Hamburg – „Die erwartete und erhoffte Reaktion nach der Derby-Niederlage ist ausgeblieben, da gibt es nichts schönzureden. Diese Situation müssen wir jetzt annehmen, die richtigen Schlüsse daraus ziehen und entsprechend handeln. Denn das ist unsere Krise und damit auch unsere Aufgabe, aus dieser wieder herauszukommen. Ich bin froh, dass wir mit Dieter Hecking einen sehr erfahrenen Trainer und mit Jonas Boldt einen ebenfalls erfahrenen Vorstand in unserer sportlichen Führung haben. Sie werden die richtigen Worte und Maßnahmen finden.“ So äußerte sich Bernd Hoffmann, Vorstandsvorsitzender des Hamburger SV am Sonntag auf der vereinseigenen Homepage nach der 0:3-Pleite vom vergangenen Sonnabend bei Erzgebirge Aue.
Freier Tag gestrichen! – 180 Minuten kein Tor erzielt
Der Club-Boss sprach statt Cheftrainer Dieter Hecking, der den freien Sonntag kurzfristig strich und die Mannschaft auf den Platz bat. Dabei gab es eine lange Ansprache des 55-Jährigen. Sportvorstand Jonas Boldt war ebenfalls dabei. Das Team zeigte in Aue eine unterirdische Leistung. Die Offensiv-Statistik spricht nach den absolvierten 90 Minuten eine klare Sprache: Der HSV kam nur auf neun Torschüsse, Aue 23. Seit drei Spielen sind die Rothosen ohne Sieg, holten beim 1:1 in Hannover nur einen Zähler dabei und warten seit 180 Minuten auf ein eigenes Tor. Für den Aufstiegskampf ist das zu wenig. So kann man diesen am Volkspark abhaken.
„In unserer Mannschaft steckt so viel…“
Hoffmann weiter: „Ich finde es wichtig, alles richtig einzuordnen. Wir haben zwei grottenschlechte Spiele abgeliefert, aber noch vor acht Tagen hatten wir die Situation, dass wir super ins neue Jahr gestartet waren und aus den ersten vier Spielen zehn Punkte geholt haben. Deshalb dürfen wir nicht den Fehler machen, plötzlich alles als schlecht zu erachten, was vor acht Tagen noch auf dem richtigen Weg war. In unserer Mannschaft steckt so viel, das hat sie auch schon so häufig gezeigt in dieser Saison. Das ist ja nicht alles komplett verschüttet, sondern lässt sich wieder freigraben. Da müssen wir schnell wieder hinkommen, denn wir befinden uns an einer Weichenstellung dieser Saison.“
Noch zehn Spiele
„Es sind noch zehn Spiele, sechs davon zu Hause und wir sind Tabellendritter in absoluter Schlagdistanz zu den direkten Aufstiegsplätzen. Wir haben alles selbst in der Hand. Wir müssen jetzt nur alle gemeinsam anpacken, jeder in seinem Bereich, damit wir schnell auf unseren Weg zurückkommen, von dem wir in den letzten beiden Spielen erheblich abgekommen sind. Dabei spielte sicherlich auch Druck eine Rolle, aber den müssen wir kanalisieren und damit klarkommen, das ist Teil unserer Aufgabe. Denn gerade in Hamburg und beim HSV gehört dieser Druck dazu, das war zu erwarten, da der Anspruch an den HSV die Rückkehr in die Bundesliga ist. Da gehört dieser Club auch hin. Und auf dem Weg sind wir und den werden wir weitergehen.“
Kein Selbstgänger
Der Vereinschef weiß: „Uns war allen klar, dass das Aufstiegsrennen ein Marathon wird – über 34 oder vielleicht sogar 36 Spiele. Aktuell hatten wir ein paar Rückschläge, die auf einem solch langen Weg nicht ausbleiben, und stecken in einer Krise. Das kann passieren und war für uns auch vor der Saison nicht ausgeschlossen. Gerade wenn es ins letzte Drittel der Saison geht, kann immer ein bisschen Nervosität aufkommen. Aber wir haben einen klasse Trainer, überragende Fans und eine gute Mannschaft. Deshalb schenken wir ja jetzt nach zwei schlechten Spielen nicht die Saison ab, sondern bleiben ganz eng beieinander und bündeln alle Kräfte, um wieder bessere Leistungen und Ergebnisse zu liefern und unseren kontinuierlichen und insgesamt guten Weg fortzusetzen.“
Fans sauer – Hoffmann zeigt Verständnis
„Die Reaktion der Fans nach dem Derby war angemessen, hat den einen oder anderen Spieler aber trotzdem sehr getroffen. Dass es die Mannschaft in Aue spielerisch nicht gut genug gemacht hat, hat damit aber nichts zu tun. Und auch dort waren die Emotionen einiger Anhänger nachvollziehbar, wobei der Großteil meiner Meinung nach sehr wohl sieht, dass wir uns abgesehen von den letzten beiden Spielen insgesamt auf einem guten Weg befinden. Dieses Miteinander ist eines der größten Pfunde, die der HSV besitzt. Die Fans unterstützen die Mannschaft seit Jahren und auch in dieser Saison in einer überragenden Art und Weise – und diesen Zusammenhalt zwischen Fans, Club und Mannschaft wieder zu 100 Prozent hinzubekommen, das ist jetzt die Aufgabe. Es bringt nichts, in der derzeitigen Situation auf die Mannschaft oder einzelne Spieler einzuschlagen, denn wir können den Weg bis an unser Ziel nur gemeinsam erfolgreich gehen.“ Nach der Partie in Aue gab es verbale Auseinandersetzungen zwischen den mitgereisten Anhängern und den Profis. Einige kletterten über den Zaun und gingen Spieler an.
Letschert wieder okay – Ewerton fällt aus
Timo Letschert taumelte am Sonnabend eine Viertelstunde vor Schluss benommen vom Platz. Er war zuvor mit Rick van Drongelen bei einem Kopfball zusammengeprallt. Für den Brasilianer Ewerton zählt das vermutlich nicht. Er soll nach Aussage Heckings eine Innenband-Verletzung im Knie erlitten haben. Das Untersuchungsergebnis steht noch nicht fest. Bitter für den 30-Jährigen, der im vergangenen Sommer vom 1. FC Nürnberg nach Hamburg wechselte. In Aue war es nach 24 Saisonspielen überhaupt erst sein fünfter Einsatz.
Arminia Bielefeld konstant – Showdown steht bevor
Dass Spitzenreiter Arminia Bielefeld Tabellenführer bleibt, war schon vor dem 1:0-Sieg der Ostwestfalen am Sonntag gegen SV Wehen Wiesbaden klar. Der Vorsprung auf den VfB Stuttgart beträgt nun sechs Punkte und auf den Hamburger SV sogar neun. Hier zeigt die Vergangenheit, dass ein Verein, der zu diesem Zeitpunkt einer Saison so einen Abstand hinter sich gebracht hat, am Ende aufsteigt. Tritt das wirklich ein, kommt es zum Duell zwischen Stuttgart und Hamburg. Alle drei treffen in den kommenden Wochen aufeinander. Bielefeld muss am 9. März zu den Schwaben und am 21. März zum HSV. Am 6. April sind die Rothosen zu Gast in Stuttgart.
HSV weiter als Aufbaugegner oder mit Wende?
Bevor diese drei Showdowns anstehen heißt es für Hecking seine Mannschaft wieder auf Kurs zu bringen. Am Sonnabend ist SSV Jahn Regensburg im Volkspark der nächste Gegner. Die Regensburger sind in der Tabelle auf Rang neun, verloren die vergangenen beiden Begegnungen in Stuttgart (0:2) und zuhause gegen Schlusslicht Dynamo Dresden (1:2). Gegen den HSV sieht die Bilanz aber positiv aus: zwei Siege und ein Unentschieden gab es. Dabei dürften sich die Fans noch sehr gut an den 23. September 2018 erinnern. Da gewannen die Regensburger mit 5:0 in Hamburg…
„Honeymoon is over!“
Hoffmann stellte am Ende der Gesprächsrunde noch eines klar: „Honeymoon is over!“ Das sollten die Akteure nun endlich begriffen haben und ihren Einsatzwillen um einiges nach oben schrauben.