Lübeck – Der Traum von Millionen Deutschen ist für ihn wahr geworden: Michael Schröder (Foto) aus Lübeck wird bei der Fußball-Weltmeisterschaft 2014 in Brasilien spielen. Der 27-jährige Familienvater aus Kücknitz ist die Nummer 1 im Tor der deutschen Nationalmannschaft „ID“.  Das Kürzel steht für „intellektuelle Beeinträchtigungen“ – in der Mannschaft stehen Spieler mit einer geistigen Behinderung, deren Intelligenzquotient unter 75 Punkten liegt.
Schröder spielt in der Kreisklasse A beim TSV Dänischburg. Trainer Uwe Thies lobt seine Nummer 1: „Michael ist ein zurückhaltender aber sehr ehrgeiziger Spieler. Er ist immer überpünktlich und hilft auch gerne aus, so wie am vergangenen Wochenende in der zweiten Mannschaft. Seine Abwehr ordnet er super und am Sonntag gegen Dornbreite III steht er wieder im Tor, damit er Spielpraxis für Brasilien bekommt.“ Schröder  trainiert auch die anderen Torhüter des Vereins und hat viel Spaß dabei, ihnen zu vermitteln, was er bei den Lehrgängen der Nationalmannschaft  gelernt hat.
Seit acht Jahren gehört Schröder zum Nationalteam, das vom Nürnberger Ex-Profi Jörg Dittwar betreut wird.  „Wir sind nicht dem Deutschen Fußball-Bund angeschlossen, sondern im Deutschen Behindertensportverband (DBS) und müssen im Trainerteam versuchen, über Spenden oder Sponsoren die nötigen Mittel für zusätzliche Lehrgänge und Spiele zusammenzukratzen“, sagte der 50-jährige gegenüber HL-SPORTS. 12.000 Euro erhält die Nationalmannschaft „ID“ vom DBS für die Vorbereitung auf Brasilien. „Wenn man bedenkt, dass unsere Spieler alle verteilt aus der  ganzen Republik kommen, sind nicht viele Lehrgänge möglich. Mit Fahrt-, Unterkunfts- und Verpflegungskosten ist man da bei einem Kader von 23 Spielern plus dem Trainer- und Betreuerteam schnell bei 5.000 bis 6.000 Euro pro Lehrgang“,  rechnete Dittwar vor. Und  jetzt steht die WM vom 11. bis 25. August 2014 in Brasilien an.
Schröder möchte ein Trainingslager in Lübeck organisieren – und wünscht sich ein Spiel gegen den SH-Liga-Spitzenreiter VfB Lübeck. VfB-Vorstandsmitglied Florian Möller findet die Idee gut und weiß, wie es ist, wenn andere Hilfe brauchen: „Wir müssen mal schauen, wie es in unseren Zeitplan passt.“ Liga-Trainer Denny Skwierczynski sah es im Gespräch mit HL-SPORTS ähnlich: „Das ist eine tolle Idee und wenn wir helfen können, dann machen wir das gerne, wenn es unsere Möglichkeiten zulassen.“ Das Problem: Der VfB spielt um die Meisterschaft und ist grundsätzlich am Wochenende im Einsatz. Insbesondere, wenn es ab März in die heiße Phase vor den möglichen Aufstiegsspielen geht, ist der Terminkalender sicherlich voll. „Hier muss man mal schauen, was die Zeit mit sich bringt“, fügte Skwierczynski hinzu.
Und welchen Gegner hätten die Lübecker zu erwarten? Die Spielstärke seines Teams und wie stark ist das Nationalteam? „Meine Spieler kicken im Regelspielbetrieb meist in den unteren Klassen. Von der A-Klasse bis zur Kreisliga ist hier alles dabei, wobei es einer sogar in die Verbandsliga schaffte. Die besten Nationalteams kommen aus den Niederlanden, die im vergangenen Jahr den Europameistertitel in Schweden holten und aus Saudi-Arabien, das Titelverteidiger in Brasilien ist. Die Saudis sollen als Titelprämie 50.000 Euro ausgelobt haben und hier ist unsere Mannschaft mit ihren Möglichkeiten weit dahinter. Da können wir als sogenannte Fußball-Nation nicht mithalten. Die Holländer zum Beispiel bewegen sich auf fußballerischen Oberliga- oder Regionalligaebene“, sagte Trainer Dittwar, der mit seinen Trainerkollegen auf Honorarbasis arbeitet, jedoch zwischen den Lehrgängen auch ehrenamtlich im Namen des Teams unterwegs ist. Dazu gehören zum Beispiel auch Spielerbeobachtungen quer durch das Land.
Bei der EM 2012 in Schweden scheiterte die deutsche Mannschaft im Viertelfinale mit einem 1:2 gegen Frankreich. Am Ende belegte das Dittwar-Team Rang sieben, da es im Platzierungsspiel gegen die Türkei 2:3 verlor. Der größte Erfolg für Schröder war es, bei der WM 2006 im eigenen Land den dritten Platz zu erreichen. Hier gab es auch einen Zuschuss des DFB, der einiges daran setzte, auch dieses Event unter seinen Hut zu bringen. Der Lübecker Torwart gehörte damals zwar nicht zur ersten Elf, doch stolz macht ihn das heute noch. „Wir haben zum Beispiel in Duisburg oder Leverkusen in den ausverkauften Bundesligastadien gespielt. Das war schon toll und ich bin sehr stolz, wenn ich mein Land vertreten darf. Mein Ziel ist es, unsere Leistung der Nationalmannschaft bekannter zu machen und ich möchte persönlich weiterkommen. Und ein Aufstieg in die Kreisliga mit meinem TSV Dänischburg wäre ein weiterer Schritt“, sagte Schröder weiter.
HL-SPORTS Chefredakteur Roland Kenzo hat sich eine Stunde lang mit Schröder unterhalten:  „Ganz ehrlich, ich war schon ein wenig aufgeregt, als ich den Nationaltorhüter traf. Michael und ich haben uns sehr gut unterhalten und viel gelacht. Er war genauso aufgeregt und hat trotzdem viel von seiner Karriere erzählt. Es hat sehr viel Spaß gemacht. Sein Hobby ist ihm ans Herz gewachsen und ich wünsche ihm und seiner Mannschaft, dass es auch in der Sportstadt Lübeck Unterstützung gibt.“

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