Causa Florian Riedel: Nun spricht sein Top-Anwalt – VfB Lübeck wieder unter Druck

Florian Riedel (VfB Lübeck). Foto: Lobeca/Marcus Kaben

Lübeck – Das Drama um die „Handgreiflichkeiten“ beim VfB Lübeck gehen schneller als erwartet in die nächste Runde. Nachdem am Donnerstag der Vorstandsvorsitzende der Grün-Weißen, Thomas Schikorrra, die endgültige Suspendierung von Drittligaspieler Florian Riedel bekanntgab, reißt der Trouble um den Tabellenletzten nicht ab. Riedel nahm sich einen Rechtsanwalt, der schon am Tag darauf eine klare Botschaft Richtung Lohmühle sendete.

„Zwischen Meinungsverschiedenheiten und Handgreiflichkeiten sind wirklich Welten“

Dem NDR gegenüber sagte Horst Kletke, Experte für Fußball-Arbeitsrecht, der Riedel vertritt: „Ja, es gab Meinungsverschiedenheiten. Aber zwischen Meinungsverschiedenheiten und Handgreiflichkeiten sind wirklich Welten. Ich habe die Gegenseite zu einer Stellungnahme aufgefordert und auch einen Widerruf zu erklären. Die Herren von Lübeck sind am Zug.“ Schweres Geschütz, das der Star-Anwalt da auffährt, denn er möchte nun wissen, welche „Handgreiflichkeiten“ das genau gewesen sein sollen. Bei der Pressekonferenz wollten weder Schikorra noch Cheftrainer Rolf Landerl selbst auf Nachfragen genauer darauf eingehen. Immerhin wäre eine Beschuldigung – eines bis dato unbescholtenen Spieler, der in fast drei Jahren nie negativ auffiel, Vize-Kapitän und im Mannschaftsrat war – eine heikle Angelegenheit. Riedels berufliche Profikariere hängt so möglicherweise an einem seidenen Faden.

Riedel wollte schlichten?

Nach Informationen von HL-SPORTS soll Riedel nur „schlichtend einem Mitspieler zur Seite gestanden haben, berührte das „Jäckchen“ des Trainers für eine kurze Zeit. Dabei soll es zu keiner körperlichen Attacke gegenüber dem VfB-Coach gekommen sein“, so die zugetragene Information. Dass Landerl vielleicht als „Grantler“ durchging, die Kapitänsbinde möglicherweise selbst entfernen wollte und dabei Widerstand erfuhr, könnte die gesamte Situation angeheizt haben, ist allerdings nur Theorie, was in der Kabine passiert sein könnte.

Offene Fragen

Sollte es wirklich eine Handgreiflichkeit gegeben haben, einen Vorfall, der so eine Reaktion nach sich zieht, warum wurde dann rund fünf Tage gewartet, um damit an die Öffentlichkeit zu gehen und so zu reagieren? Die Kritik am Sportdirektor Rocco Leeser, nach dessen „Unwürdig“-Aussage zum Auswärtsspiel bei Dynamo Dresden, wurde zuletzt immer lauter.

Wenn es alles am Ende so schlimm war, „Übergriffe“ stattfanden, warum hat der Trainer selbst nicht sofort gehandelt, den Vorstand und Aufsichtsrat unverzüglich informiert? Der Coach wollte versuchen das Thema „kabinenintern“ zu klären. „Ich habe darauf hingewiesen, wir mögen die Binden doch bitte runter tun, weil Türkgücü auch mit keinen Binden spielt und auf das hinaus ist Flo Riedel handgreiflich geworden.“ Der Vorstand kommentierte das bereits, war sauer, dass er erst so spät davon erfuhr und rügte den Trainer dafür. „Wir sind alles andere als begeistert, dass diese Information erst gestern Abend zu uns kam. Wir hätten uns aber gewünscht, dass eine doch wesentliche Information in diesem ganzen Zusammenhang dann auch frühzeitig bei uns ankommt“, sagte er am Donnerstag.

Auf der einen Seite entschuldigte Riedel sich sofort und auf der anderen Seite wollte man es „unter Männern“ klären. Und warum gab es nicht gleich die Konsequenz Riedel gar nicht mehr weiterspielen zu lassen in Abschnitt zwei? Der Coach ließ das vermutlich erst einmal durchgehen, wollte „den Fokus auf das Spiel legen“.

Anzeige
Anzeige

Auch stellt sich zum Beispiel die Frage: Haben die restlichen Spieler in der Kabine, dazu Funktionäre, die sich während der Pause dort aufhalten, alle tatenlos zugeschaut, wie der Coach „angegangen“ oder was auch immer wurde? Schlecht vorstellbar…

3.000 Euro Geldstrafe

Noch einmal zum Thema Mannschaft: Die solidarisierte sich doch schon nach der ersten Strafe (Interview bei Magenta TV), der beschlossenen Zwangspause für Riedel plus Geldstrafe, wollte die Summe von 3.000 Euro übernehmen für ihren Kollegen. Bietet man so etwas an, wenn Riedel zuvor handgreiflich gewesen wäre? Finde den Fehler…

Mr. Unbekannt?

Auch der Rest ist nicht wirklich zu verstehen. Am Mittwoch erhielt Aufsichtsrat Timo Neumann dann einen Anruf, von einem „Unbekannten“, wurde informiert über den „Skandal“. Wie unbekannt muss denn jemand sein, wenn es sich um den Zeitraum Halbzeitpause, den Ort Kabine oder Spielertunnel handelt? Das dann auch noch bei einem Geisterspiel. Nur der „Inner circle“ kann doch über das Wissen verfügen, wie und was sich genau dort (wenn überhaupt) abgespielt hat. Also Spieler, Trainer, Co-Trainer, Torwarttrainer, Sportdirektor… und wenn es niemand von ihnen war, wie kommt eine solche Information aus der Kabine heraus?

Keine Werbung, Imageschaden für alle…

Für die Außendarstellung des VfB Lübeck, aber sicherlich auch für Riedel selbst, ist das Ganze, so wie es sich darstellt, ein Schlag ins Gesicht. Im Endeffekt ist nun klar, dass beide Parteien einen nicht unerheblichen Schaden davontragen. Der Club einen bezüglich des Images, schließlich hatte sich Lübeck in den vergangenen Jahren ein gewisses Standing im Fußball erarbeitet und zurückerobert. Frei von Fehlern kann man die VfB-Clubführung jedenfalls nicht sprechen. Für Riedel, der schon bei seiner ersten Suspendierung und Bestrafung nach dem Interview bei Magenta TV (was war da nun so schlimm vom Inhalt her? Warum darf nur ein Sportdirektor klare Worte finden und nicht ein Spieler, der seines Zeichens Vizekapitän und im Mannschaftsrat aktiv ist?) einiges über sich ergehen lassen musste, geht es auch nun nur noch darum, seinen Namen reinzuwaschen (sofern das überhaupt noch nachträglich möglich ist). Das kann für Riedel ja nur über den Weg einen Rechtsanwalt einzuschalten gehen, darauf hinauslaufend seinen geliebten Verein auch vor Gericht zerren zu müssen. Zusammengefasst: Alle Beteiligten Personen werden im Endeffekt als Verlierer hervorgehen.

Horst Kletke ist Top-Anwalt

Kletke ist von vielen Vereinen gefürchtet. Der Frankfurter Rechtsanwalt vertrat schon Größen wie Trainer Mirko Slomka und Heinz Müller von Mainz 05. Neben Abstiegskampf und Lizensierungsverfahren und einigen internen Baustellen, kommt nun ein weiteres Päckchen auf den VfB Lübeck zu.

In ein paar Stunden in Halle

In ein paar Stunden müssen die Grün-Weißen in der 3. Liga beim Halleschen FC antreten. Um 14 Uhr ist Anpfiff (live auf unserem Twitter-Kanal). Mit einem Unentschieden könnten die Lübecker sogar die Rote Laterne abgeben. Konkurrent SpVgg Unterhaching verlor am Freitagabend gegen TSV 1860 München mit 1:3.

Gefällt Dir unsere journalistische Arbeit?

Dann unterstütze uns hier mit einem kleinen Beitrag. Danke.

- Anzeige -

3 Kommentare

  1. Ich kann nur mit dem Kopf schütteln. Da werden jetzt Streitigkeiten und Unruhe in die Mannschaft hinein getragen, was überhaupt nicht notwendig ist. Riedel, ein wichtiger und guter Spieler, zeigt in einem Interview, dass er zur Mannschaft steht. Das war doch ein Zeichen dafür, dass das Mannschaftsgefüge intakt ist. Dafür wird er bestraft. Für mich ein absolutes Unding. Wie ich von Handgreiflichkeiten gelesen habe, habe ich als erstes vermutet, dass es sich vielleicht um einen Schubser, wie er auf dem Spielfeld zwischen gegnerischen Spielern manchmal vorkommt, gehandelt hat. Ob es so war weiß ich nicht, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass Riedel den Trainer vor versammelter Mannschaftverprügelt hat. Oder sonst irgendwie böswillig angegangen ist. In meinen Augen ist es ein riesen Fehler, dass jetzt so in die Öffentlichkeit zu tragen. Man hätte es intern klären sollen, doch so wird doch die ganze Mannschaft verunsichert. Und das, nachdem das Spiel gegen Türkgücü München kämpferisch wirklich überzeugend war. Man konnte sehen, dass es in der Mannschaft stimmt. Hoffentlich geht das jetzt nicht kaputt. Wären wir Fans dieses Wochenende im Stadion, würden wir Florian Riedel mit Bannern unterstützen und unsere Enttäuschung an der Vereinsführung ebenfalls auf Bannern ausdrücken!

  2. Top-Anwalt? Kletke ist Fachanwalt für Sport- und Arbeitsrecht, nicht mehr, nicht weniger. Er hat Riedels Vertretung übernommen, dieses dem Verein mitgeteilt, um eine Stellungnahme des Vereins gebeten. Dass er als Anwalt jede Schuld seines Mandanten bestreitet, ist das ganz normale Prozedere.
    Gab es die im Raum stehenden Vorfälle, dann kann kein Anwalt der Welt etwas für Herrn Riedel tun. Letztlich wird ein Arbeitsrichter entscheiden, nicht der Anwalt.

Kommentarfunktion ist geschlossen.