Lübeck – Der Lübecker SC hat sich vor dem Sommer neu aufgestellt. Bei der 1. Herren läuft es richtig gut – Platz zwei! Das kommt nicht von ungefähr, denn gerade das Trainerteam steht für solide und nachhaltige Arbeit. So will es auch Marc Liese (Foto), der die Fußballabteilung seit vier Monaten führt. Dabei steckte er einige Rückschläge und Gegenwind ein. Der 45-Jährige durfte sich in den vergangenen Tagen mit einer Geschichte auseinandersetzen, die den Verein vom Thomas-Mann-Platz in ein dramatisches Licht setzte. Bei HL-SPORTS sprach er exklusiv darüber.
HL-SPORTS: Hallo Marc, du bist jetzt seit vier Monaten als Abteilungsleiter des Lübecker SC im Amt. Wie empfindest du deine Zwischenbilanz und welches Feedback erhältst du von deiner Sparte und dem Gesamtverein?
Marc Liese: Durchwachsen. Auf den sportlichen Erfolg der vergangenen Saison mit dem Verbleib unserer 1. Herren in der Landesliga, das hervorragende Abschneiden der 2. Herren, die Meisterschaft und Pokalsieg unserer Mädchen, da kann man nur Stolz sein. Aber für mich war es erstmal wichtig die Menschen in unserem Verein besser kennenzulernen, Vertrauen aufzubauen und auch sie für meine Ideen zu gewinnen. Und ich bin froh und stolz darauf in nur so kurzer Zeit einen so großen Rückhalt in unserer Fußballabteilung zu erfahren, dies schließt die anderen Abteilungen mit ein.
HL-SPORTS: Der Saisonstart ist euer 1. Herren geglückt und aktuell rumpelt es etwas. Wie siehst du das?
Marc Liese: Also wenn mir jemand das vor der Saison gesagt dass wir nach dem 5. Spieltag auf Tabellenplatz zwei stehen, den hätte ich ungläubig angeguckt. Aber bei diesem professionellen Trainerteam und bei diesen tollen Jungs ist das der ehrliche und verdiente Lohn. Aber auch solche Spiele wie in Eichede passieren halt, wo die Mannschaft nichts zustande bekam, aber dass es aktuell rumpelt, das sehe ich nicht so.
HL-SPORTS: Euer Trainerteam arbeitet mit einer Mannschaft, die schon seit der Jugend komplett geblieben ist. Wie vorteilhaft ist das für euch?
Marc Liese: Natürlich ist es von Vorteil wenn man über einen langen Zeitraum zusammenarbeitet und wie in unserem Fall auch sich weiter entwickelt. Gerade auch der große Zusammenhalt innerhalb der Truppe ist ein hohes Gut. Wer denn da meint, dass es gerade für Neuzugänge dann schwierig wird in der Mannschaft Fuß zu fassen, der irrt gewaltig.
HL-SPORTS: Dabei musstet ihr nun gerade in der vergangenen Woche einen Rückschlag erleiden und die A-Jugend vom Spielbetrieb zurückziehen. Ärgert ihr euch nun ein wenig, dass ihr aus dem JFV Hanse ausgestiegen seid und nun keinen Unterbau habt?
Marc Liese: Nein, die damalige Entscheidung war richtig aus dem JFV auszusteigen. Natürlich wäre es bei einem Verbleib in eines JFV einfacher gewesen den ein oder anderen für unsere Herrenteams zu gewinnen, aber es standen die Kosten und Nutzen nicht überein. Gerade in der anschließenden Saison haben wir auch in den Jugendteams bewiesen, dass es auch ohne JFV oder SG geht. Natürlich ärgern wir uns über die Abmeldung der A-Jugend. Wir hatten vor Beginn der Saison Zusagen von zehn Spielern bekommen, die am Ende dann doch nicht kamen. Vielleicht waren wir alle zu blauäugig.
HL-SPORTS: Schaut man sich die vergangenen Jahre des LSC an, stellt man fest: Die Jugend schmilzt euch weg. Was sind die Gründe dafür?
Marc Liese: Ein wesentlicher Faktor war sicherlich der stetige Wechsel von Abteilungsleitern und Jugendwarten. Hier fehlte schlichtweg die Führung und das Interesse sich um unsere Jugendlichen zu kümmern. Gerade für unsere Trainer und Betreuer war es schwierig bei Fragen an den Verantwortlichen eine Antwort zu erhalten. Es fehlte hier auch schlichtweg die Kommunikation untereinander und auch Fehlentscheidungen wurden getroffen.
HL-SPORTS: Welche Maßnahmen ergreift ihr, einen Gegentrend einzuläuten. Aktuell besitzt ihr ja nur noch drei Junioren-Teams neben den vier Herren-Teams und der Frauenmannschaft?
Marc Liese: Ich verspreche mir von unserem Jugendkonzept eine ganze Menge, welches wir im Frühjahr beschlossen haben. Allerdings brauchen wir Menschen dafür, die dies auch umsetzen können und wollen. Aber da bin ich am Ball. Ich hoffe schon in den nächsten Tagen einen neuen Jugendabteilungsleiter präsentieren zu können von dem ich meine, dass er unsere Jugend wieder nach vorne bringen kann.
HL-SPORTS: Nun gab es Gerüchte, dass die finanzielle Lage dramatisch ist. Von 16.000 Euro ist die Rede und unbezahlten Rechnungen. Wie kommt so etwas zustande und was ist an den Sachen dran?
Marc Liese: Diese Geschichte ist erstunken und erlogen. Ich wurde am Montag damit konfrontiert und bin immer noch richtig sauer. Ein Defizit gibt es nicht, eine Veruntreuung erst recht nicht. Der Verein ist finanziell gesund. Allerdings, da mache ich keinen Hehl daraus, fehlen uns natürlich durch den Mitgliederrückgang in der Fußballabteilung Beitragseinnahmen und ebenfalls haben Investitionen in Geräte und der Ertüchtigung unseres Kunstrasenplatzes unser Guthaben schmelzen lassen. Dies hat mich zusammen mit unserer Beauftragten für Finanzen dazu bewogen im Juli eine finanzielle Hochrechnung bis Ende des Jahres zu erstellen. Diese Hochrechnung war für den internen Gebrauch ohne jegliche Einnahmen erstellt. Da ich für unsere Finanzen innerhalb der Fußballabteilung verantwortlich bin, habe ich mit unserer Kassenwartin einen vorläufigen Zahlungsstopp vereinbart. Ziel war es einen Finanzplan zu erstellen, der uns am Ende des Jahres einen ausgeglichenen Haushalt garantiert. Ich möchte nicht, so wie in den vergangenen Jahren passiert, das Jahr mit einem dicken Minus abschließen. Ja, es ist richtig, die Trainer haben im August kein Geld erhalten. Dies habe ich mit den Trainern auch so besprochen und wurde akzeptiert. Allen Zahlungsverpflichtungen sind wir nachgekommen.
HL-SPORTS: Schadet eurem Verein so etwas und wie ist deine allgemeine Meinung zum Fußball-Geschäft in der Stadt?
Marc Liese: Ja selbstverständlich! Ich fühle mich durch die Veröffentlichung selbst geschadet, aber auch der Verein wird durch solche Lügen geschädigt. Für mich ist es immer noch nicht erklärlich, warum diese Dinge ohne tatsächlich belegbaren Fakten veröffentlicht wurde. Der Verein wird sich jedenfalls rechtliche Schritte offen halten. Ich mache mir Sorgen um den Jugendfußball. Es gibt Vereine, die keine Mannschaften mehr selbständig melden können. Auf der anderen Seite gibt es Vereine, die schon keine Kinder mehr aufnehmen, weil sie nicht genügend Kapazitäten haben. Aber bevor ich mein Kind in einen Verein gebe, wo in einer Altersgruppe schon vier Mannschaften existieren und dann noch mein Kind von irgendeinem Vater trainiert wird, ohne richtige Ahnung vom Fußball und Qualifikation, suche ich mir lieber einen anderen Verein oder lasse mein Kind gleich in der Sandkiste sitzen. Der nächste Punkt, der mich beschäftigt, wäre das Thema Schiedsrichter. Auch hier besteht dringender Handlungsbedarf eine bessere Lösung zu finden, als Vereine mit Punktabzügen zu bestrafen, wenn der Verein nicht genügend Zählschiedsrichter melden kann. Aber hier bleiben wir mit anderen Vereinen zusammen am Ball.
HL-SPORTS: Danke für das Interview und viel Erfolg weiterhin.
