Hier Weihnachtsstimmung, in Katar Alarm: Das sagen die Kreisligisten zur WM

HL-SPORTS-Redakteur Gerrit Loleit machte sich Gedanken vor dem Spanien-Spiel und holte sich Meinungen ein

Weihnachtsmarkt Lübeck Innenstadt. Foto: Lobeca/Marcus Kaben
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Lübeck – Während man sich in Norddeutschland winterlich einstimmt, vielleicht schon einmal über den Weihnachtsmarkt schlenderte, trifft über 6.000 Kilometer entfernt von Lübeck Deutschland in Al-Khor am Sonntagabend um 20 Uhr im zweiten WM-Gruppenspiel auf Spanien. Dabei geht es für die Nationalmannschaft von Trainer Hansi Flick schon um alles. Die „La Seleccion“ stellte ihre Qualitäten bereits beim Auftakt gegen Costa Rica unter Beweis. Die Spanier gewannen mit 7:0 und sind gegen die Deutschen der Favorit.

2018 again?

Wie schon in der WM 2018 hat es Deutschland geschafft bereits in dem zweiten Gruppenspiel ein Endspiel vor der Brust zu haben. Alles als ein Sieg bedeutet fast das Aus bei der Weltmeisterschaft in Katar. Bei einem Unentschieden muss darauf gehofft werden, dass Japan nicht gegen Costa Rica gewinnt. Dann benötigt man ein besseres Torverhältnis als es Japan hat. Vorausgesetzt Deutschland gewinnt danach gegen Costa Rica und Japan verliert gegen Spanien. Am besten wäre es jedoch, wenn Deutschland drei Punkte gegen Spanien holt und es nicht zu Rechenspielchen werden lässt. Soweit die Rechenspielchen vor der Begegnung.

Keine guten Vorzeichen vor dem Spiel gegen „La Furia Roja“

Es wird spannend zu sehen sein, mit welchem System sich Flick der drückenden Spielweise gegen Spanien stellen wird. Die vorerst letzten beiden Spiele gab es 2020 in der Nations League. Mit einem 0:6-Debakel gingen die Deutschen unter. In diesem Spiel hat Ex-Bundestrainer Joachim Löw in dem klassischen 4-2-3-1 spielen lassen. Im Hinspiel hingegen wurde auf eine Fünferkette gesetzt, die zu einem Unentschieden führte. Da die Spanier gerne viel Ballbesitz haben, die Außenverteidiger in Überzahl über die Flügel hochschieben lassen und gerne horizontale Pässe zur Verlagerung spielen, wäre möglicherweise eine hintere Kette aus fünf Spielern ein logischer Ansatz, um sich gegen das spielstarke Team von Luis Enrique zu wehren. Dadurch kann das Zentrum dichter gemacht werden und auf ein effektiveres Umschaltverhalten mit den beiden Flügelverteidigern sowie sogar einer Doppelspitze gesetzt werden. Hintergrund: Die Spanier haben keine gute Konterabsicherung, ähnlich wie das DFB-Team. Ob jedoch im aktuellen Kader die Spieler für eine Fünferkette geeignet sind, ist fraglich. Das letzte Mal, dass Deutschland ein Pflichtspiel gewann, war bei der Europameisterschaft 1988. Das ist schon eine Weile her.

Ein Zeichen im Sinne des Sports hat Flick dennoch in seiner Pressekonferenz am Sonnabend ein Tag vor dem Endspiel gesetzt. Kein Spieler Mannschaft erschien. Eine Reise von drei Stunden Fahrt hat er seinen Jungs erspart, damit sich jeder voll und ganz auf die Begegnung mit den Spaniern konzentrieren kann.

Das leidige Thema: Die Stürmerfrage

Man war bereits vor dem Spiel gegen Japan der Meinung, dass Deutschland unbedingt einen echten Neuner braucht, um erfolgreich in das Turnier zu starten. Dem war nicht so. Im Nachhinein lässt sich das natürlich leichter sagen, dennoch setzte Kai Havertz in 79 Minuten nicht einen Schuss auf das gegnerische Tor ab, gewann nur einen von fünf Zweikämpfen und stand dreimal im Abseits. Niclas Füllkrug hingegen stand insgesamt, mit der üppigen Nachspielzeit von neun Minuten, für 20 Minuten auf dem Feld. Er gab in dem Zeitraum immerhin einen Schuss ab und entschied zwei von vier Zweikämpfen für sich. Zum Ende des Spiels wurden vermehrt lange Bälle geschlagen und zeigt, dass Havertz mit seiner Rolle als “falsche Neun“ nicht gut ins Flick-System passt. Aus diesem Grund sind mehr als die Hälfte der befragten Kreisligatrainer der gleichen Meinung. Füllkrug gehört in die Startelf der deutschen Nationalmannschaft. Ebenfalls wurde häufig der Name Youssoufa Moukoko im Zusammenhang mit dem Bremer als Doppelspitze genannt. Wie bereits erwähnt, würde diese Möglichkeit im Falle eines Systems mit fünf Verteidigern infrage kommen, um einen Stürmer zu haben, der Bälle festmacht – durch Flanken anspielbar ist und “steil-klatsch“ zu spielen, um die Schnelligkeit von Moukoko auf den Platz zu bringen.

16 Meinungen, die wirklich interessant sind…

HL-SPORTS fragte bei vielen Kreisliga-Trainern aus der Region, wie sie die aktuelle WM sehen. Schauen sie die Spiele überhaupt? Kommt Deutschland weiter? und wer soll im Angriff spielen?

Ähnlich wie bei der User-Umfrage von HL-SPORTS vor der Weltmeisterschaft war das Ergebnis gespalten. Von 16 befragten Trainern und Spielern schauen sich acht regelmäßig die Spiele an, wiederum fünf gelegentliche Partien und drei haben gar kein Interesse, sich die “Katar-Games“ anzuschauen.

Bei der Frage zum Weiterkommen sah es wie folgt unter den Kreisliga-Coaches aus: Fünf sagen „ja“, acht sehen keine Option für ein Achtelfinale, zwei sind sich nicht sicher und einem ist es völlig egal.

Welchen Stürmer sie vorne sehen, ist ziemlich eindeutig. Neun wollen Füllkrug, gefolgt von Moukoko (4), auch als Doppelspitze. Havertz, Gnabry und Müller fanden einen “Mini-Zuspruch“.

Das sagen die “Kreisliga- Entsandten“ aus der Region vor dem Spiel:

„Bezeichnend für das Unvermögen“

Jonah Gaertner (Spieler, Bramstedter TS): „Schon aufgrund der Zeitverschiebung ist es schwierig, Spiele während der frühen Anstoßzeiten zu verfolgen. Vielen Arbeitnehmern und Studenten bleiben also nur noch die beiden Abendspiele zum Gucken. Aber generell kam bisher und wird auch sicherlich keine richtige WM-Stimmung aufkommen. Eine WM im Winter und die korrupte Vergabe nach Katar, das schreckt einen immer mehr davon ab, die Spiele zu gucken. So richtig kann man nicht mehr an ein Weiterkommen glauben. Das Spiel gegen die Spanier wird auf allen Ebenen eine Charakterprüfung. Spanien ist den Deutschen in gefühlt allem überlegen. Deswegen denke ich zwar, dass es ein enges Spiel werden könnte, Deutschland aber insgesamt nicht weiterkommt. Dass diese Frage zum Sturm gestellt wird, ist bezeichnend für das Unvermögen der deutschen Nationalmannschaft, kreativ zu sein und Tore zu schießen. Für die aktuelle Torquote spricht natürlich Füllkrug. Er ist aber eher der Stoßstürmer, der über Flanken in die Abschlusssituation kommt. Dann sehe ich aber keine Spieler, der die Flanken dementsprechend schlagen kann. Havertz wirkt ausgelaugt, ohne jegliche Power und Willen, zum Abschluss zu kommen. Für mich sollte Moukoko stürmen. Als weitere Option sehe ich noch Thomas Müller im Sturm. Auch wenn er sicherlich nicht der klassische Stürmer ist, wäre er zu jeder Zeit in der Lage, ein Tor aus dem Nichts zu schießen – ein Merkmal, welches ihn wohl überaus treffend beschreibt.“

Jonah Gaertner, Torjäger bei der Bramstedter TS. Foto: BT/oH

„Ein paar Überraschungen waren dabei“

Stephan Kliesmann (Trainer, Eintracht Groß Grönau II): „Ja, ich verfolge die WM. Ein paar Überraschungen waren ja bereits dabei. Ich denke schon, dass Deutschland weiterkommen wird, als Zweiter. Meiner Meinung nach sollte man Füllkrug mal eine Chance geben oder sogar Moukoko.“

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Stephan Kliesmann sagt: „Deutschland kommt weiter.“

„Wenig Begeisterung für diese WM“

Mike Baaske (Trainer, SV Wahlstedt): „Ich schaue tatsächlich wenig Spiele. Erstens wegen der Anstoßzeiten und auch so kommt wenig Begeisterung für diese WM auf. Die Chance auf das Weiterkommen ist jetzt auch nicht größer geworden nach der Niederlage der Deutschen. Gegen Spanien hat man ein echtes Endspiel. 50/50 schwer zu sagen. Da ich selbst auch Stürmer war, bin ich da ein wenig “Oldschool“. Ich würde Niclas Füllkrug als Mittelstürmer spielen lassen und auf den Flügeln Leroy Sane und Serge Gnabry“

Mike Baaske (Trainer SV Wahlstedt).

„Kleinere Brötchen backen“

Arne Gromoll (Co-Trainer, SV Wahlstedt): „Ich schaue fast gar nicht. Die meisten Spiele fallen in die Arbeitszeit. Ich sehe uns auch nicht mehr unter den großen Nationen. Wir müssen uns darauf einstellen, kleinere Brötchen zu backen. Im Sturm? Füllkrug, auch wenn er nur dabei ist, weil die Presse nach einem Stürmer geschrien hat.“

„Das ist mir zu billig“

Mark Galander (Trainer, Eintracht Bad Segeberg): „Diese ganze WM ist natürlich eine Farce, aber für die deutschen Spiele habe ich mir freigenommen. 30 Jahre hatten wir viel zu feiern und jetzt wo es nicht läuft oder die Umstände blöd sind, hauen alle drauf. Das ist mir zu billig. Ansonsten gucke ich mir Spiele an, wenn es zeitlich passt. Die Kanadier waren großartig. Spanien ist natürlich eine Hausnummer, vor allem wenn du auf Sieg spielen musst. Da muss dann alles passen am Sonntag. Aber das Spiel gegen Japan war grundsätzlich okay. Das 2:0 lag in der Luft und dann passiert da auch nichts mehr. Hinten die Fehler abstellen und vorne geiler auf die Kiste werden. Ich würde Füllkrug reinschmeißen. Unbeschwert und gut in Form.“

„Sonst bräuchte man gar nicht zu spielen“

Matthias Fäseke (Abteilungsleiter, TSV Berkenthin): „Die Vergabe an Katar war natürlich völlig falsch, dennoch gucke ich die Spiele, aber es ist deutlich anders als bei der letzten WM. Ein Weiterkommen ist nach der Niederlage und vor dem schweren Spiel gegen die jetzt mit der breitesten Brust auftretenden Spanier fast unwahrscheinlich, dennoch glaube ich an einen Einzug ins Achtelfinale, sonst bräuchte man gar nicht zu spielen. Vielleicht sollten nun mal die ran, die zuletzt in der Bundesliga in sehr guter Form waren, sprich Moukoko, Hofmann, Musiala und Brandt. Egal, wie du es als Trainer machst, wenn du verlierst, hast du es falsch gemacht.“

Mark Seemann (Trainer TSV Schlutup)

„Ich schaue jedes Spiel“

Mark Seemann (Trainer, TSV Schlutup): „Ja, ich bin da ehrlich, ich schaue jedes Spiel, was ich zeitlich gucken kann mit der Arbeit. Dass dort einiges nicht richtig läuft, ist denke ich jedem klar und auch dass ich selbst eine WM in einem Land mit Fussi-Kultur sehe ist auch so, trotzdem wird das Turnier jetzt dort gespielt und sportlich schaue ich mir da wie gesagt alles an. Leider wird es nichts mit dem Achtelfinale. Ich lasse mich sehr gerne überraschen, denke aber nicht, dass wir beide Spiele gewinnen werden. Ja, das ist ja nicht erst ein Problem mit dem Angriff seit dem Japan-Spiel. Uns fehlt dort einfach ein Stürmer auf Weltklasse-Niveau. Ich persönlich habe mich vor dem Japan-Spiel für Havertz ausgesprochen, auch wenn das nun auch nicht funktioniert hat. Ob es mit Füllkrug oder Moukoko besser gelaufen wäre, wie viele sagen, ist ja auch nur rein hypothetisch.“

„Sascha Stange würde im Angriff helfen“

Lennart Burmeister (Fußballobmann, TSV Gudow): „Ja, gelegentlich sehe ich mir die WM an, aber nicht so emotional, wie zum Beispiel bei der WM 2014. Es ist dennoch ein guter Zeitvertreib ohne die Bundesliga. Es wird natürlich schwer, aber wahrscheinlich gewinnen wir am Sonntag und verlieren dann gegen Costa Rica, ähnlich wie 2018. Ein Sascha Stange würde der Mannschaft natürlich im Angriff helfen. Aber beim aktuellen Kader würde ich Müller vorne reinstellen und Musiala auf der Zehn und Lücke als Joker vorne rein.“

„Deutschland scheidet in der Gruppenphase aus“

Kacper Kmiec (Co-Trainer, SVT Bad Oldesloe): „Ja, ich schaue mir die Spiele der WM an. Nein, Deutschland scheidet in der Gruppenphase aus. Moukoko und Füllkrug als Doppelspitze“

Lennart Larsson und Patrick Hempel bilden das Trainerteam beim FC Dornbreite II.

„Er wird sich den Hintern aufreißen“

Patrick Hempel (Trainer, FC Dornbreite II): „Gelegentlich gucke ich die Spiele, aber nicht so konstant wie in den vergangenen Jahren. Wir scheiden aus, da wir defensiv wie auch offensiv zu viele Baustellen haben. Was ja leider auch nicht erst seit ein paar Monaten so ist. Füllkrug sehe ich vorne, da man sich bei ihm sicher sein kann, dass er sich den Hintern aufreißen wird und er die körperliche Präsenz in der Box hat.“

„Die richtige Entscheidung“

Jan Mehlfeld (Liga-Manager, ATSV Stockelsdorf): „Wir schauen uns die Spiele an, wenn es zeitlich möglich ist. Ich glaube, wir werden weiterkommen. Zwei Siege und wir sind weiter. Zur Aufstellung im Angriff, denke ich, dass jeder seine Chance verdient und seine Qualitäten hat. Der Nationaltrainer wird schon die richtige Entscheidung treffen.“

Kevin Berens (Trainer TuS Lübeck). Foto: Tom‘s Adventure

„Spanien ist zu stark“

Kevin Berens (Trainer, TuS Lübeck): „Die Spiele schaue ich mir an, wenn es die Zeit zulässt. An ein Weiterkommen der Nationalmannschaft glaube ich tatsächlich nicht, da Spanien zu stark sein wird. Niclas Füllkrug sollte gegen Spanien von Beginn an stürmen.“

Warten wir es ab…

Egal, was wir und die Kreisliga-Experten heute sagen. Am Sonntag um 20 Uhr ist es das Todesspiel für Deutschland. Gewinnen wir, ist Japan erst einmal vergessen. Verliert man, kann man die Koffer packen und die Diskussionen rund um die WM verlagern sich auf „die Mannschaft“ und deren Verantwortliche.

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