Segen und Fluch, Ärger und Jubel – Wer soll das alles eigentlich noch bezahlen?

Bezahl-Dschungel beim Sport im TV von Arena bis Sky

Foto: Lobeca/Marcus Kaben
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Lübeck – In den vergangenen Jahrzehnten hat sich der Sport zu einer der beliebtesten Unterhaltungsformen in Deutschland entwickelt. Während sich das Fernsehen früher hauptsächlich auf frei empfangbare Sender beschränkte, hat die Einführung von Pay-TV einen signifikanten Einfluss auf die Art und Weise gehabt, wie Sport in Deutschland übertragen wird. Wie ist die Entwicklung des Pay-TV im Sportbereich in Deutschland und welche Auswirkungen gibt es auf die Fans, die Sportarten und die Sportindustrie.

Die Anfänge des Pay-TV-Sports in Deutschland

Der Startschuss für Pay-TV im deutschen Sport fiel in den 1990er Jahren mit der Gründung von „Premiere„, einem Unternehmen, das sich auf die Ausstrahlung von Sportereignissen spezialisierte. Premiere bot zunächst eine breite Palette von Sportarten an, darunter Fußball, Formel 1, Tennis und weitere beliebte Events. Dieser Schritt stieß jedoch auf einige Herausforderungen, da die Idee, für den Empfang von Fernsehprogrammen zusätzlich zu den Rundfunkgebühren zu zahlen, zunächst auf Skepsis bei den Verbrauchern stieß.

Die Beliebtheit von Pay-TV im Sport wächst

Trotz anfänglicher Bedenken gewann Pay-TV im Sportsektor schnell an Beliebtheit. Das lag zum einen daran, dass viele Sportfans bereit waren, für eine breitere Auswahl an Sportereignissen zu zahlen, die sie auf den frei empfangbaren Sendern nicht sehen konnten. Zum anderen erlaubte Pay-TV den Zuschauern, die Spiele und Events live zu verfolgen, ohne von Werbeunterbrechungen gestört zu werden. Die Möglichkeit, auch weniger populäre Sportarten und internationale Turniere zu sehen, war ein weiterer entscheidender Faktor für den Erfolg des Pay-TV im Sportbereich.

„Arena“ in die Einbahnstraße

Als Konkurrenz gab es Arena. Der Pay-TV-Sender erlangte in Deutschland Bekanntheit, als es von 2006 bis 2007 die exklusiven Übertragungsrechte für die Fußball-Bundesliga besaß. Zu dieser Zeit konnten Fußballfans nur über Arena die Bundesliga-Spiele live verfolgen. Allerdings führte diese Exklusivität auch dazu, dass viele Fans zusätzliche Abonnements für Arena erwerben mussten, was auf Kritik und Widerstand stieß.

Aufgrund der Konkurrenz und der kontroversen Vergabe der Bundesliga-Rechte entschied sich Arena, den Sendebetrieb in Deutschland im Jahr 2007 einzustellen. Die Rechte für die Bundesliga gingen stattdessen an andere Pay-TV-Sender wieder an Premiere über. Schon Mitte der 1990er Jahre gab es einen Gegenspieler von Premiere. „DF1“ versuchte es von 1997 für zwei Jahre, ging danach wie schon zuvor Arena in Premiere auf.

Wettbewerb und die Einführung neuer Plattformen

Premiere benannte sich 2009 in „Sky Deutschland“ um, nachdem das Unternehmen von der britischen Sky plc übernommen wurde. Mit der Übernahme erhielt Sky Deutschland Zugang zu einem noch umfangreicheren Angebot an Sportinhalten und Premium-Fernsehprogrammen. Die Umbenennung in „Sky Deutschland“ war Teil der Bemühungen, die Marke „Sky“ zu etablieren, die in verschiedenen Ländern weltweit als führender Pay-TV-Anbieter bekannt ist.

Darüber hinaus revolutionierte die Digitalisierung und das Internet die Art und Weise, wie Inhalte konsumiert wurden. Streaming-Dienste, die zunächst als Nischenangebote betrachtet wurden, gewannen an Bedeutung und begannen, Sportübertragungen in ihre Plattformen zu integrieren. Dies ermöglichte den Fans, Sportereignisse auf mobilen Geräten, Smart-TVs sowie Computern anzusehen und bot eine noch größere Flexibilität bei der Auswahl der gewünschten Sportinhalte.

Auswirkungen auf die Sportindustrie

Pay-TV hat die Sportindustrie in Deutschland nachhaltig beeinflusst. Die gesteigerten Einnahmen aus den Verträgen mit Pay-TV-Anbietern ermöglichten es den Sportvereinen und -verbänden, ihre Infrastruktur zu verbessern, in die Nachwuchsförderung zu investieren und hochkarätige Spieler zu verpflichten. Dies führte zu einer Erhöhung der Wettbewerbsfähigkeit deutscher Sportteams auf internationaler Ebene.

Gleichzeitig hat die Verlagerung von Sportübertragungen auf Pay-TV auch eine Debatte über die Zugänglichkeit von Sportinhalten ausgelöst. Einige Kritiker argumentieren, dass das Pay-TV-Modell dazu führt, dass einkommensschwächere Menschen vom Zugang zu wichtigen Sportereignissen ausgeschlossen werden. Daher haben einige Sportverbände und Regierungsstellen Initiativen ergriffen, um sicherzustellen, dass wichtige Sportereignisse zumindest teilweise auf frei empfangbaren Sendern gezeigt werden.

TV-Kamera im Volksparkstadion
Foto: rk

DAZN: Die Revolution des Sport-Streamingdienstes

In der jüngsten Vergangenheit hat sich das Fernsehverhalten der Zuschauer dramatisch verändert. Traditionelles Fernsehen weicht zunehmend modernen Streamingdiensten, die den Verbrauchern eine Fülle von On-Demand-Inhalten bieten. Einer der führenden Akteure in der Sport-Streaming-Branche ist DAZN – ein Dienst, der die Art und Weise, wie Sportinhalte konsumiert werden, revolutioniert hat.

Von der Idee zum Erfolg

DAZN, ausgesprochen als „Da Zone“, wurde ursprünglich 2015 in Japan gestartet und ist ein Produkt der DAZN Group, einem britischen Sportmedienunternehmen. Die Idee hinter DAZN war es, Sportfans ein flexibles und erschwingliches Abonnement anzubieten, mit dem sie eine breite Palette von Sportereignissen live und auf Abruf verfolgen können.

Der Erfolg von DAZN basierte auf mehreren Schlüsselfaktoren. Zum einen erwarb das Unternehmen exklusive Rechte an einer Vielzahl von Sportarten und Veranstaltungen, darunter Fußball, Basketball, Tennis, Boxen und vieles mehr. Dadurch konnte DAZN ein attraktives Portfolio an Sportinhalten anbieten, das viele Fans anzog.

Zum anderen setzte DAZN auf eine innovative Technologieplattform, die eine nahtlose und qualitativ hochwertige Live-Streaming-Erfahrung auf verschiedenen Geräten ermöglichen sollte. Die Benutzeroberfläche wurde benutzerfreundlich gestaltet, sodass Sportfans leicht zu ihren bevorzugten Events navigieren konnten.

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Flexibles Abonnementmodell zerfällt

Ein weiterer großer Erfolgsfaktor von DAZN war das flexible Abonnementmodell. Anstatt teure Langzeitverträge zu verlangen, ermöglichte DAZN den Abonnenten, monatlich zu bezahlen und ihre Mitgliedschaft jederzeit zu kündigen. Dies war besonders attraktiv für Fans, die nur an bestimmten Sportereignissen interessiert waren oder ihre Lieblingssportarten während der Saison verfolgen wollten.

DAZN bot auch kostenlose Testzeiträume für neue Abonnenten an, um ihnen die Möglichkeit zu geben, den Service auszuprobieren, bevor sie sich verpflichteten. Dies half, neue Kunden zu gewinnen und die Bekanntheit des Dienstes weiter zu steigern.

Die globale Expansion

Nach dem Erfolg in Japan und anderen Ländern erweiterte DAZN seine Präsenz weltweit und trat in den europäischen, nordamerikanischen und anderen internationalen Märkten auf. Durch den Erwerb von exklusiven Übertragungsrechten für große Sportligen und -wettbewerbe in verschiedenen Ländern konnte DAZN eine breite internationale Zuschauerschaft ansprechen.

Die globale Expansion von DAZN ermöglichte es Sportfans auf der ganzen Welt, sich zu vernetzen und sich über ihre Lieblingssportarten auszutauschen. Der Service half auch dabei, die internationale Reichweite von Sportarten zu erhöhen, die zuvor in bestimmten Regionen weniger populär waren.

Herausforderungen und Chancen

Obwohl DAZN zweifellos ein großer Erfolg war, stieß das Unternehmen auch auf Herausforderungen. Die Erlangung von Übertragungsrechten für populäre Sportligen ist ein kostenintensiver Prozess, und der Wettbewerb mit etablierten TV-Sendern und anderen Streamingdiensten kann intensiv sein.

Darüber hinaus musste DAZN sich mit der Problematik des Geoblockings auseinandersetzen. Aufgrund von Lizenzvereinbarungen können bestimmte Sportinhalte nur in ausgewählten Ländern verfügbar sein, was zu Frustrationen bei den Nutzern führen kann, die auf Inhalte außerhalb ihres Landes zugreifen möchten.

Dennoch bietet DAZN auch weiterhin Chancen für Wachstum und Innovation. Mit der fortschreitenden Entwicklung von Streamingtechnologien, der Zunahme der Internetbandbreite und der wachsenden Beliebtheit von Online-Unterhaltung ist DAZN gut positioniert, um in der Sport-Streaming-Branche eine führende Rolle zu spielen.

Kommt der große Knall?

Doch, dort wo viele Köche an einer Suppe rühren, könnte das Salz nicht weit sein und den gesamten Top umkippen. Der Streaming-Motor stottert. Gerade DAZN hat viele Anlock-Modelle eingestampft. Einen kostenlosen Testmonat gibt es schon lange nicht mehr. Der Einführungspreis von monatlich 9,99 Euro? Geschichte. Dabei stieg der Preis von DAZN seit der Einführung vor acht Jahren um 350 Prozent gestiegen. Für das monatlich kündbare Abo zahlt man inzwischen 44,99 Euro. Blickt man nur auf die Fußball-Bundesliga, mit der alles einmal im Pay-TV anfing, müsste man also Sky und DAZN buchen. Der Kostenpunkt dafür könnte je nach Vertrag schon um die 80 Euro pro Monat liegen.

TV-Kameras auf der Lohmühle. Foto: Lobeca/Michael Raasch

Und was noch?

DAZN und Sky sind die Big Player in Deutschland. Dazu kommen noch „Magenta Sport“ der Telekom, der seinen Monatspreis ebenfalls gerade anhob. Im vergangenen Jahr durfte man das Fußball-Paket der Frauen-Bundesliga sowie 3. Liga mit Eishockey-DEL und Basketball-Bundesliga für 9,99 Euro sehen. Die Basketball-Bundesliga ist nicht mehr da und trotzdem kostet Magenta Sport nun drei Euro mehr für Nicht-Telekom-Kunden.

Der Dschungel wird noch dichter

Nun kommt „DYN“ und es jagt also eine Revolution im Pay-TV-Bereich die Nächste. Ex-Fußball-Bundesliga-Chef Christian Seiffert ist dort Geschäftsführer und freut sich auf den Programmstart in diesem Monat. „Dein Sport. Dein Sender. Dein neues Zuhause“ lautet der Slogan des Unternehmens, was mit Axel Springer verbunden ist. DYN bietet (noch) keinen Fußball, dafür unter anderem Basketball-Bundesliga (vorher Magenta Sport), Handball-Bundesliga und DHB-Pokal (vorher Sky), zudem noch Hockey, Volleyball und Tischtennis. Für Non-Fußballer sicher reizvoll. Und der Preis ist nice: 14,50 Euro für ein monatliches Abo, aber wie lange bleibt der bestehen?

Echte „Schnäppchen“ für ’nen Hunni im Monat

Wo dreht sich die Preisspirale noch hin? Will ein Sportfan also Fußball, Handball und vielleicht noch Eishockey sehen, kann man schnell monatlich mit über 1.200 Euro im Jahr dabei sein. Von Netflix, Amazon, RTL+, Joyn oder anderen Anbietern ist hier noch nicht einmal die Rede.

Fazit

Die Einführung von Pay-TV im Sportbereich hat zweifellos das Fernseherlebnis der Sportfans in Deutschland verändert. Die Möglichkeit, eine breite Palette von Sportarten und -events live zu verfolgen, hat dazu beigetragen, die Leidenschaft für den Sport weiter anzufachen. Gleichzeitig hat dies auch die Sportindustrie gestärkt und finanziell unterstützt. Trotzdem sollte darauf geachtet werden, dass wichtige Sportereignisse für alle zugänglich bleiben, um eine inklusive Sportkultur in Deutschland zu fördern.

Insbesondere die enormen Preiserhöhungen in der jüngsten Vergangenheit bricht alle Rekorde und möglicherweise auch Schmerzgrenzen. Hinzukommt, dass es teilweise kein werbefreies TV-Erlebnis dabei gibt. Die Frage wird sein: Wer soll das eigentlich alles noch bezahlen?

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