Ende der Eiszeit? – Klartext beim ETC Timmendorfer Strand

Bürgermeister Sven Partheil-Böhnke äußert sich ausführlich zur Lage

Eissporthalle in Timmendorfer Strand. Foto: ar

Timmendorfer Strand – Die Sommersaison an der Ostsee ist vorbei, die Strandkörbe werden winterfest gemacht und es zieht ein kühler Wind über die Promenade von Timmendorfer Strand. Die großen Veranstaltungen sind vorbei und in der Regel herrscht auf dem großen Parkplatz an der Wohldstraße am Wochenende reger Betrieb. Die Eiszeit im Eis- und Tennissportcentrum (ETC) lockt die Fans in die Halle, doch die Frage ist “wie lange noch“?

Bürgermeister spricht Klartext

Sven Partheil-Böhnke ist Bürgermeister von Timmendorfer Strand und soll gesagt haben, dass er den Betrieb der Eishalle „lieber längst eingestellt“ hätte. Genug Grund für HL-SPORTS, beim Gemeindechef nachzuhaken. Der stellte am Dienstag dazu klar: „Das ist tatsächlich so nicht richtig. Es stand zwar in der Zeitung, aber man muss hier Dinge unterscheiden. Es geht nicht um die Einstellung des Betriebes auf Dauer und da stehe ich zu.

Wenn es in den “Lübecker Nachrichten“ steht, dann muss er das auch gesagt haben, denken viele. Dem ist nicht so. Der Tennis- und Eissport gehört einfach zu Timmendorfer Strand. Es geht um die Energiekrise, die wir haben. Das ETC soll saniert werden und da sind wir auch relativ weit. Wir stehen hinter dem ETC, das ist gar keine Frage und wir haben auch noch unsere Verträge bis zum 31. Dezember mit dem niedrigen Gaspreis gesichert. Und dann müssen wir uns das selbstverständlich anschauen, ob wir uns das im Zuge der Energiekrise noch leisten können. Das ist sehr unglücklich in dem Bericht wiedergegeben. Ich war im Urlaub und es wurde teilweise eine Aussage aus dem Ausschuss zitiert. Ich bin dazu gar nicht interviewt worden – und dann kommt so ein Bericht dabei heraus.“

„Ich bin auf Seiten der Sportler“

Der Bürgermeister erklärte weiter: „Für unsere Bürger von Timmendorfer Strand, für unsere Gäste und vor allem für unsere Kinder werde ich dafür sorgen, dass sie natürlich auch ihren Sport ausüben können. Auf der anderen Seite muss ich als Bürgermeister sehen, ob wir uns das leisten können. Wir haben jedes Jahr Verluste mit dem ETC und die tragen wir gerne. Das sind jährlich rund 200.000 Euro bis 250.000 Euro. Wenn sich der Energiepreis um ein Vielfaches erhöht – und da reden wir dann von einer Verzehn- oder Verzwölffachung des Preises und wir sprechen dann vielleicht von 800.000 Euro oder 1 Million Euro – müssen wir uns fragen, was wir für den Erhalt des ETC alles an anderen Dingen schließen müssten. Vom Grundsatz her steht aber das Eis- und Tennissportcentrum nicht infrage. Es ist ja nun auch schon angefahren und es finden Spiele statt. Ende November schauen wir nach der aktuellen Entwicklung, es sind ja immerhin 1,2 Millionen Kilowattstunden, die wir dort verbrauchen. Möglicherweise kommt dann auch die Gaspreisbremse schon etwas früher, also im Januar oder Februar statt im März. Dann ist die Saison ja schon fast wieder zu Ende und dann hätten wir kein Problem. Vielleicht kommt die Gaspreisbremse schon demnächst und dann hätten wir keine Sorgen, was das ETC betrifft. Da sind die Politik, die Verwaltung und ich sowieso auf Seiten der Sportler.“

Partheil-Böhnke will am ETC festhalten

Weiter sprach der 53-Jähige darüber, dass es ein ganz normaler Vorgang in den Amtsstuben wäre, dass in Krisenzeiten alle betrieblichen Einrichtungen auf dem Prüfstand stehen würden. Dazu gehören Schwimmhallen oder eben ein Eissport- und Tenniscentrum wie in Timmendorfer Strand. „Wir sind keine arme Gemeinde, aber auch bei uns ist das Geld endlich und wir können jeden Euro nur einmal ausgeben. Meine Aufgabe als Bürgermeister ist es nicht nur die Aufgabe auf die sportlichen Einrichtungen zu halten, sondern auch auf die Finanzen zu schauen. Und da ist es immer schade, wenn man aus dem Kontext herausgerissen einen “Shitstorm“ um die Ohren gehauen bekommt. Wenn es nach mir gehen würde, bleibt das ETC so lange auf, wie wir es halten können, aber das ist eine politische Entscheidung und nicht die eines einzelnen Bürgermeisters. Das muss ganz klar gesagt sein. Wir arbeiten daran, dass wir das hinbekommen. Wenn die Gaspreisbremse erst später kommt, dann bekommen wir das irgendwie hin, dass wir den Januar und Februar irgendwie überbrücken können und die Eishalle geöffnet bleibt. Da bin ich fest von überzeugt. Im Haushalt 2023 haben wir sogar schon eine dreifache Erhöhung eingepreist, der ist allerdings noch nicht verabschiedet. Wenn es eine dreifache Erhöhung gibt, bleibt das ETC geöffnet und wenn es eine Verfünffachung ist, dann müssen wir schauen, wo wir das Geld herbekommen.“

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Warum passiert nichts?

HL-SPORTS fragte nicht nur beim Bürgermeister nach, sondern ebenfalls beim Timmendorfer Eissportverein (TESV). 140 Mitglieder zählt der Verein, der voll auf die Jugend setzt. Andreas Kollmann, Vorsitzender des TESV, sagt zu HL-SPORTS über eine mögliche Schließung: „Dann müssten wir unseren Betrieb einstellen. Unser Verein steht für die Jugendarbeit und wir haben U7-, U9-, U11-, U13- und U15-Mannschaften im Spielbetrieb. Das wäre das Ende des Eishockeys in Schleswig-Holstein. Unser Kooperationspartner Adendorfer EC in Niedersachsen, mit dem wir Spielgemeinschaften haben, wäre ebenfalls davon betroffen. Der Spielbetrieb für diese Mannschaften müsste eingestellt werden. Es wäre eine Katastrophe und ein fatales Signal aus der Gemeinde, wenn das so kommen würde.“ „Wir wissen von nichts und mit uns hat niemand von der Gemeinde über die Situation gesprochen“, erklärt Innokenti Ginsburg als 2. Vorsitzender des TESV. Diverse Bürgerentscheide und Sanierungspläne zum Erhalt des ETC liegen vor, sogar eine Millionenförderung des Landes Schleswig-Holstein steht. „Passiert ist bisher gar nichts“, so Ginsburg weiter.

Sanierung soll im Frühjahr 2023 starten

Darauf hatte Partheil-Böhnke ebenfalls Antworten bei HL-SPORTS: „Wir sind dabei und wollen den Sportbetrieb nicht stören. Das sieht gut aus, so dass wir nach der aktuellen Saison mit der Sanierung starten können. Vielleicht brauchen wir dann bis Oktober oder November 2023 und können dann ganz normal wieder öffnen. Die 2 Millionen Euro sind bewilligt und wir wollen sogar noch beim Bund weitere Förderungen bekommen. Ich habe das damals, als ich ins Amt gewählt wurde, zur Chefsache erklärt. Bei 18 Millionen Euro Kosten, die im Raum standen, sind wir nun bei einer Minimalsanierung angekommen, also das, was absolut notwendig ist. Die Planer selbst waren gar nicht auf dem Dach, wollten aber für 3 Millionen Euro erneuern. Also haben wir uns das Dach angeguckt und siehe da, das Dach ist in Ordnung. Wir haben zusammengestrichen, was zusammenzustreichen geht und kommen auf einen anderen Aufwand. 8 Millionen Euro kann die Gemeinde ausgeben, das ist durch. Dazu die 2 Millionen Euro vom Land und dann vielleicht noch 40 Prozent vom Bund, dann hätten wir eine gesamte und vor allem gute Sanierung von 12 oder 13 Millionen Euro und dann sind wir gut davor. Das ist der Plan. Vielleicht haben wir noch Restarbeiten bis 2024 oder 2025 zu leisten, aber dann sind wir durch.“

CET verliert nach Penaltyschießen

Geht alles schief, würde beim “großen“ CE Timmendorf (CET) mit 250 Mitgliedern eine extreme finanzielle Last auftreten. Vorsitzender Michael Weissin sagt dazu: „Wir haben Verträge mit Spielern, Sponsoren, Dauerkarteninhabern und natürlich unsere Mitglieder. Unsere 1. Mannschaft würde bei einem Abbau des Eises den Spielbetrieb nicht fortführen können. Wir müssten dann wieder absteigen. Und ob wir in die Regionalliga zurückkehren, ist eher ausgeschlossen.“ Sein Verein gründete sich nach der Insolvenz des EHC Timmendorfer Strand 06 vor vier Jahren, fing bei den Herren in der untersten Klasse wieder an und arbeitete sich jährlich hoch. Am vergangenen Sonntag gab es das erste Spiel. Am Ende stand eine 2:3-Niederlage im Penaltyschießen gegen die Harzer Falken. Sportlich kein Beinbruch, doch die Situation um die Eishalle ließ alle Timmendorfer (bis heute) im Unklaren.

Einladung an den Bürgermeister

Am kommenden Sonntag ist wieder Heimspiel im „Eispalast“ für den CET. Dann kommt der Adendorfer EC um 17.30 Uhr zum „Dorfderby“. Darauf fiebert Weissin hin, der sich übrigens auch über einen Besuch des Bürgermeisters freuen würde. „Es wäre toll, wenn unser Bürgermeister einmal zu uns kommen würde. Wir hatten schon einmal eine Einladung ausgesprochen, doch bisher hat das aufgrund eines gefüllten Terminplans bei ihm nicht geklappt. Vielleicht schafft er es ja zeitnah“, so Weissin.

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