Hamburg – An der Elbe ist meist starker Wellengang und ganz extrem, wenn es um den HSV geht. Das kennt Vereinsboss Bernd Hoffmann schon, kann damit umgehen. Sportvorstand Ralf Becker (Foto) war das anscheinend nicht bewusst. Er zeigte Nerven, nahm die Entlassung von Cheftrainer Christian Titz (HL-SPORTS berichtete) von Dienstag auf seine Kappe: „Ich bin am Sonntag heimgegangen und habe die vergangenen zehn Spiele noch einmal Revue passieren lassen. Dabei ist für mich eine Sache klar geworden: Entweder wir sprechen dem Christian das absolute Vertrauen aus oder wir müssen uns trennen, weil wir nicht überzeugt sind. Es ist für mich die absolute Überzeugung, dass wir in dieser Konstellation unsere Saisonziele gefährdet hätten. Dass ich damit keinen Beliebtheitspreis einsammle ist mir klar, aber das ist auch nicht meine Aufgabe hier Entscheidungen zu treffen, die nach Beliebtheit aussehen. Daher bin am Montagmorgen zu Bernd Hoffmann gegangen und habe vorgeschlagen, dass wir die Entscheidung jetzt treffen müssen.“

Die Mannschaft sprach sich noch am Vormittag für Titz aus. Dabei dürften nun neue Zeiten für Lewis Holtby, den verlängerten Arm des geschassten Cheftrainers, und Fiete Arp an. Der 18-Jährige wird nach einem Instagram-Post von Dienstag sicher zum Rapport müssen. Ein Bild, wo Arp und Titz nach einem Spiel abklatschen wurde vom Nachwuchsstürmer mit bösen Smileys versehen. Becker dazu: „Eine Meinungsäußerung nach außen auf diese Art und Weise geht natürlich gar nicht. Das werden wir intern mit Fiete besprechen.“ Bekommt der Youngster nun „Insta-Verbot“? Schon vor dem Stadtderby geriet er in die Kritik, als er „FUCK FCSP“ online setzte.

Damit endet die Ära Titz am Volkspark nach 225 Tagen. Er ist der 17. Trainer, der in zehn Jahren beim Hamburger SV abgelöst wurde. Dabei hat er die beste Bilanz aufzuweisen. In 19 Spielen schaffte er es auf 1,79 Punkte im Schnitt, arbeitete mit der jüngsten Mannschaft der ersten drei Profiligen und hat zwei Punkte Rückstand auf Tabellenführer 1. FC Köln hinterlassen. Umso unverständlicher die Nervosität der HSV-Bosse. Der Druck von Außen hat möglicherweise einiges dazu beigetragen. Dass die 2. Liga kein Selbstläufer werden würde, hätte zumindest Becker wissen müssen. Er war im vergangenen Jahr maßgeblich am Erfolg von Holstein Kiel beteiligt. Doch Kiel ist nicht Hamburg. Der Aufstieg ist Pflicht und nun soll es der Meistertrainer der aus Stuttgart richten.

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Hannes Wolf wird am Mittwoch das Training leiten. Der 37-Jährige wurde in der Saison 2016/17 mit dem VfB Stuttgart Meister der 2. Liga, führte die Schwaben zurück ins Oberhaus, wo man ihn im vergangenen Januar von seinen Aufgaben entband. Ansonsten ist Wolf eher kein unbeschriebenes Blatt auf dem Trainerstuhl. Vor seiner Zeit am Neckar war der Fußball-Lehrer für die Geschicke der verschiedenen Nachwuchsmannschaften von Borussia Dortmund zuständig, holte dort drei Junioren-Meisterschaften in Folge.

Schon Anfang Oktober wurde Wolf als Nachfolger gehandelt. Becker ist überzeugt von dem jungen Coach: „Hannes ist sicher eines der größten Trainertalente in Deutschland. Er verbindet ganz viele Dinge, die für uns wichtig sind. Erstens weiß er, wie man aufsteigt, das hat er mit dem VfB vorgemacht. Zudem steht er darüber hinaus auch absolut für das, wofür wir als HSV stehen. Wir haben die jüngste Mannschaft in der Liga.“

Mittwoch trifft er zum ersten Mal im Volkspark auf die HSV-Profis. Zwei Trainingseinheiten hat er Zeit, um sich einen Plan für das Auswärtsspiel beim 1. FC Magdeburg (Freitag, 18.30 Uhr) aufzustellen. „Ich habe die ganzen letzten Wochen und Monate überlegt, wie es für mich persönlich weitergehen kann. Als der Anruf vom HSV kam, habe ich nicht lange überlegen müssen. Auch mit dem Wissen, dass die kommenden Aufgaben und der Weg in der 2. Liga schwierig werden. Es gibt ein großes Potenzial, das in diesem Verein steckt. Ich bin bereit für diese Aufgabe und stelle mich dieser Herausforderung. Das Feuer lodert zu einhundert Prozent in mir“, so Wolf vor seinem ersten Arbeitstag.

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