Lübeck – Die Spieler des abstiegsbedrohten Regionalligisten VfB Lübeck haben weiterhin Redeverbot. Die Ergebnisse bleiben weiterhin aus und somit vielleicht keine schlechte Entscheidung des Vorstands der Grün-Weißen. Für HL-SPORTS eine Gelegenheit, mal hinter den Kulissen zu schauen, wie man auf der Tribüne das Geschehen rund um die Lohmühle betrachtet. Manuel Kwiatkowski (Foto) vom Lübecker Fanprojekt war zum Interview bereit und dabei kamen ziemlich interessante Dinge heraus…

HL-SPORTS: Hallo Manuel, du arbeitest beim Lübecker Fanprojekt. Wie kam es dazu und was ist genau eure Aufgabe?

Manuel Kwiatkowski: „Dies geschah auf Umwegen. Beworben hatte ich mich beim Internationalen Bund auf eine Streetworkerstelle. In Gesprächen fiel der Name Fanprojekt, und so nahm das Ganze seinen Lauf. Wir werden von der Koordinierungsstelle Fanprojekte in Frankfurt begleitet. Diese ist bei der Deutschen Sportjugend angesiedelt. Die Finanzierung läuft über Stadt, Land und DFB. Es geht um sozialpädagogisch orientierte Fanarbeit. Die Arbeit der Fanprojekte findet beispielsweise in der Lebenswelt der Fans statt. Im Stadion, bei Auswärtsfahrten und Fantreffs. Dort sind wir Gäste, keiner muss mit uns zusammen arbeiten.“
 
HL-SPORTS: Du bist schon lange dabei und musstest zwei Insolvenzen miterleben. Wie hast du diese Zeit erlebt?

Manuel Kwiatkowski: „Das hat mir schon eine Menge Kraft abverlangt und etliche schlaflose Nächte verursacht. Mut und Hoffnung hat mir der Zusammenhalt innerhalb der VfB-Familie gegeben.“
 
HL-SPORTS: Aktuell spielt die Mannschaft gegen den Abstieg. Kannst du dir das erklären und was glaubst du, woran es liegt, dass es diese Saison nicht so gut läuft?

Manuel Kwiatkowski: „Im Fußball Erklärungen zu finden, ist manchmal sehr schwierig. Oft sind es Kleinigkeiten, die über Sieg oder Niederlage entscheiden. Der Fußball ist ein ewiger Kreislauf zwischen Triumph und Tränen. Manchmal schießt nicht der Fuß, sondern der Kopf das Tor. Unsere Jungs werden das Ganze aber noch in die richtige Richtung drehen, sprich: kein Abstieg plus Pokalsieg.“
 
HL-SPORTS: Wie bewertest du Arbeit des Vorstandes und des Aufsichtsrates, die momentan das Sagen haben?

Manuel Kwiatkowski: „Da ist sehr viel Herzblut dabei. Ich kenne viele persönlich und weiß um ihr Engagement. Aus meiner Sicht leisten sie hervorragende Arbeit. Mein Dank an alle.“
 
HL-SPORTS: Denny Skwierczynski war das Gesicht des VfB in der letzten schwierigen Phase des Clubs. Was verdankt der Verein ihm deiner Meinung nach und wie hast du die Nachricht seiner Entlassung vor dem Cloppenburg-Spiel aufgenommen?

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Manuel Kwiatkowski: „Denny ist und bleibt ein Grün-Weißer. Er hat sich in schwierigen Zeiten zur Verfügung gestellt und alles für den Verein gegeben. Wir sind mit ihm aufgestiegen und haben den Pokal geholt. Erfolge, die auf ewig mit seinem Namen verbunden bleiben. Eine Veränderung auf der Trainerposition habe ich geahnt. Bin sehr froh darüber, dass ich in dieser Frage keine Entscheidung treffen musste.“
 
HL-SPORTS: Der Verein will in die 3. Liga und hat Rolf Landerl als neuen Trainer zum Sommer verpflichtet. Glaubst du daran, dass er es schafft und was muss sonst noch passieren, damit man wieder die Nummer 1 im Land wird?

Manuel Kwiatkowski: „Vorweg dieses, auch wenn wir eine Klasse tiefer spielen als Holstein, die Frage nach der Nummer 1 stellt sich doch nicht. Unser VfB, die Stadt Lübeck werden immer die Nummer 1 im Land bleiben. Jetzt weiter. Mit Rolf hat der Verein aus meiner Sicht einen guten Fang gemacht. Er hat eine Menge Ahnung vom Fußball und wird frischen Wind mitbringen. Wir werden eine aufregende Saison 2016/17 erleben.“
 
HL-SPORTS: Die Zuschauer-Resonanz ist in dieser Saison erschreckend. Wie kommt das deiner Meinung nach zustande und was kann man tun, dass Lübeck den VfB wieder unterstützt?

Manuel Kwiatkowski: „Wohl wahr! Das überrascht mich auch. Blicken wir jedoch etwas tiefer, so finden sich vielleicht Gründe. Die Heimstärke ist verloren gegangen, unatraktive Gegner und lange im Mittelfeld herumdümpeln. Ich hoffe auf die letzten drei Heimspiele, denn jetzt sind alle gefragt, um aus dem Keller zu kommen. Was man tun kann? Sicherlich andere Zielsetzungen als bislang. Der Besucher muss spüren, es soll nach oben gehen. Das Festhalten am Aufstiegsplan 2019 halte ich für riskant. Warum nicht früher? Was ist, wenn wir es im Aufstiegsjahr nicht schaffen?“
 
HL-SPORTS: Kürzlich gewann eine Tippgemeinschaft von VfB-Fans einen sehr hohen Betrag im Lotto. Der Verein bekam die Hälfte davon. Wie hoch war die Summe, was hat der Verein davon erhalten und wisst ihr, was mit dem Geld im Club passiert?

Manuel Kwiatkowski: „Insgesamt haben wir schon knapp 70.000 Euro gewonnen. Davon gehen 50 Prozent an den Verein und 50 Prozent werden an die Tipper ausgezahlt. In der zweiten Insolvenzphase haben wir dem Verein etwas über 12.000 Euro zur Verfügung gestellt, sicherlich ein kleiner Baustein, um diese Krise zu meistern. Vor kurzem haben wir dann noch einmal zugeschlagen. Für den Verein stehen rund 24.000 Euro zur Verfügung. Was mit dem Geld passieren soll, entscheidet die Tippgemeinschaft. Ein Wunsch vieler ist der Bau einer Überdachung in der Pappelkurve. Ein Anfang wäre mit dem Gewinn gemacht.“
 
HL-SPORTS: Neues Stadion, neue Spieler, alles neu an der Lohmühle… Das ist der Wunsch einiger. Wie lange gehst du schon zum VfB und was meinst du dazu?

Manuel Kwiatkowski: „Um höherklassig zu spielen, muss es über kurz oder lang Veränderungen am Stadion geben. Dabei sollte auf keinen Fall das einzigartige Lohmühlengefühl auf der Strecke bleiben. Wie lange gehe ich schon hin? Das ist wie bei Bob Dylan, eine Never-Ending-Tour. Angefangen hat alles 1920, richtig gelesen. Damals hatte mein Großvater einen kleinen Holzbetrieb. Die Lohmühle wurde kurze Zeit später gebaut und mein Opa lieferte das Holz, der Beginn einer generationsübergreifenden Liebe. In den Fünfzigern spielte mein Onkel, "Butzi Grühn", zusammen mit Felgenhauer, Hoppe, Oberbeck, Schütt und Co. in der damaligen Oberliga Nord. Sobald einer aus unserer großen Familie halbwegs geradeaus laufen konnte, so musste er mit zur Lohmühle. Mein erstes Spiel war in der Saison 1957/58 gegen Hannover 96, wir gewannen 4:2. Mit sechs Jahren war es für mich auf Grund der hohen Zuschauerzahlen ziemlich anstrengend, aber der Virus hat sich eingenistet und meinen Körper und Geist nicht mehr verlassen. Mein persönlicher Höhepunkt war der 2:1-Sieg in Celle und damit verbunden das Erreichen der Bundesliga-Aufstiegsrunde 1968/69. Ich habe dem Verein unvergessliche Momente zu verdanken.“
 
HL-SPORTS: Was denkst du, was beim VfB insgesamt möglich ist?

Manuel Kwiatkowski: „Mehr als bei Holstein Kiel.“

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