Lübeck – So ein bisschen erinnert es an die Punktevergabe beim Eurovision Song Contest (Samstag war es wieder soweit), in welchem sich Nachbarländer grundsätzlich gegenseitig zwölf Punkte geben und am Ende die Nase vorn haben. Vor zwei Tagen berichtete HL-SPORTS über die „wundersamen“ Punkte des Türkischen SV II in der Kreisklasse, die dem Club zu einer Rückkehr in die Kreisliga verhelfen könnte. Die Ereignisse schlugen hohe Wellen und viele Leser taten ihre Meinung kund. Von Zustimmung bis Abneigung war jede Menge dabei. Welche Meinungen vertreten die anderen Vereine und welche Möglichkeiten sieht der Verband, solche Szenarien in Zukunft zu unterbinden? Wie zu hören ist, prüft der Kreisfußballverband die Möglichkeit einer Verweigerung des eventuellen Aufstiegs. Man muss an dieser Stelle noch einmal ausdrücklich betonen, dass dem Club rein rechtlich nichts vorzuwerfen ist. Alle Entscheidungen sind regelkonform und laut Satzung einwandfrei. Trotzdem warfen sich Fragen auf… Hier die Antworten:
Thomas Grams (Pressewart beim Tabellenzweiten TSV Dänischburg): „Ich denke, wir gehören zu den im Artikel erwähnten Schelmen und hoffen auf die Spiele der Mitkonkurrenz Viktoria und TuS gegen den Türkischen SV II, um zumindest ein wenig mehr Sportlichkeit herzustellen. Das Ganze hinterlässt einen sehr faden Beigeschmack. Möge am Ende die sportlich beste Mannschaft neben Olympia aufsteigen.“
TSVD-Fußballobmann Eckhard Dittmann ergänzte: „Das ganze stinkt jetzt schon zum Himmel. Der Kreis hat bei der Ansetzung schon Fehler gemacht. Zum Saisonbeginn hätten beide Mannschaften schon spielen müssen, das gleiche auch zur Rückrunde. Verlegungen nur in kurzen Abständen. Ich hoffe im sportlichen Sinne, dass die Mannschaft im Restprogramm noch Punkte lässt. Die Satzung lässt solche Manipulationen leider zu.“
TuS Lübeck 93 II-Coach Andi Burghammer bewertet die Situation wie folgt: „Kein feiner Schachzug vom Türkischen SV, das kann man so nicht befürworten – auch wenn es regelkonform sein sollte. Es bedarf einer Regeländerung, damit so etwas in Zukunft nicht mehr vorkommen kann. Wir hoffen, dass die Mannschaft am Ende aufsteigt, die es auch verdient hat.“
Viktorias Vorstandsmitglied Thoralf Markow sagte: „Der gut recherchierte Artikel spricht für sich und sagt alles. Wir werden das nicht weiter kommentieren und uns voll und ganz auf unser Restprogramm konzentrieren.“
Lars Schultner, Trainer beim FC Dornbreite III: „Diese Angelegenheit wird bei allen „erspielten“ Aufstiegskandidaten natürlich für Unmut sorgen. Die grundsätzliche Frage, die sich aber alle stellen sollten, ist doch, wie es der Kreis überhaupt zulassen kann, sich so auf der Nase herumtanzen zu lassen? Aus welchen nachvollziehbaren Gründen kann es möglich sein, dass ein Spiel x-mal verschoben werden kann? Wieso war dieses Spiel nicht jeweils das erste Spiel der Hin- beziehungsweise Rückrunde? Wieso hat man die ständige Verlegung nicht unterbunden? Wieso können Punkte, die am „Grünen Tisch“ gewonnen werden, über Auf- oder Abstieg entscheiden? Natürlich verliert die ganze Angelegenheit dadurch nicht an fadem Beigeschmack, aber ich sehe eher das Problem, dass die Statuten diese Möglichkeit erlauben und sich jemand sehr gut damit auskennt und jetzt alle Möglichkeiten ausschöpft, um doch noch aufzusteigen. Hier ist meiner Meinung nach zukünftig der Kreis gefordert, solche Auswüchse zu unterbinden. Jetzt kann man nur hoffen, dass keiner der „erspielten“ Aufstiegsaspiranten deswegen ins Hintertreffen gerät.“
Fortuna-Coach Matthias Müller sieht das ähnlich wie sein Kollege vom Steinrader Damm. Er meinte: „Es ist schon alles sehr merkwürdig, was beim Türkischen SV abgeht. Ich glaube nicht, dass es alles fair ist, was sie machen. Ich hoffe, dass ein anderer Verein aufsteigt, wie Dornbreite III, TuS II, Dänischburg oder Viktoria, weil die es auch sportlich verdient haben.“
Harte Töne, die dort in die Richtung des TSV gehen und auch hier hat man sich noch einmal mit dem Thema auseinandergesetzt und eine Erklärung gegenüber HL-SPORTS abgegeben. Abteilungsleiter und Trainer der ersten Herren, Timm Barasik sagte: „Da der Artikel bei HL-SPORTS, wie erwartet, für Gesprächsstoff gesorgt hat, wurden wir darum gebeten, nochmals ein Statement abzugeben. Wir möchten nochmals betonen, dass die Beweggründe der Spielabsage nicht im Zusammenhang mit der Unterstützung der zweiten Herren im Aufstiegskampf zu tun haben. Des Weiteren wurde ein Fehler im ersten aufeinandertreffen beider Teams begangen, der geahndet wird und werden muss. Dies steht ebenfalls in keinem Zusammenhang zum Aufstiegsrennen der zweiten Herren. Es ist interessant was uns vorgeworfen wird, jedoch muss ich alle, die „Skandalgedanken“ haben, enttäuschen. Wir müssen uns nicht rechtfertigen, warum wir Dinge so oder so machen, wir haben die Aufgabe im Sinne des Vereins zu handeln (damit meinen wir nicht Punkte verschenken). Wir werden die Beweggründe und einzelne Details nicht bekanntgeben, dies bleibt intern und das ist auch richtig so. Jeder kann weiter behaupten, was ihm in den Sinn kommt, wir werden dies nicht weiter kommentieren und wünschen allen Aufstiegskandidaten viel Erfolg für die restlichen Spiele. Am Ende soll dann derjenige aufsteigen, der es verdient hat.“
Auch der Kreisfußballverband, in Person von Spielausschussobmann Ronny Gruhle, äußerte sich: „Fehler wurden nicht gemacht. Die Satzungen erlauben solche Szenarien, da müssten die Vereine als Mitglieder im SHFV einen Antrag stellen, wie zum Beispiel, dass zwei Teams eines Vereins zukünftig nicht mehr in einer Klasse spielen dürfen. Die Spielverlegungen sind laut Satzung in Ordnung, da sich beide Teams einig sind. Hier waren uns die Hände gebunden. Auch das Nichtantreten ist legitim. Es wurde der Strafenkatalog zwar schon erhöht, jedoch scheinen die 80 Euro für das erste Nichtantreten (2. Spiel = 120 Euro, 3. Spiel = 180 Euro – wurden im Übrigen gerade erst verdoppelt) noch nicht ausreichend zu sein. Wenn man sich die Strafen im Hamburger Fußballverband anschaut, sieht das da schon ganz anders aus. Dort gilt die Staffelung 125, 250 und 500 Euro. Eine Satzungsänderung für ein Nichtantreten tritt aber trotzdem schon einmal in Kraft. Ab dem 1. Juli gilt folgendes: Für das Nichtantreten werden neben der Geldstrafe auch gleich drei Punkte abgezogen. Da überlegt man dann schon zweimal, ob man nicht doch lieber antreten möchte. Der Verband prüft gerade die Option, ob ein eventueller Aufstieg von zweiten Mannschaften verweigert werden kann, die in einer Klasse spielen. Dazu kann ich aber momentan nicht mehr sagen. Das ist ein schwebender Prozess. Fakt ist, dass wir, sollten die Teams doch wieder in einer Klasse spielen, die Hin- und Rückspiele gleich auf den Saisonanfang legen werden. Ständigen Verlegungen, wie in diesem Fall, werden wir dann nicht mehr zustimmen. Dafür gibt es den Rahmenterminplan, den wir einhalten werden.“
Eine Ansage, bei der man sich in Zukunft wohl dreimal überlegt, ob es Sinn macht, sich auf rechnerische Spielchen einzulassen. Die einfachste Lösung wäre, wie in höheren Ligen auch, dass keine zwei Mannschaften aus einem Club in einer Liga kicken dürften. Somit wäre das Problem erst einmal gelöst. Es wird also kein Nachspiel für den Club geben. Jedoch wird es solche Konstellationen in Zukunft wohl auch nicht mehr geben.
Vielleicht kommt es heute doch aber schon ganz anders und Absteiger Lübecker SC II luchst der „bevorteilten“ Mannschaft ein oder gar drei Punkte ab. Beim Hinspiel vor knapp zwei Monaten holte die Truppe von Sascha de Guzman ihren ersten Saisonpunkt und könnte sich nun einen Präsentkorb erspielen, sollte es am Ende dieser Partie ein ähnliches Erfolgserlebnis geben. Der profitierende Aufstiegs-Verein wird die Fahrt dann sicherlich zum Thomas-Mann-Platz auf sich nehmen, hängt es am Ende womöglich an diesem Resultat.