Lübeck – Wahlen sind ja immer eine sehr subjektive Sache. Man wählt eine Partei, weil man das Programm gut findet oder den entsprechenden Kandidaten. So ähnlich verhält es sich im Sport. Man wählt sich den Verein aus, der einem aus irgendeinem Grund zusagt und findet den Sportler gut, der sympathisch rüber kommt. Folglich kann so jemand auch mehr Stimmen bei Sportlerwahlen generieren. Das ist auch vollkommen okay und voll legitim, so funktioniert Demokratie. Schlecht ist aber, wenn man versucht durch „Experten“ diese Demokratie ein wenig zu lenken – beispielsweise, um die Auswahl nicht zu groß werden zu lassen – und dies dann gepflegt in die Hose geht. So geschehen bei der Auswahl zu Schleswig-Holsteins Fußballerin des Jahres, eine Wahl, die zum wiederholten Male zur absoluten Farce verkommt.

Am Montag gab der SHFV die Kandidatenlisten zum Spieler, Trainer und zur Spielerin des Jahres bekannt. Ist die von einer „Jury, bestehend aus Mitgliedern der Sportredaktionen des Landes, des SHFV und NordwestLotto“ getätigte Auswahl bei den Fußballern durchaus noch nachvollziehbar (auch wenn man sicherlich trefflich drüber streiten kann, dass siebeneinhalb von zehn Spielern ein Trikot von Holstein Kiel oder dem VfB Lübeck überstreifen), so kommt man schon bei den Trainern etwas ins Grübeln. Markus Anfang in Kiel oder Rolf Martin Landerl in Lübeck mögen gute Arbeit leisten, aber rechtfertigt ein gutes halbes Jahr (oder weniger) die Nominierung für einen Award, der das ganze Jahr abdecken soll? Kann man zumindest trefflich drüber diskutieren.

Endgültig zur Farce wird das Ganze aber bei den Fußballerinnen und hier darf, nein muss man die Frage stellen, ob die „Jury“ den Frauenfußball nicht ernst nimmt. Anders lässt sich kaum erklären, warum gleich drei Spielerinnen eines Absteigers nominiert sind. Denn wenn, wie im Falle der Holstein Women, gerade einmal fünf Punkte gesammelt haben, dann kann die individuelle Leistung der Akteure nicht gut genug gewesen sein. Man könnte die Auswahl sogar noch nachvollziehen, wenn die Kielerinnen die Regionalliga rocken würden, aber das ist ja auch nicht der Fall.

Ohne Frage, die nominierten Spielerinnen von Holstein mögen individuell gut spielen und sicherlich auch wichtig für ihr Team sein, aber rechtfertigen die Leistungen eine Nominierung? Wenn man dabei sieht wer nicht nominiert ist, muss man objektiv sagen: Nein, es reicht nicht.

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Warum zum Beispiel ist Kathrin Grunwald, geborene Patzke, nicht nominiert? Sie spielt zwar „nur“ für die zweite Mannschaft des SV Henstedt-Ulzburg, hat aber in der letzten Saison 23 Tore geschossen und steht auch aktuell schon bei 15 Treffern. Anna-Marie Ihrens vom TSV Schönberg ist ein ähnliches Beispiel. Oder warum ist niemand aus der Meisterschaft des TSV Ratekau nominiert? Kristina Scheel, Alina Renitz oder auch Lisa Bergmann hätten es mit Sicherheit eher verdient, als jemand aus einer Absteigermannschaft. Oder warum ist niemand von TuRa Meldorf, immerhin Pokalfinalist und Tabellendritter der SH-Liga, in der Auswahl dabei? Verdient hätte es die eine oder andere Spielerin aus dem Kader auf jeden Fall! Oder Eve Saine vom TSV Russee? Sie sorgte maßgeblich dafür, dass ihre Mannschaft im letzten Jahr in der SH-Liga blieb und ist auch in der laufenden Saison ein Garant für die respektable Punkteausbeute.

Die Liste ließe sich fast beliebig fortsetzen und mit Sicherheit würden sich mehr Spielerinnen, aber auch Trainer Anerkennung für ihre Leistungen wünschen. Aber nun ist die Auswahl getroffen und da sage ich leider: Setzen, Sechs, Klassenziel verfehlt! Es sollte bei einer Wahl die beste sportliche Leistung zählen und nicht der Wunsch, unbedingt einen Verein zu supporten. Das kann man von einem „Expertengremium“ eigentlich erwarten. Aber vielleicht betrachtete auch die Jury alles durch die Vereinsbrille, vielleicht ist sie im Bereich des Frauenfußballs auch einfach nur unwissend. Oder einfach ignorant – egal was die Beweggründe sind: bei der Frauenwahl hat man die ganze Sache verbockt!

Der SHFV täte gut daran, im Jahre 2017 diejenigen zu fragen, die sich wirklich im Frauenfußball auskennen und diese Personen. Und das können nur die Spielerinnen und Trainer aus den Frauenligen sein. Schlechter als die so hochkarätig besetzte „Jury“ können sie das auch nicht machen.

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