Lübeck – Vor 1933 hat es in Deutschland keinen Dachverband für Handball gegeben, daher spielten unabhängig voneinander mehrere Sportverbände ihre Feldhandball-Meister aus. Während der Zeit des Nationalsozialismus wurde diese Sportart ab 1934 etabliert. In den Jahren 1934 bis 1938 zeichnete sich der Deutsche Reichsbund für Leibesübungen (DRL) und ab 1939 der Nationalsozialistische Reichsbund für Leibesübungen (NSRL) für die Durchführung verantwortlich. Von 1947 bis 1975 ermittelte der Deutsche Handballbund (DHB) beziehungsweise dessen Vorgänger, der Deutsche Arbeitsausschuss für Handball (DAH) von 1947 bis 1949 den nationalen Titelträger. Ab 1975 wurde keine deutsche Meisterschaft im Feldhandball mehr ausgespielt. In den Jahren von 1967 bis 1973 gab es eine zweigleisige Bundesliga mit der Nord- und Südstaffel mit je 10 Mannschaften. Die jeweiligen Staffelsieger ermittelten in einem Endspiel den Deutschen Meister.
In der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) wurden Feldhandball-Meister in den Jahren 1948 bis 1967 ausgespielt. Der Spielbetrieb wurde nach der Saison 1966/67 eingestellt, da das Internationale Olympische Komitee für die Olympischen Spiele 1972 nur noch Hallenhandball zuließ. Heute werden manchen Orts sporadisch noch Großfeldspiele von Traditionsmannschaften oder als Benefiz-Veranstaltungen ausgetragen.
Die letzte Deutsche Meisterschaft mit einer großen Überraschung
Zwischen 1947 und 1975 gab es beim DHB wenige Vereine, die mehr als einen Deutschen Meistertitel errangen. Die meisten Titel sicherte sich mit vier Titeln, davon drei in Folge (1951 bis 1953) der SV Polizei Hamburg, gefolgt von Grün-Weiß Dankersen mit drei Titeln. Auf je zwei deutsche Meisterschaften brachten es der RSV Mühlheim, THW Kiel, FRISCH AUF! Göppingen, TuS Lintfort, TSV Ansbach und der TV Oppum.
In der DDR erreichte in den Jahren 1948 bis 1967 der ASK Vorwärts Berlin insgesamt fünf Mal die DDR-Meisterschaft, davon drei in Folge (1962 bis 1964) und der SC Dynamo Berlin war vier Mal erfolgreich.
Krefelder Stadtteil-Mannschaft TV Oppum holt zwei DHB-Titel
Nachdem sich der TV Oppum 1966 für die neu gegründete Feldhandball-Bundesliga (1967 bis 1973) qualifiziert hatte, unterlagen die Oppumer im Endspiel um die Westdeutsche Meisterschaft knapp dem VfL Gummersbach. Der weitere Weg zur Deutschen Meisterschaft führte über den Berliner SV 92 (11:7 und 15:14) in der Vorrunde und Eintracht Hildesheim (15:13 und 15:12) in der Zwischenrunde, die beide ausgeschaltet wurden. Das Endspiel war erreicht und der Gegner war nicht wie erwartet der VfL Gummersbach (7:8 und 11:15), sondern am 2. Oktober 1966 im Schwelgernstadion in Hamborn der Hamburger SV vor 22.000 Zuschauern. Nach ausgeglichener erster Halbzeit mit einer 6:5-Führung für die Hamburger, spielte der TV Oppum in der zweiten Hälfte wie entfesselt auf und deklassierte die Hamburger mit 19:12. Die Zuschauer feierten ihre Mannschaft um Trainer Hans Keiter und den Haupttorschützen Hugo Schroers (6) enthusiastisch und der Mannschaftsbetreuer Viktor Lohmann rief spontan: „Ist das nicht herrlich!“
Im Jahr 1968 folgte die dritte (nach 1931 und 1966) und letzte Deutsche Meisterschaft für den TV Oppum, erneut unter Trainer Hans Keiter. Der TV Oppum wurde Meister der Gruppe Nord der Feldhandball-Bundesliga mit 26:10 Punkten und 211:187 Toren vor dem Vorjahresmeister Grün-Weiß Dankersen (23:13) und dem Hamburger SV (21:15). Damit stand die Mannschaft von Trainer Keiter nach nur einem Jahr Pause, erneut im Endspiel um die Deutsche Meisterschaft, gegen die SG Leutershausen, den amtierenden Deutschen Hallenhandball-Meister, der das Double wollte. Das Endspiel fand am 8. September 1968 vor 25.000 Zuschauern im Düsseldorfer Rheinstadion statt.
Der TV Oppum kam nicht richtig in Tritt, fand keinen Zugriff auf das Spiel und lag zur Halbzeit mit 4:8 zurück. Nachdem bereits nach Wiederbeginn das 9:4 für Leutershausen fiel, schien es eine klare Angelegenheit zu werden. Plötzlich schaltete die Mannschaft von Trainer Keiter, von der Stimmung im Stadion getragen, den Turbo ein und holte Tor um Tor auf und glich kurz vor Schluss aus. Es setzte sich die bessere Kondition und Übersicht des TV Oppum durch, was am Ende zum 18:16-Erfolg führte. Später bestätigte Kapitän Fritz Brauweiler, dass das Gerücht der Wahrheit entsprach, dass nach dem Sieg vom Rheinstadion Düsseldorf bis nach Krefeld Oppum an jeder Kneipe angehalten wurde.
In der ewigen Tabelle der Feldhandball-Bundesliga belegte der TV Oppum Platz 4 in sieben Spielzeiten bei 110 Spielen und 131:89 Punkten und 1358:1283 Toren.
Letzter deutscher Feldhandball-Meister die TSG Haßloch
Die letzte Deutsche Meisterschaft im Feldhandball fand 1975 statt. Sie wurde als einfache K.o.-Runde der fünf Meister der Regionalverbände ausgetragen. Es musste die Teilnehmerzahl von fünf auf vier Mannschaften durch ein Qualifikationsspiel reduziert werden. In der Qualifikation setzten sich die Reinickendorfer Füchse (Berliner Meister) mit 17:10 gegen des ATSV Habenhausen (Norddeutscher Meister) durch. So kam es am 26. Juli 1975 zu den beiden Halbfinalspielen zwischen den Reinickendorfer Füchsen und dem TuS Nettelstedt (Westdeutscher Meister), wo der TuS mit 22:15 die Oberhand behielt. In der zweiten Partie unterlag der TSV 1895 Oftersheim (Süddeutscher Meister) der TSG Haßloch (Südwestdeutscher Meister) mit 13:14.
Im Endspiel standen sich am 10. August der TuS Nettelstedt (im eigenen Stadion) und die TSG Haßloch gegenüber. Nach anfänglicher Dominanz der Nettelstedter, die über 5:1 und 7:3 noch eine 8:7-Führung mit in die Pause nahmen, kam Haßloch immer besser ins Spiel. Nach Wiederbeginn wandelte sich das Bild und Haßloch ging mit 14:12 in Front. Trotz des 14:14-Ausgleichs entriss die TSG dem TuS Nettelstedt um Nationalspieler Herbert Lübking, der in Mannsdeckung genommen wurde und nur einen Treffer erzielte, den schon sicher geglaubten Titel des letzten Deutschen Meisters im Feldhandball mit einem 15:14-Sieg. Für Nettelstedt wäre es – wie für die TSG Haßloch – der erste und somit letzte deutsche Meistertitel im Feldhandball geworden.
Die deutschen Feldhandball-Meister in der Übersicht
Meister des DRL/NSRL1934 Polizei SV Darmstadt 1935 Polizei SV Magdeburg 1936 MSV Hindenburg Minden 1937 MTSA Leipzig 1938 MTSA Leipzig 1939 MTSA Leipzig 1940 Lintforter SpV 1941 SV Polizei Hamburg 1942 SG OrPo Magdeburg 1943 SG OrPo Hamburg 1944 SG OrPo Berlin 1945 nicht ausgespielt
Meister des DAH1947 RSV Mühlheim 1948 THW Kiel 1949 RSV Mühlheim
Meister des DHB1950 THW Kiel 1951 SV Polizei Hamburg 1952 SV Polizei Hamburg 1953 SV Polizei Hamburg 1954 FRISCH AUF! Göppingen 1955 SV Polizei Hamburg 1956 SV Bayer 04 Leverkusen 1957 FRISCH AUF! Göppingen 1958 SV Hamborn 07 1959 TuS Lintfort 1960 TSV Ansbach 1961 TuS Lintfort 1962 TSV Ansbach 1963 VfL Wolfsburg 1964 TuS 05 Wellingdorf 1965 BSV Solingen 98 1966 TV Oppum 1967 TSV Grün-Weiß Dankersen 1968 TV Oppum 1969 SG Leutershausen 1970 TSV Grün-Weiß Dankersen 1971 TSV Grün-Weiß Dankersen 1972 TS Steinheim (Pokalmeister) 1973 TV Großwallstadt 1974 TSV Birkenau 1975 TSG Haßloch
Meister der DDR1948 ZSG Schuhmetro Weißenfels 1949 BSG Buckau-Wolf Fermersleben Magdeburg 1950 SG Leipzig-Eutrizsch 1951 BSG Schiffswerft Roßlau 1952 SV Deutsche Volkspolizei Halle 1953 BSG Einheit Calbe 1954 BSG Stahl Calbe (Einheit) 1955 BSG Motor Rostock 1956 SC Dynamo Berlin 1957 SC Dynamo Berlin 1958 BSG Motor Eisenach 1959 ASK Vorwärts Berlin 1960 ASK Vorwärts Berlin 1961 SC Dynamo Berlin 1962 ASK Vorwärts Berlin 1963 ASK Vorwärts Berlin 1964 ASK Vorwärts Berlin 1965 SG Leipzig 1966 SC Dynamo Berlin 1967 SC Magdeburg
Bildquellen
- Tormaschine Hugo Schroers: TV Oppum
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