Lübeck – Tobias Stieler (Foto), FIFA- und Bundesliga-Schiedsrichter war am vergangenen Montag zu einer Podiumsdiskussion in Lübeck (HL-SPORTS berichtete). Der Jurist gab davor einen Vortrag vor dem Publikum, wobei es um das Thema Videobeweis ging. Am Rande war Zeit für ein Interview mit dem 36-Jährigen.

HL-SPORTS: Hallo Tobias, die neue Saison steht vor der Tür. Wie sehr hast du die Sommerpause genossen und was hast du so in der fußballlosen Zeit gemacht?

Tobias Stieler: „Richtig Pause hatte ich (leider) nicht. Am 29. Mai habe ich noch das Relegationsrückspiel Braunschweig gegen Wolfsburg gepfiffen. Zwei Wochen später bin ich nach Polen geflogen, war dort bei der U21-EM mit meinem Team vor Ort, durften dort zwei tolle Spiele (Schweden – England und Portugal – Spanien) leiten. Kaum zurück stand das alljährliche Sommertrainingslager des DFB an und kurze Zeit später war ich am 1. Spieltag der 3. Liga in Meppen.“
 
HL-SPORTS: Du durftest bereits in der 3. Liga das Duell eines Auf- gegen eines Absteigers pfeifen: Meppen gegen Würzburg. Nur vier gelbe Karten deuten auf ein ruhiges Spiel. Wie war es für dich, wieder reinzukommen?

Tobias Stieler: „Sehr einfach – weil ich ja nie wirklich „draußen“, also keine Pause, hatte.“
 
HL-SPORTS: In einem Interview hast du erzählt, dass du in der Halbzeit auf dein Handy schaust. Warum?

Tobias Stieler: „Bis jetzt habe ich immer Feedback erhalten, wie die erste bzw. zweite Halbzeit lief, ob die wichtigen Entscheidungen gestimmt haben. Ich wollte diese Informationen haben, um erstens gedanklich damit abschließen zu können, aber auch, damit die Spieler und Trainer keinen Wissensvorsprung haben – denn die wissen ja meist bereits während des Spiels Bescheid, ob z.B. der Strafstoß korrekt war. Dass wird jetzt – zumindest in der Bundesliga – nicht mehr nötig sein, weil wir dort ja den Video-Assistenten haben, der mich bei klaren Fehlentscheidungen korrigiert.“
 
HL-SPORTS: In der neuen Spielzeit kommt der Videobeweis. Es gibt, wie vor allen Premieren, Befürworter und Kritiker. Wie stehst du dazu und fühlst du dich dann stärker unter Druck gesetzt als Schiedsrichter, weil Fehler eher aufgedeckt werden?

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Tobias Stieler: „Ich bin ein absoluter Befürworter dieser Neuerung, macht sie doch den Fußball gerechter und nimmt uns enorm viel Druck. Wir pfeifen jetzt quasi mit einem Backup, wissend, falls uns doch mal ein klarer Fehler unterläuft, dass dieser umgehend korrigiert werden kann. Somit sind wir dann hoffentlich nicht immer die Schuldigen bei Niederlagen.“
 
HL-SPORTS: Beim Confed-Cup gab es dabei gleich einige "Pannen". Wie kann man die Neuerung als Spieler oder Fan ernst nehmen?

Tobias Stieler: „Wir müssen dem System eine faire Chance geben. Beim Confed-Cup wurden die dortigen Schiedsrichter in nur zehn Tagen (mehr oder weniger) fit für den Video-Assistenten gemacht, in Deutschland arbeiten wir hingegen seit einem Jahr sehr intensiv daran, haben Tests (off- und online) gemacht, Seminare besucht, Videoszenen wöchentlich bearbeitet, um eine möglichst große Einheitlichkeit zu gewährleisten. Natürlich werden in Deutschland auch Fehler passieren, vielleicht wird zu Beginn noch nicht alles 100 Prozent optimal laufen, aber am Ende des Tages zählt das Ergebnis: Klare Fehler werden korrigiert, die Gerechtigkeit wird siegen.“

HL-SPORTS: Eine Frage zu deinem Auftritt vom vergangenen Montag in Lübeck. Die Schiris aus dem Stall von Boris Hoffmann machen weiter ihren Weg und schon wieder gab es einige Aufstiege. Der Norden hat bisher nicht so viele Unparteiische in der Bundesliga. Wie siehst du die Entwicklung in der Hansestadt?

Tobias Stieler: „Mit Patrick Ittrich (ebenfalls aus Hamburg) haben wir einen Top-Schiedsrichter in der Bundesliga, drei super Assistenten (Thielert, Grudzinski und Neitzel-Petersen) und auch in der Regionalliga gibt es speziell in Hamburg vielversprechende Talente. Ich verfolge natürlich auch die Erfolge der Lübecker-Schiedsrichter, hier wird ein toller Job von allen Beteiligten gemacht. Weiter so!“

HL-SPORTS: Dankeschön und viel Erfolg in der Saison.

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