Timmendorfer Strand – Eine Lawine der Empörung rollt seit einer Woche durch die Gemeinde Timmendorfer Strand. Die Politik entschied sich trotz dreier Bürgerentscheide in den vergangenen Jahren nun für einen Weg der Neukonzipierung des Eis- und Tenniscentrums (ETC) – auch ohne Sport – ein wenig lautlos mit einer Interessenbekundung zum Investorenauswahlverfahren. Die Vereine erfuhren dies erst über die Presse (HL-SPORTS berichtete). Die Solidarität zum Erhalt ist seitdem riesig.
Timmendorfer Strand mit Imageschaden
Innerhalb von wenigen Tagen kamen fast 8.000 Unterschriften in einer Online-Petition zusammen. Alle Unterzeichner sprechen sich für den Erhalt des ETC aus. Der laue Sommerwind am Strand ist schon lange verflogen und entwickelte sich nun zu einem schlimmen Wintersturm für die Politik. Parteien ruderten zurück, kippten teilweise um und verspielten einen weiteren Brocken ihrer Glaubwürdigkeit. Zudem wurden als Druckmittel „Schule und Kitas oder Sportstätte“ unterschwellig in den Raum gestellt. Die dunkle Wolke der Fassungslosigkeit schwebt über dem beliebten Vorzeigeurlaubsort. Eine Imageschaden für ihn ist jetzt schon offensichtlich, nun muss dieser so gut es geht repariert werden. Schnell und zum Wohle der eigenen Bürger, denn die drei Entscheide aus den Jahren 2004, 2017 und 2019 wurden bisher ignoriert. Die Ergebnisse waren mehrheitlich für den Erhalt der Eis- und Tennishalle. Passiert ist seitdem nichts.
1.000 Menschen bangen
Kommt ein Investor ohne Interesse, das Sportzentrum zu erhalten, müssten fast 500 Kinder und Jugendliche sowie ebenso viele Erwachsene ihre Hobbys vermutlich an den Nagel hängen, nach Rostock oder Adendorf ausweichen. Das betrifft rund 1.000 Menschen in mehreren Vereinen. Außerdem würden zusätzlich viele Tausende Zuschauer pro Jahr nicht mehr die vielen Veranstaltungen, Wettkämpfe, Turniere und Heimspiele der Vereine des Ortes besuchen. Sie alle haben Angst um ihr geliebtes Hobby, um ihr ETC, das einzigartig in Schleswig-Holstein ist. Ohne sie wäre Timmendorfer Strand im Winter tot.
Wie viel Geld wurde bisher ausgegeben?
Wie hoch die Kosten für Sachverständige, Architekten, Verwaltungsaufwand, Prüfaufträge, Bürgerentscheide, Planungsleistungen und Sitzungsstunden der Gemeindevertretung sind, lässt sich nur erahnen. Eine Offenlegung dieser Zahlen wäre eine interessante Information für die Bürger der Gemeinde, die dafür ihr Steuergeld ausgaben. Hätte diese Summe vielleicht die Sanierung eingebracht?
Braucht die Gemeinde eine neue Finanzspritze?
Oder lebt die Gemeinde sowieso schon über die eigenen Verhältnisse und ist auf einen Investor angewiesen? Nach Informationen von HL-SPORTS benötigt man am Ostseestrand dringend zusätzliche Einnahmen. Da passt eine Sanierung oder gar eine Erneuerung des ETC möglicherweise gar nicht ins Konzept.
Knackpunkt Infrastruktur
Bei der Europaschule und dem Ostsee-Gymnasium scheint es einen Bedarf von mehreren Millionen Euro zu geben. Klärwerk und Umspannwerk brauchen wohl ebenfalls Investitionen und das Nahversorgungszentrum am ZOB soll auch noch massiv umgebaut oder umgeplant werden.
Zwei Millionen liegengelassen?
Die Krönung der gesamten Situation hatte ein groß aufgemachter Besuch von Innenstaatssekretärin Kristina Herbst, die fast genau vor drei Jahren einen Förderbescheid des Landes Schleswig-Holstein über 2 Millionen Euro an Timmendorfer Strands Bürgermeister Sven Partheil-Böhnke übergab. Abgerufen wurde dieses Geld jedoch nie.
Der Sport hält zusammen: VfBer zeigen ihre Solidarität mit dem CET!
Am Donnerstagabend gab es einen Solidaritätsbesuch des VfB Lübeck. Unter dem Motto “Sportler helfen Sportlern“ schauten die Regionalliga-Fußballer vorbei. Den Grün-Weißen wurde bekanntermaßen am Ende des vergangenen Jahres eine große Solidarität über die eigenen Stadtgrenzen hinaus zuteil. „Auch deshalb war es uns eine Herzensangelegenheit, den Sportlern in Timmendorfer Strand unsere Solidarität zu signalisieren“, heißt es in einer Mitteilung des Clubs. Die Spieler Noah Oberbeck, Tom Geerkens und Robin Kölle gemeinsam mit den Medienverantwortlichen Antonia Lichte und Max Lübeck, sowie Marketing-Mitarbeiterin Laura Woisin stellvertretend für den Verein waren in der Eissporthalle vor dem Training der Regionalliga-Mannschaft des CE Timmendorf zu Gast. „Wir drücken allen Eisportlern und Tennisspielern die Daumen, dass sie auch künftig eine sportliche Heimat im Timmendorfer Strand haben werden.“
„Wir haben die Schnauze voll“
Durch den öffentlichen Druck könnte sich das allerdings nun ändern. „Wir haben die Schnauze voll“, ist es fast einstimmig aus der Gemeinde zu hören. Ein weiterer Satz lautete „Genug ist genug“. Eltern sind verunsichert und sauer. Viele sehen dabei traurige Kinderaugen – und anstelle des ETC ein weiteres Hotel an seinem ehrwürdigen Platz. 1984 wurde es feierlich eröffnet, über 40 Jahre später könnte es sich in Luft auflösen.
Bildquellen
- VfB, CET: VfB Lübeck/oH
- ETC: Young Devils/oH
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