Hier schreibt ein Unwissender

WM-Kolumne „Mein Ka-Tag“ von Wolfgang Stephan

Wer diese Kolumne liest, ist schlauer als der Autor.

Was vermutlich nicht ungewöhnlich ist, in diesem Falle aber garantiert, denn beim Schreiben der Kolumne wusste ich noch nicht, wie das Spiel gegen Spanien gestern Abend ausgegangenen ist. Der Text musste vorher geschrieben werden, was an der späten Anstoßzeit liegt. Wenn das Spiel um 22 Uhr ihrer Zeit abgepfiffen wird, steht nur das Spielgeschehen im Mittelpunkt meiner Schreibe.

Schicksalsspiel hatte ich am Sonnabend getextet. Natürlich in der Annahme, dass Japan gegen Casta Rica gewinnen würde. Dann hätte nur ein Sieg über Spanien geholfen. Dem war nicht so. Mit dem überraschenden Sieg der Südamerikaner ist in der Gruppe alles offen, selbst eine deutsche Niederlage gegen Spanien (so unwahrscheinlich die auch sein mag) könnte für das Weiterkommen reichen, wenn Spanien gegen Japan gewinnt und wir die Südamerikaner schlagen. Aber warum sollten wir gegen Spanien verlieren?

„Optimismus ist auch eine Entscheidung“ – ich folge dem Slogan eines guten Freundes und gehe davon aus, dass der kommende Donnerstag ein Freudentag wird, obwohl wir dann wieder in die Wüste fahren müssen. Gut, dass das gegen Costa Rica kein Sinnlos-Spiel wird. Das wäre furchtbar gewesen. Wieder um 20 Uhr ihrer Zeit, was 22 Uhr katarische Zeit bedeutet. Vermutlich hat die Fifa schon im Vorfeld geahnt, dass die Deutschen nicht gut Freund sind. Also wurden zwei Gruppenspiele weit außerhalb nach Al Khor gelegt, eine Autostunde von Doha entfernt. Spielbeginn 22 Uhr unserer Zeit, Ende kurz vor Mitternacht, dann Pressekonferenz, Bus suchen, Heimfahrt ins Medienzentrum, Taxi-Fahrt nach Hause. Geschätzte Ankunft: 4 Uhr am Morgen.

Bitte: Kein Mitleid, uns geht es im sommerlichen Doha verdammt gut. Auch gut, dass das Damoklesschwert über dem Spiel von gestern Abend durch Costa Rica verschwunden ist. Der große Druck war weg, Deutschland konnte einigermaßen befreit spielen. Ich entscheide mich für den Optimismus, auch wenn ich heute Morgen bei Ihnen ganz blöd dastehen könnte. Ich wage die Prognose: Wir gewinnen gegen die Spanier.

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Schreibt der Fußball-Reporter, der möglicherweise als Ahnungsloser entlarvt werden könnte. Ich bleibe beim Konjunktiv.

Als kleine Zugabe mein Kommentar zum Spiel:

Eine Hoffnung namens Füllkrug

Was für ein Spiel, was für ein Tag. Der überraschende 1:0-Erfolg von Costa Rica gegen Japan am Nachmittag war schon der erste Glücksmoment an diesem Tag für die deutsche Mannschaft, der deswegen nicht zum Schicksalstag geworden war. Der ganz große Druck war weg, die Flick-Kicker mussten nicht unbedingt gewinnen, um doch noch ins Achtelfinale zu kommen.
Aber: Sie spielten so, wie eine Mannschaft spielen sollte, die gewinnen will – vor allem auch, um die Schmach vom Japan-Spiel zu tilgen. Außerdem galt es die Ausgangsposition so zu schnüren, um am letzten Gruppen-Spieltag nicht vom Ergebnis des Spiels zwischen Spanien und Japan abhängig zu sein. Das ist fast gelungen.
Mit seiner Aufstellung lag Hansi Flick diesmal richtig, er legte Wert auf ein stabiles Mittelfeld mit Ilkay Gündogan in der offensiveren Rolle.
Spanien spielt nicht mehr den klassischen Tiki-taka-Fußball, aber immer noch einen Fußball, der jederzeit von einer Flamenco-Gitarre untermalt werden kann. Technisch brillant, schnell, kreativ und mit einem Schuss Poesie garniert.
Die Frage, on Deutschland mit den Großen des Weltfußballs mithalten kann, ist gestern Abend mit dem verdienten 1:1 teilweise beantwortet worden. Ja, sie können es, wenn sie mit Kampfgeist und Mumm die Schwächen in der Defensive wettmachen, aber die sind vorhanden, keine Frage.
Aber es gibt Hoffnung: Niclas Füllkrug, mit ihm kam die Wende, er hat gezeigt was Deutschland bisher gefehlt hat: ein Mittelstürmer.

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