1. FC Phönix Lübeck: Machtkämpfe, Drohungen und Erklärungsversuche

So hat man sich das Jubiläumsjahr am Flugplatz sicher nicht vorgestellt

Thomas Laudi (Vorsitzender beim 1. FC Phönix). Foto: Lobeca

Lübeck – Ausgerechnet zum runden Geburtstag des 1. FC Phönix Lübeck gibt es eine Menge Unruhe am Stadion „Flugplatz“. Rein sportlich schweben die Adler auf Wolke 7, etablierten sich in der Regionalliga und schafften mit der 2. und 3. Mannschaft Aufstiege im vergangenen Sommer.

Probleme bei Adlerträgern

Dabei scheint die Infrastruktur nicht so schnell wie der sportliche Erfolg zu wachsen und die zu gebrauchenden Helfer fehlen. Das führt zwangsläufig zu Problemen. Der im Jahr 1903 gegründete Traditionsverein will sein 120-jähriges Jubiläum angehen, doch Machtkämpfe bestimmten die vergangenen Wochen und sind in vollem Gange, in denen sich zwei verhärtete Fronten bildeten.

Entlassungen, Kündigungen und Rücktritte

Nach dem guten Abschneiden der Regionalliga-Mannschaft beim Hallenmasters in Kiel wurden personelle Veränderungen im Verein bekannt. Eine Marketing-Mitarbeiterin und der Technische Leiter Rocco Leeser kündigten. Nach den Entlassungen der beiden Landesliga-Verantwortlichen Daniel Safadi (Cheftrainer) und Gabriel Lopes (Sportlicher Leiter) per Email, die als Entscheidungen des geschäftsführenden Vorstandes kommuniziert wurden, legten drei Vorstandsmitglieder ihre Ämter sofort nieder, darunter der Schatzmeister Thomas Trutt. Die Lawine rollte los und der Verein fing sich Risse in den Grundmauern. Der Pächter der Vereinsgastronomie Adlerhorst kündigte seinen Vertrag und wird zu den Heimspielen in der Regionalliga nicht öffnen. Die Kritik am Vorstand und am Führungsstil wird seit diesen Entwicklungen immer lauter. Thomas Laudi, Vorsitzender des Clubs, steht seitdem auch unter öffentlichem Druck.

Rocco Leeser kam im Mai 2022 zum 1. FC Phönix. Sieben Monate später war er wieder weg. Foto: Lobeca/Wolf Gebhardt

Vierter Nachfolger schon ausgeguckt?

Insbesondere die 2. Mannschaft ist der Knackpunkt. Mit dem Rausschmiss von Safadi und Lopes sieht sich die „Chefetage“ einem Shitstorm ausgesetzt, fühlt sich anscheinend nicht von der breiten Masse verstanden und versucht krampfhaft das Wort „Ruhe“ hineinzubringen. Man wirkt überfordert. Die Nachfolge für das Landesliga-Team sollte durch die bisherigen Co-Trainer Krystian Florczak und Marcel Goldschmidt geregelt werden, doch die sagten ab und legten ihre Ämter sogar nieder. Mit Robertino Borja fand man schnell einen motivierten Mitstreiter, der allerdings nur drei Tage nach der Bekanntgabe seiner Verpflichtung erkannte, „dass es in diesem Verein momentan nicht nur um das Sportliche geht“, wie er sagte. Gerüchte wurden gestreut, dass er angeblich bedroht wurde und deswegen einen Rückzieher machte, doch das entpuppte sich als Fake-News. Die Suche begann wieder von vorne und auch die Mannschaft ist sich nicht einig. Ein sehr großer Teil möchte den Adler anscheinend nicht mehr auf der Brust tragen. Ein Statement dazu setzte man beim Viktoria-Hallenturnier in der Hansehalle. Dort klebten die meisten Kicker Vereinsemblem und Vereinsname ab, wollten offiziell nicht mit Phönix betitelt werden. Am 7. Februar soll die Vorbereitung starten, doch einen neuen Coach hat man noch nicht präsentiert. Im Gespräch soll Tomislav Blazheski vom SC Rapid sein. Der 33-Jährige ist an der Travemünder Allee bekannt, spielte für die Liga- und Reservemannschaft und wechselte erst im vergangenen Sommer an den Kasernenbrink. Erfolgt nun die Rückkehr zum geforderten Aufstieg in die Oberliga?

Oberliga-Aufstieg ist Pflicht

Die Oberliga… dort soll die Reserve hin, als U21-Team und nicht mehr als U23. Ein Aufstieg der 2. Mannschaft in die höchste Spielklasse von Schleswig-Holstein ist allerdings von größter Wichtigkeit, denn die Nachwuchskicker wollen in der Regionalliga nicht auf der Bank versauern oder nur in Testspielen zu Einsätzen kommen. Zudem drängt die U19 des JFV Lübeck nach. Will man diese Youngsters halten, dann muss man ihnen zumindest ein attraktives Angebot machen. Mit der Landesliga wird das nichts, denn sonst schließen sie sich anderen Clubs an. Viele würden sicherlich bei Clubs in ihrer Nähe schauen (diverse Jugendspieler kommen aktuell aus dem Hamburger Raum extra nach Lübeck), wo sie mindestens in der gleichen Klasse spielen. Auch Regionalliga-Reservisten, wie die allesamt 19-jährigen Phil Kolvenbach (noch keinen Einsatz in der Liga), Luke Sendzik (20 Minuten) und Anton Ihde (54 Minuten) ,haben in der Hinrunde keine Rolle gespielt, werden irgendwann ihre Jugend an sich vorbeiziehen sehen – von der Bank aus.

Anton Ihde kam in der Regionalliga-Mannschaft bisher auf 54 Minuten Spielzeit. Foto: Lobeca

Durchmarsch unwahrscheinlich

Doch ein Durchmarsch von der Verbandsliga mit einem kurzen Zwischenstopp in der Landesliga bis in die Oberliga ist unwahrscheinlich. Der Rückstand auf Tabellenführer Preußen Reinfeld beträgt vor dem Re-Start sieben Punkte. Möglich ist es zwar, denn in sieben ausbleibenden Begegnungen ist noch alles drin, doch dazu bräuchte man erst einmal einen verantwortlichen Trainer und zudem eine Mannschaft, die als Einheit auftritt. Ausgemusterte Spieler, die in der Regionalliga-Truppe keine Zukunft haben, gepaart mit einem versprengten Haufen aus freigeholten JFV-U19-Jungs sowie dem Rest vom Fest, dürften zwar die Klasse locker halten, doch für den Aufstieg reicht das ziemlich sicher nicht. Und ob die alle sich den aktuellen Zirkus noch länger anschauen, bleibt abzuwarten. Es brodelt und bröckelt an allen Ecken und Kanten an der Travemünder Allee.

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Laudi schreibt Mitgliedern

Laudi schrieb am Wochenanfang den Phönix-Mitgliedern einen Brief. Darin versuchte er zu erklären, dass „Irritationen und Ängste“ geschürt würden. Zudem erwähnte er eine „aus dem Ruder laufenden Etatplanung/-ausgaben“ der U23. Entgegen der Bekanntgabe bei der Freistellung von Lopes und Safadi, gab er zu, dass er selbst diese Entscheidung, die zur Trennung führte, traf. Zitat: „Daher bin ich als 1. Vorsitzender in der Gesamtabwägung zu dem Schluss gekommen, dass wir einen neuen Impuls benötigen. Ein „weiter so“ wäre fatal gewesen.“

Drohung gegen Vorsitzenden

Weiter schrieb er, dass „überall Tretminen lauerten“ und „überall musste man aufpassen, nichts Falsches zu sagen“. Dazu berichtete er selbst von Drohungen gegen seine Person, wie dass man „Thomas Laudi im Tor aufhängen sollte…“. Laudi kündigte in seinem Brief an: „Diese Indiskretionen der vergangenen Wochen werden wir im Vorstand begutachten und sachlich sowie datenschutzrechtlich/anwaltlich aufarbeiten.“

Warten auf Antworten

Nun soll es zum Showdown kommen, denn eine Außerordentliche Mitgliederversammlung wurde einberufen. Dazu gab es viele Unterschriften, die den verbleibenden Vorstand dazu aufforderten. Der 17. Februar wurde als Termin ins Auge gefasst. Eine direkte Nachfrage bei Laudi vom vergangenen Freitag blieb bei HL-SPORTS bisher unbeantwortet. Der Brief mit den „Erklärungsversuchen“ liegt unserer Redaktion vor, allerdings nicht von Vorstandsseite. Hier hat man die Kommunikation derzeit eingestellt. Möchte man vielleicht unter sich bleiben und weitere mögliche Fettnäpfchen vermeiden, die die Mitglieder und Sponsoren zum Nachdenken anregen könnten? Die Mitglieder, die Sponsoren und die Öffentlichkeit verlangen Antworten!

Stadion Flugplatz des 1. FC Phönix Lübeck. Foto: sr

Außerordentliche Mitgliederversammlung schon bald

Für die gesonderte Mitgliederversammlung wurden folgende Themen angekündigt:

  • Orientierung/Ausrichtung der Junioren- und Senioren-Teams im Breiten- und Leistungsbereich
  • Übernahme der Sportstätte in Eigenregie/Erbpacht
  • Finanzen, Planungen…
  • Umbau des Flugplatzes in ein Regionalliga-taugliches Stadion
  • Gründung einer Spielbetriebs GmbH
    Dabei stehen noch weitere Mitgliederversammlungen bevor, denn 2022 fiel diese aus und für das aktuelle Jahr gibt es ebenfalls noch eine.

Fragen über Fragen… so lange trudelt der Adler über dem Flugplatz

Viele Fragen warten auf klare Antworten. Wie schaffen es die Adlerträger, ihre angebrannten Flügel wieder zu löschen? Es zieht sich am „Flugplatz“ wie ein Kaugummi, denn der Umbau des Stadions kommt einfach nicht voran. Gespräche mit der Stadt endeten bisher ohne vorzeigbare Resultate, wurden sogar nach Informationen von HL-SPORTS abgebrochen. Die Gründung der „Spielbetriebs-GmbH“ sollte bereits zum Saisonbeginn über die Bühne gehen, doch das ist nun schon ein halbes Jahr her. Interne Zerwürfnisse, viele Gerüchte und schmutzige Wäsche bieten im Jubiläumsjahr kaum Gründe zum Feiern.

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