Jörl/Lübeck – Noch Stunden nach Spielschluss konnte man die Enttäuschung bei Raubmöwen-Coach Christoph Nisius spüren – wobei Enttäuschung wohl untertrieben ist. Der 33-jährige war stocksauer. Kein Wunder, denn seine junge Mannschaft des TSV Travemünde ließ sich vom Aufsteiger HSG Jörl-Doppeleiche Viöl in der zweiten Halbzeit vorführen und demontieren. 31:17 nach 14:9-Pausenführung hieß es nach 60 Minuten für die Gastgeberinnen. Beste Werferin für die Raubmöwen war Pia Dalinger (Foto) mit fünf Toren.
Doch der Reihe nach: die ersten 20-25 Minuten waren aus Sicht von Travemünde noch ganz okay. Eine knappe Viertelstunde war die Partie offen, Jörl führte meist mit zwei bis drei Toren, aber man hatte nicht das Gefühl, dass sich die Raubmöwen abhängen ließen. Daran änderte auch ein Doppelschlag von Kim Merle Köster wenig, welche die Führung auf 10:5 ausbaute (17.). Denn nach einer Auszeit kämpfte sich der TSV wieder heran, Freya Welchert verkürzte auf 8:10 (21.). Allerdings folgte auf den Zwischenspurt mal wieder die fast schon obligatorische, knapp zehn minütige Schwächephase, in der den Raubmöwen nur ein Tor gelingen sollte. Jörl kam zu leichten Toren und baute die Führung aus. Erneut Köster, am Ende mit sieben Treffern, markierte den 14:9-Halbzeitstand.
Der Rückstand war zur Pause deutlich, aber nicht uneinholbar. „Wir hatten uns in der Pause fiel vorgenommen“, meinte Nisius: „Doch letztlich haben wir es dann blitzschnell selbst verbockt.“ Denn nach dem Seitenwechsel präsentierte sich der Angriff zunächst fahrig und lud mit einfachen Ballverlusten Jörl zu Tempogegenstößen ein. Der Aufsteiger nahm dies dankend und erhöhte durch Sabrina Meier auf 18:9 (36.). „Damit war das Spiel für uns gelaufen“, fasste Nisius das Geschehene zusammen.
Dass dies aber noch nicht das Schlimmste sein würde, konnte auch der junge Trainer in seiner Auszeit nach dem 18. HSG-Treffer nicht erahnen. Denn die Raubmöwen ließen in der Folge alles vermissen, was sie noch auszeichnete. Kein Kampf, keine Defensivarbeit, kein Aufbäumen war zu erkennen. „Bis auf zwei, drei Spielerinnen hat sich kaum jemand gewehrt. Das war einfach katastrophal“, brachte Nisius seine Enttäuschung zum Ausdruck. Jörl baute seinen Vorsprung kontinuierlich aus, vor allem die bereits erwähnte Köster und Kristin Machau (10 Tore) konnte die Verteidigung nicht stoppen. Bezeichnend: der Aufsteiger bekam acht Siebenmeter zugesprochen. „Das ist auch kein Wunder. Wir haben in der 3-2-1 Deckung die Gegenspielerinnen nicht bearbeitet und ihnen zuviel Platz gelassen“, machte Nisius klar, dass gar nicht erst angefangen wird, die Schuld bei wem anders zu suchen.
Es war am Ende fast ein Trainingsspiel und der Oberliga-Meister darf sich über die ersten zwei Punkte der Saison freuen. Für Nisius und seine Raubmöwen gilt es jetzt die Niederlage aufzuarbeiten und der Trainer kündigte intensives Videostudium der Partie an. In zwei Wochen ergibt sich dann die Chance zur Wiedergutmachung, dann treffen die Raubmöwen zu Hause auf einen weiteren Aufsteiger, die HSG Heidmark.
Raubmöwen spielten mit: Pooch, Patalas – Fischer (3/2 Tore), Reich, Nicolai (4), Adamczewska, Riesner, Karau (1), Kieckbusch (1), Welchert (3), Dalinger (5), Popiol, Frauenschuh