Lübeck – Für die Travemünder Raubmöwen wird es bald ernst. Die Saison in der 3. Liga steht vor der Tür und man möchte in diesem Jahr schnell zusammenfinden. So sieht es Trainer Christoph Nisius (Foto), der sich in einem ausführlichen Interview den Fragen von HL-SPORTS stellte.
HL-SPORTS: Hallo Christoph, nach einem Herzschlagfinale im letzten Jahr steht nun die neue Saison vor der Tür. Wie lief die Vorbereitung bisher?
Christoph Nisius: „Generell wird kein Trainer sagen, dass eine Vorbereitung optimal läuft. Es gibt zu viele Variablen und unerwartete auftretende Situationen. Jedoch lief die erste Phase sehr unbefriedigend und wir hingen weit hinter unseren Erwartungen zurück. In der zweiten Phase arbeiten alle bisher sehr gut mit und wir Trainer sehen aktuell Woche für Woche Fortschritte.“
HL-SPORTS: Du sprichst Trainer an. Christian Neubauer ist neu im Team als Co-Trainer und ersetzt Thomas Hartstock. Wie findet er sich bisher zurecht und warum fiel die Entscheidung auf Ihn?
Christoph Nisius: „Ein Thomas Hartstock ist nicht zu ersetzen! Er hat die letzten Jahre unfassbar viel hinter den Kulissen für den Leistungshandball in der Region Lübeck getan. Unauffällig und oft im Hintergrund Fäden gezogen und zusammengehalten, damit die Erfolge der vergangenen Jahre so wachsen konnten. „Gio“ kenne ich seit Jahren und er hat mich selber schon als Spieler gecoacht und daran habe ich mich zurückerinnert. Er hat eine gute analytische Auffassungsgabe und ruhige Art. Diesen Gegenpol benötige ich dringend auf der Bank. Die Mädels haben Ihn in kürzester Zeit akzeptiert und vertrauen ihm.“
HL-SPORTS: Kommen wir zum aktuellen Team: Welchen Eindruck machen die Neuzugänge auf Dich?
Christoph Nisius: „Also das Wort „Neuzugang“ ist ja bei uns recht schwammig. Generell haben wir ja wieder ein extrem junges Team. Bis auf Ola und Kick sind alle unter 20 Jahre jung. Stand heute beträgt unser Durchschnittsalter 18,3 Jahre. Aufgrund unserer Kooperation mit dem VfL Bad Schwartau und meiner Verantwortung als JBLH-Trainer der A-Jugend und meiner engen Zusammenarbeit mit Olaf Schimpf kenne ich ja die nachrückenden ,,Youngster“ schon alle. Als echte Neuzugänge werte ich dagegen ,,nur“ Celine Voßbeck (LA) und Amanda Vester (TW). Celina saugt derzeit alles auf wie ein Schwamm und wirkt sehr motiviert. Dieses Jahr gilt für Sie als Lehrjahr und sie soll an unsere Systematiken herangeführt werden. Mit ihrem unfassbaren Speed kann sie uns aber auch schon jetzt weiterhelfen. Vor dem Mut von Amanda ziehe ich meinen Hut. In dem jungen Alter ein neues Land und Kultur kennenzulernen ist nicht ohne. Amanda fügt sich gut ein und ist ehrgeizig. Beide passen charakterlich sehr gut zu uns.“
HL-SPORTS: Habt Ihr aktuelle Verletzungssorgen?
Christoph Nisius: „Ja leider. Aber alles im „normalen“ Rahmen. Mit Uschis Kreuzbandriss haben wir bisher in der Vorbereitung die einzige schwere Verletzung erlitten. Jedoch befinden sich einige Spielerinnen noch aktuell im Aufbau. Mila verletzte sich beim Saisonfinale am Knie und im Zuge der Behandlung stellte sich eine Instabilität der Knie fest. Daher nehmen wir sie noch circa zwei Monate aus dem Wettbewerbsbetrieb. Ich möchte nicht das Risiko eingehen, dass Sie sich schwerer verletzt, auch wenn wir Sie in den Punktspielen dringend benötigen und Sie wohl spielen könnte. Auch Nine Bollmann macht nach Ihrem doppelten Kreuzbandriss Fortschritte und tastet sich aktuell im Mannschaftstraining heran. Jule Meißner ist nach Ihrem Syndesmosebandriss fast vollständig belastbar. Wir arbeiten noch enger mit unseren medizinischen Teams zusammen und sind uns trotz des Leistungssportes bewusst, dass die Mädels im Idealfall noch 10 bis 15 Jahre Handball spielen! Daher versuchen wir auch sehr genau hinzuschauen.“
HL-SPORTS: Welche Möglichkeiten habt Ihr noch auf dem Transfermarkt?
Christoph Nisius: „Wir hatten im Vorfeld viele Gespräche mit potenziellen Neuzugängen. Jedoch aus verschiedenen Gründen und unseren stark begrenzten Möglichkeiten konnten nur wenige positive Nachrichten generiert werden. Auch nun ist der Markt sehr dünn und ich denke der Kader wie er nun besteht wird so in die Saison gehen. Trotzdem schauen wir immer nach rechts und links.“
HL-SPORTS: Was liegt nun noch an Testspielen an und woran muss bis zum Saisonstart noch gearbeitet werden?
Christoph Nisius: „Die per Doppelspielrecht ausgestatteten A-Jugendlichen spielen den Eulen-Cup in Tarp am kommenden Wochenende und dann ist auch schon Pflichtspielphase mit dem HVSH-Pokalspiel der Raubmöwen in Henstedt und dem 1. Spieltag der A-Jugendbundesliga gegen das Handballleistungszentrum Ahlen. Gearbeitet wird generell an allem, wobei aktuell die Schwerpunkte auf Gruppentaktik und Umschaltspiel liegen. Was die einzelnen Spieler angeht mag ich es vielfältige Handballerinnen mit ausgeprägten Stärken auszubilden. Daher steht auch immer das Individuum im Vordergrund.“
HL-SPORTS: Was erwartet Ihr von eurer Saison?
Christoph Nisius: „Zu Punkten zu kommen wird in jedem Spiel sicher schwer, aber wir werden unsere Möglichkeiten bekommen. Wir können nur, wie in der letzten Saison auch, uns versuchen von Woche zu Woche zu entwickeln und das aufgrund unserer Altersstruktur vielleicht schneller als unsere Gegner. Wozu es reicht werden wir wieder am Ende sehen. Wir sind aktuell noch ein Ausbildungsteam und können das alles nur dadurch so handeln. Daher stelle ich mich vor mein Team und sage wir müssen nichts erreichen, wir wollen uns entwickeln. Aber jeder kann sich sicher sein, dass jedes der Mädels jedes Spiel gewinnen will! Sonst wären sie auch nicht in ihrer Karriere bisher so weit gekommen und würden sich nicht viermal die Woche zum Training begeben und auf vieles verzichten. Und wer mich kennt, weiß eh, dass ich nicht gerne verliere!“
HL-SPORTS: Wie schätzt Ihr die Liga ein?
Christoph Nisius: „Ich glaube die 3. Liga Nord wird dieses Jahr insgesamt recht ausgeglichen sein. Vorne um den Aufstieg, werden vielleicht Oyten, Henstedt, Altlandsberg und Viöl spielen. Im Mittelfeld die Vereine aus Nordharrislee, wobei die oben reindrängen können, der starke Aufsteiger aus Stade, das Juniorteam Buxtehude, dass die großen ärgern kann, wenn es ins laufen kommt und die HG OKT. Mit dem neuen Trainer werden sie sicher stabiler als im letzten Jahr sein und vermutlich nichts mit dem Abstieg zu tun haben. Die Mannschaften, die schauen müssen, wo sie punkten, werden die Aufsteiger Wattenbek und Schwerin sein, wobei beide Mannschaften für Aufsteiger sehr stark sind. Beide Aufsteiger haben sehr gute Trainer und gefestigte Teams, die die Euphorie der Aufstiege im Rücken haben. Den Frankfurter HC kann ich schwer einschätzen. Jedoch haben Sie sich kurzfristig mit 1. und 2. bundesligaerfahrenen Spielerinnen verstärkt und seit eh und je eine sehr gute Jugendausbildung.“
HL-SPORTS: Welche Ziele habt Ihr?
Christoph Nisius: „Wir wollen uns von Woche zu Woche entwickeln und müssen erst wieder als Team zusammenfinden. Sechs Abgänge stehen acht „Neuzugänge“ gegenüber. Dieser Prozess dauert seine Zeit. Es sind alles junge Sportler, die trotz der Leidenschaft und oder Leidensfähigkeit immer noch Spaß haben sollen an dem was Sie tun. Oft treten Menschen an mich heran und sagen mir, wir müssen den Abstieg verhindern! Ich sage wir müssen keinen Abstieg verhindern, wobei die Betonung auf „müssen“ liegt. Ein aus der Not heraus geborenes Projekt in dem wir nun im dritten Jahr in Folge das Maximum aus unseren Möglichkeiten mit Teenagern herausholen. Da sollte keinem die Last eines „Müssens“ auferlegt werden! Wir als Team: Spielerinnen, Trainer, Manager haben uns darauf verständigt, dass wir „wollen“. Wir wollen begeistern, mit aggressiven und schnellem Handballspiel, immer mit dem Gedanken, dass da fast eine A-Jugend auf der Platte steht, der man Fehler verzeihen sollte.“
HL-SPORTS: Dankeschön und viel Erfolg.