wie die Ausgangslage war vor fünf bis sechs Wochen und die damit verbundenen Sorgen waren. Nur wenn man das vor Augen behält, wird man akzeptieren können, dass es nur kleine Schritte zur Öffnung wiedergeben kann.
Virus sorgt für Beschäftigung
HL-SPORTS: Experten und das Robert-Koch-Institut sprechen davon, dass „wir uns erst am Anfang dieser Pandemie befinden“. Teilen Sie diese Aussagen? Wann ist mit einem Höhepunkt zu rechnen?
Prof. Jan Rupp: Es handelt sich um einen für die Menschheit „neuen Erreger“ der vermeintlich jede Person infizieren kann. Glücklicherweise werden die meisten Personen eine solche Infektion gut wegstecken. Dies gilt aber leider nicht für die Risikopatienten. Für diesen Personenkreis bedarf es dieser radikalen Maßnahmen der vergangenen Wochen. Wann der Höhepunkt erreicht sein wird ist aktuell nicht abzusehen. Vielmehr muss aktuell davon ausgegangen werden, dass das Virus uns eine geraume Zeit weiter beschäftigen wird – hoffentlich auf sehr niedrigem Niveau.
HL-SPORTS: Wie gut ist man im Lübecker UKSH und in der Region Lübeck darauf vorbereitet und was darf nicht passieren?
Prof. Jan Rupp: Das UKSH und auch die umliegenden Häuser sind meiner Kenntnis nach gut auf die aktuelle Situation vorbereitet. In den vergangenen Wochen ist viel Energie in die Planung eines vermehrten Patientenaufkommens geflossen. Zugleich wurden die Kapazitäten für die Behandlung von schwer kranken Personen massiv erhöht. Damit können viele Patienten zur gleichen Zeit behandelt werden. Was nicht passieren darf, ist dass sich das Virus komplett ungehindert ausbreitet und auf einen Schlag zu viele Personen erkranken… dann geraten irgendwann die Krankenhäuser an ihre Grenzen.
„Möglicherweise wird es Unterschiede geben“
HL-SPORTS: Betroffen von den Einschränkungen ist auch der Sport. Der Fußball steht noch still und der Handball hat sich für einen Saisonabbruch entschieden. Die große Frage bleibt: Wann darf man wieder Mannschaftssport ausüben? Und dann ist da noch die Bundesliga, die Mitte Mai wieder starten möchte.
Prof. Jan Rupp: Pauschal lässt sich das nicht sagen… und meine Vermutung ist, dass es möglicherweise auch Unterschiede zwischen dem Profi- und Amateurbereich geben wird. Das mag man nicht unbedingt gut finden, aber es ist prinzipiell natürlich möglich ein paar wenige Mannschaften mit hohem Aufwand sehr umfangreich und intensiv zu überwachen und zu testen. Sollte es dann zu Infektionen kommen ist der Kreis der Kontaktpersonen überschaubar. Wenn man dies in großem Stil tut wird es schwierig und in den Ländern und Kommunen kaum zu lösen sein. Ich würde aber hoffen, dass gerade im Freien mehr und mehr Sportarten wieder zugelassen werden. Das Hauptrisiko wären große Fan-Ansammlungen und zehntausende von Kontakten
HL-SPORTS: Was wäre die Folge und zu treffenden Maßnahmen bei einem Verdachts- oder Infektionsfall in einer Mannschaft für die Gesundheit der restlichen Spieler?
Prof. Jan Rupp: Bei einem Infektionsfall werden Kontaktpersonen für 14 Tage in Quarantäne geschickt. Da es sich prinzipiell um gesunde, junge Personen handelt, trifft es primär nicht die Risikogruppen, aber natürlich sind in Einzelfällen auch hier mal schwere Fälle beobachtet worden. Dieses Risiko abzuschätzen ist aktuell die schwierigste Situation.
Bald wieder Sport im Freien möglich?
HL-SPORTS: Wann dürfen Amateursport, Kinder und Jugendliche wieder damit rechnen, in normaler Form, beispielsweise ins Mannschaftstraining zurückzukehren? Man sehnt sich nach seinen Hobbys und die Eltern sind vermutlich auch daran interessiert, wie es weitergeht.
Prof. Jan Rupp: Das sehe ich als Vater von drei Kindern ganz genauso. Das wird sehr davon abhängen wie schnell einzelne Schulklassen jetzt nach und nach wieder zur Schule gehen können. Denn das sind natürlich die wichtigsten Maßnahmen, bevor wieder an Sport zu denken ist. Aber wenn man die nächsten zwei bis drei Wochen sieht, dass hier keine Zunahme der Infektionszahlen erfolgt, sollten es logisch sein dann vor allem die Sportarten im Freien wieder frei zu geben.
HL-SPORTS: Und wie steht es dabei mit Zuschauern bei den Spielen aus?
Prof. Jan Rupp: Zuschauer, die sich an die generellen Abstandsregeln halten und wohl ab nächster Woche auch mit Mund-Nasen-Bedeckung ausgestattet sind, halte ich im Freien für unbedenklich. Anders sieht es in Sporthallen und bei großen Menschenansammlungen aus. Da zeigt die Erfahrung, dass das kaum zu kontrollieren ist und damit eine höhere Ansteckungsgefahr besteht sollte sich ein infizierter Zuschauer darunter befinden.
Mannschaftssport und andere Medien
HL-SPORTS: Welchen Rat geben sie den Sportlern mit auf den Weg?
Prof. Jan Rupp: Sich fit zu halten geht auf verschiedenen Wegen. Gerade jetzt ist das Wetter ideal um draußen Sport, wie Laufen und Radfahren, zu treiben. Natürlich fehlt vielen der Mannschaftssport, das kann man auch nicht durch andere Medien ausgleichen.
HL-SPORTS: Vielen Dank Herr Professor Rupp, dass sie sich die Zeit für das Interview genommen und die Leser von HL-SPORTS auf den aktuellen Stand gebracht haben.
Bildquellen
- Professor Dr. Jan Rupp: Foto: UKSH
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