Timmendorfer Strand – In Teil eins unseres Blickes hinter die Kulissen von Eishockey-Oberligist EHC Timmendorfer Strand blickten wir darauf, was sich abseits des Eises und speziell in der Eishalle entwickelt. Nun folgt der zweite Teil und wir schauen auf die sportlichen Ambitionen sowie die bisherige Entwicklung des Kaders der Timmendorfer. Denn vieles macht man anders als in den letzten Jahren.
Ungewöhnlich für den EHCT: bereits im Mai verkündeten die Beach Boys die ersten Neuzugänge und mit Goalie Jordi Buchholz auch die erste Vertragsverlängerung zur neuen Saison. Dies ist eine Abkehr von der Politik der letzten Jahre, denn fast schon traditionell waren die Beach Boys mit die Letzten, welche ihren Kader benannten. Das musste sich ändern, wie Schatzmeister Martin Klemer betont: „Gerade bei unseren Leistungsträgern kannst du nicht bis August warten, ehe du mit ihnen verlängerst. Dann haben Spieler wie Jordi Buchholz fünf, sechs, vor allem finanziell bessere Angebote und sind weg.“ Daher war es dem Vorstand besonders wichtig, dass man in diesem Jahr frühzeitig aktiv wurde. So konnte man Leistungsträger wie den bereits genannten Buchholz oder Patrick Saggau halten.
Auch in Sachen Trainer wollte man frühzeitig Fakten schaffen. Mit Dave Rich konnte ein ausgewiesener Fachmann verpflichtet werden. Der Deutsch-Kanadier hat auch alle Freiheiten, seinen Kader nach seinen Wünschen zu gestalten. Max Grassi als erster Kontingentspieler ist beispielsweise auf Vermittlung von Rich nach Timmendorf gekommen. Ansonsten hat man zahlreiche Spieler gehalten. Neben Buchholz haben Patrick Saggau, Kenneth Schnabel und Tauno Zobel bereits Kontrakte für die kommende Spielzeit unterschrieben; Jesper Delfs und Moritz Meyer gaben mündlich ihre Zusage. Neu dabei sind die Verteidiger Dominic Steck und Joe Timm, dazu die Stürmer Gianluca Balla und Matthias Oertel sowie der bereits genannte Grassi.
Dass man auch in Sachen Neuzugänge frühzeitig auf der Suche war, zeigt Klemer an den Beispielen der Neuzugänge vom Hamburger SV auf. „Wir haben uns jedes Spiel der Abstiegsrunde angesehen und speziell die jungen Spieler beobachtet. Da sind uns Gianluca Balla, Dominic Steck und Joe Timm aufgefallen. Folglich haben wir uns früh nach Saisonende um diese Spieler bemüht“, sagt der Schatzmeister. Dieses Werben war erfolgreich und auch Verteidiger Steck betont, wie wichtig dieses Bemühen war: „Der EHCT hat sich wirklich um mich bemüht, die Verantwortlichen waren persönlich in Hamburg. Dies hat mir schon sehr imponiert!“
Bastian Wegner, Mitglied des Marketingteams, betont im Gespräch mit HL-SPORTS, welch guten Ruf der EHC Timmendorfer Strand bei den Agenten genießt: „Die Spielerberater wissen, dass man in Timmendorf nicht das große Geld verdienen kann. Aber sie wissen, dass Absprachen eingehalten werden und pünktlich gezahlt wird. Dass junge Spieler Verantwortung und viel Eiszeit bekommen, ist ihnen auch bekannt.“ Der EHCT werde sich in naher Zukunft keine teuren Spieler leisten können und setzt daher bewusst auf junge, hungrige Spieler. Das Instrument, neben dem Eishockey auch einen Ausbildungsplatz zu vermitteln, soll dabei verstärkt genutzt werden. Die Spieler können sich ein berufliches Standbein aufbauen und der Verein kann längerfristig mit ihnen planen.
Dass so natürlich die Erwartungen nicht in den Himmel steigen und es für den EHCT primär um das sportliche Überleben in der dritten Liga geht, das ist klar. Entsprechend nüchtern formuliert der Schatzmeister das Saisonziel: „Wir sollten so schnell wie möglich Klarheit in Sachen Klassenerhalt und vielleicht die eine oder andere Überraschung gegen eine Top-Mannschaft schaffen. Alles was darüberhinaus geht, ist ein nettes Zubrot.“ Dabei helfen soll ein etwas breiterer Kader und eine bessere Vorbereitung. So wird das heimische Eis in diesem Jahr deutlich früher zur Verfügung stehen und auch mehr Vorbereitungsspiele (aktuell vier an der Zahl) sollen helfen, Automatismen früher zu vertiefen. Und mit dem neuen Modus -erst eine Einfachrunde der gesamten Liga, dann die besten Acht sowie die letzten Acht in einer Einfachrunde unter sich- erhofft man sich, dass die Ziele frühzeitig erreicht werden und das auch der Zuschauerzuspruch wieder steigt. „Viel attraktiver kann der Modus kaum gemacht werden“, meint Klemer: „So hat auch ein Team noch Chancen auf die Playoffs, welches bei dem Modus aus dem letzten Jahr vielleicht frühzeitig Saisonende feiern konnte.“ Als Beispiel nennt er die Rostock Piranhas, bei denen in der letzten Saison frühzeitig klar war, dass es weder für die Playoffs reicht noch der Klassenerhalt in Gefahr ist, so dass schon Wochen vor Saisonende die Spannung bei den Spielern abfiel.
Recht entspannt sieht man beim EHCT, dass die Konkurrenz, hier vor allem die Wedemark Scorpions und die Crocodiles Hamburg, aufrüstet. „Die Scorpions werden in der kommenden Saison ein gehöriges Wörtchen um die Spitzenplätze mitreden, bei den Crocos wird es auch interessant zu sehen wo der Weg hinführt. Wir freuen uns auf jedenfall auf ein paar schöne Derbys und vielleicht können wir da ja die Crocos ein wenig ärgern.“, meint Klemer mit einem Lächeln: „Es ist positiv, dass sich in Hamburg etwas bewege: „Hamburg braucht eine erstklassige Eishockeymannschaft. Die Stadt braucht eine Mannschaft, die mittelfristig wieder ins richtige Profi-Eishockey zurückkehrt und sie braucht einen Verein, der die Lücke der Hamburg Freezers schließt.“
Ein spannendes Projekt hier, ambitionierte Vereine da und mitten drin der EHCT: man verspricht sich am Strand eine spannende Saison und hofft wieder eine Mannschaft zu haben, die homogen auftritt. Über das Talent sind die Spieler erhaben, eine Platzierung zwischen den Rängen zehn und zwölf erscheint nicht unrealistisch. Und so hofft man, dass auch die Zuschauer in der neuen Saison die Oberliga und die Beach Boys wieder verstärkt annehmen. Dass man dafür speziell in Sachen Kader noch etwas tun muss, ist den Verantwortlichen am Strand aber bewusst.