Hamburg – Die Bundesliga und die 2. Bundesliga dürfen in Zeiten von Corona wieder ran. Das hat die Ministerpräsidentenkonferenz mit Bundeskanzlerin Angela Merkel am Mittwoch entschieden. Vielen Fans, aber vor allem den 36 Proficlubs ist damit ein Stein vom Herzen gefallen. Starttermin ist der 15. Mai – allerdings ohne Zuschauer im Stadion.
DFL-Chef erleichtert
Christian Seifert, DFL-Geschäftsführer und Sprecher des DFL-Präsidiums:
„Die heutige Entscheidung ist eine gute Nachricht für die Bundesliga und die 2. Bundesliga. Sie ist verbunden mit einer großen Verantwortung für die Clubs und ihre Angestellten, die medizinischen und organisatorischen Vorgaben diszipliniert umzusetzen. Spiele ohne Stadion-Zuschauer sind für niemanden eine ideale Lösung. Es ist in einer für einige Clubs existenzbedrohenden Krise allerdings die einzige Möglichkeit, den Fortbestand der Ligen in ihrer jetzigen Form zu sichern. Mein Dank gilt an diesem Tag den politischen Entscheidungsträgern aus Bund und Ländern für ihr Vertrauen.“
Kalou hätte fast für eine „Katastrophe“ gesorgt
Die Deutsche Fußball Liga (DFL) hatte der Politik in einem umfangreichen Konzept dargestellt, wie man sich die Fortsetzung dieses eigenen Wirtschaftszweiges vorstellt. Noch am Dienstag geriet das Konstrukt ins Wanken, als Salomon Kalou von Hertha BSC ein Video veröffentlichte, wie es in der Kabine des Erstligisten aussieht. Der Verband verurteilte das Verhalten und der Berliner Stürmer wurde von seinem Arbeitgeber suspendiert.
Streit über Termin entbrannt
Wie der Start letztlich aussieht, ist noch nicht klar. Die DFL hat für den heutigen Donnerstag eine Pressekonferenz angesetzt. Auf das „grüne Licht“ von Seitens der Politik ist da und schon ist die Einheit dahin. Die Clubs streiten über einen möglichen Termin zur Wiederaufnahme der Punktspiele. In Leipzig, Wolfsburg und Leverkusen möchte man schnellstmöglich starten, also am übernächsten Wochenende.
Werder sieht „deutlichen Wettbewerbsnachteil“
„Wir begrüßen die Entscheidung der Bundesregierung, die Spiele fortzuführen. Auch wenn Spiele ohne Zuschauer nicht der Optimalfall sind, ist diese Entscheidung für die Clubs von elementarer Bedeutung. Für uns als Werder Bremen ist es nun sehr wichtig, schnellstmöglich das Mannschaftstraining wiederaufzunehmen, da wir bislang aufgrund der behördlichen Vorgaben lediglich in Vierergruppen trainieren konnten. Zur Gewöhnung an den Wettkampf nach rund zwei Monaten Wettkampfpause und zur Einschränkung eines Verletzungsrisikos bei den Spielern, die durch die Vielzahl der Partien in einem sehr knappen Zeitraum sehr stark beansprucht werden, werden wir uns dafür einsetzen, dass die Bundesliga am 23. Mai fortgesetzt wird. Wir folgen hier auch den Empfehlungen, die an die Politik gegeben worden sind und die ein rund zweiwöchiges Mannschaftstraining vor dem Saisonstart vorsahen. Ein früherer Start der Liga würde für uns einen deutlichen Wettbewerbsnachteil darstellen, da an anderen Standorten bereits seit Wochen in zum Teil deutlich größeren Gruppen als in Bremen trainiert werden konnte. Im Sinne der Integrität des Wettbewerbs werben wir dafür, die Saison erst nach einem zweiwöchigen Mannschaftstraining wieder zu beginnen“, erklärte Frank Baumann, Geschäftsführer Fußball bei Werder Bremen. In Mainz sieht man es ähnlich, wie an der Weser. Der SC Paderborn und RB Leipzig befinden sich bereits im kompletten Mannschaftstraining.
Seifert bestätigt 15. Mai als Re-Start
Noch am Abend entschied das DFL-Präsidium, dass es am 15. Mai losgeht.
HSV setzt auf „Coach Esume“ und zieht um
In der 2. Bundesliga starten die Teams am Donnerstag ins Mannschaftstraining. Der Hamburger SV zieht dabei in die Räumlichkeiten des Nachwuchsleistungszentrums und setzt wieder auf Patrick Esume. „Ich freue mich darauf, das Trainerteam und die Mannschaft unterstützen zu können. Der Austausch mit den Trainern und Spielern bei meinem ersten Kurzbesuch hat Appetit auf mehr gemacht und war sehr gut“, sagt „Coach Esume“. Trainer Dieter Hecking, der Esumes Mitarbeit bewilligt und gefördert hatte, empfindet die Unterstützung ebenfalls als positiv: „Patrick Esume bringt mit seinen Erfahrungen im Teamsport neue Impulse ein. Wir haben uns inhaltlich ausgetauscht, haben viele Gespräche geführt und wollen nun an die ersten Eindrücke der gemeinsamen Arbeit anknüpfen.“ Esume wird bis zum Saisonende der aktuell noch unterbrochenen Spielzeit das Trainerteam unterstützen. „Wir nutzen den Umstand, dass Patrick aktuell Zeit hat und ebenfalls von dieser Zusammenarbeit profitieren will, weil er neue Erfahrungen in einem aktuell sehr ungewöhnlichen Umfeld sammeln kann“, so Sportvorstand Jonas Boldt.
FC St. Pauli: „Profi-Fußball systematisch aus dem Ruder gelaufenen“
Oke Göttlich, Präsident der Kiezkicker äußert sich zum Neustart wie folgt: „Der FC St. Pauli steht hinter dem von 36 Clubs getroffenen Beschluss sich für eine Fortsetzung des Spielbetriebs unter Einhaltung des detailliert ausgearbeiteten Hygiene-Konzepts für den Gesundheitsschutz einzusetzen. Dementsprechend begrüßen wir die Entscheidung im Sinne der Fürsorge dem FC St. Pauli gegenüber. Die Verantwortung liegt nun bei jedem Einzelnen sich entsprechend dieser Chance zur Sicherung aller Standorte zu verhalten. Allen muss klar sein, dass dieser Re-Start auch der unbedingte Anstoß einer Debatte über die Neuausrichtung des systematisch aus dem Ruder gelaufenen Profi-Fußballs sein muss. Spiele ohne Fans bieten in allen Facetten ein gruseliges Bild, was wir alle im puren Marktglauben aus diesem Spiel gemacht haben. Das Verhältnis aus Sport, Kultur und Wirtschaft muss neu justiert werden.“
Holstein Kiel ist bereit
„Ich freue mich in erster Linie für den Profifußball und alle Menschen, die direkt oder indirekt in dieser Branche arbeiten. Ein Abbruch der Saison hätte für den Profifußball in Deutschland existenzielle Folgen gehabt. Mit dieser Entscheidung der Bundesregierung bietet sich uns nun die Chance, dieses Szenario noch abwenden zu können. Und wir werden alles daransetzen, diese Chance zu nutzen! Der Fußball hat immer gesagt, dass er bereit sein wird, wenn die Politik grünes Licht für die Wiederaufnahme des Spielbetriebes und damit auch zur originären Ausübung des Wirtschaftszweigs Fußball gibt. Das gilt selbstverständlich auch für uns, die KSV Holstein ist bereit. Wir werden die anstehenden Heimspiele mit äußerster Sorgfalt und in Anlehnung an das von der Task Force der DFL ausgeklügelt entwickelte Hygienekonzept durchführen“, wird Kiels Präsident Steffen Schneekloth auf der vereinseigenen Internetseite zitiert.
Diskussion über „Sonderrolle“
In den vergangenen Wochen wurde immer wieder Kritik an der „Sonderrolle“ des Profifußballs laut. Die vielen Tests, die nötig sind und die Infektionen, die nun schon mehrfach auftraten, bleiben Zündstoff unter „Anti-Fußballern“, aber ebenso bei Anhängern des runden Leders. Wie das Ganze ausgeht, wird man in einigen Wochen sehen…