HSV kann nicht ohne Nervenkitzel: Pokal-Krimi gegen KSC im Elfmeterschießen

Glatzel rettet Rothosen und Heuer Fernandes hält wie verrückt

Elfmeterschießen: Daniel Heuer Fernandes hält den 11er von Marvin Winitzek (KSC). Foto; Lobeca/Norbert Gettschat

Hamburg – Der Hamburger SV steht im Halbfinale des DFB-Pokal. Nach einem langen Mittwochabend gewannen die Rothosen vor 25.000 Zuschauern gegen den Karlsruher SC mit 5:4 (2:2, 0:1) nach Elfmeterschießen und sind damit der letzte Zweitligist im Wettbewerb. Dabei hatte die Begegnung alles, was man sich nur vorstellen kann. Es war spannend bis zum bitteren Ende.

Hamburger Jubel, die Mannschaft des HSV hat das Halbfinale erreicht. Foto: Lobeca/Norbert Gettschat

Die 1. Halbzeit: Klasse Spiel

Man merkte beiden sofort an, dass sie dieses Spiel gewinnen wollten. Es war ein Aufeinandertreffen auf Augenhöhe mit leichten Vorteilen für den HSV. Die erste Chance ging auf das Konto der Badener: Hofmann köpfte in der 12. Minute und Heuer Fernandes pflückte sich das Leder. Im direkten Gegenzug verlief sich Jatta vor dem KSC-Gehäuse. Die bis dahin beste Möglichkeit hatte Kollege Kittel (18.) mit einer Direktabnahme, die links am Pfosten vorbeizischte. Es ging hin und her, denn auf der anderen Seite umspielte Goller Hamburgs Torwart, doch Schonlau rettete vor dem leeren Tor. Szenenwechsel: Glatzel (20.) wurde im Strafraum gestoßen, doch das war zu wenig für einen Strafstoß. Ein Freistoß für die Rothosen kam als Bumerang zurück. Choi (21.) tauchte vor Heuer Fernandes auf, der den Abschluss mit der Schulter parierte. Chancen im Minutentakt: Glatzel (24.) per Kopfball über den Kasten. Danach legten beide Sturmreihen gönnten beiden Schlussleuten eine Pause. In der 35. Minute landete eine Kittel-Hereingabe abgefälscht am Außennetz. Bei der folgenden KSC-Führung halfen alle elf Hamburger mit. Gyamerah riss Cueto vor dem eigenen Strafraum ohne große Sorge um, Heuer Fernandes bekam seine Mauer nicht korrekt gestellt und das erkennte Philip Heise (40.) und legte die Kugel genau in diese freie Ecke. 1:0 für die Karlsruher zur Pause.

Robert Glatzel hebt den Ball über Torwart Marius Gersbeck (KSC) hinweg und trifft zum 1:2. Foto; Lobeca/Norbert Gettschat

Nach der Pause: Hamburg kommt zurück

Im zweiten Durchgang erhöhten die Gäste fünf Minuten nach Wiederanpfiff auf 2:0. Die Hamburger Abwehr noch im Tiefschlaf, ging es schnell über links und einem Schuss von Wanitzek, den Vuskovic abfälschte. Heuer Fernandes ließ den Ball direkt vor die Füße von Philipp Hofmann abprallen und der bedankte sich mit einem Abstauber. Der HSV schüttelte die kalte Dusche schnell ab, denn nur zwei Minuten später setzte sich Chakvetazde auf der linken Seite durch und fand mit seiner Flanke Robert Glatzel in der Mitte. Dieser köpfte die Kugel über KSC-Keeper Gersbeck zum Abschluss. Hamburgs Coach Walter wechselte, brachte Reis und Vagnoman für Kinsombi und den gelb-rot gefährdeten Gyamerah. Drei Minuten später durfte Chakvetadze die Bühne für Alidou frei machen. Die nächste größere Möglichkeit hatte Jatta (63.) mit einem Schuss aus 20 Metern, der das Ziel nur knapp verfehlte. Die Hamburger erhöhten den Druck, waren allerdings nicht so zwingend dabei. Dann die 67. Minute: Kittel passte scharf vor die KSC-Hütte und in der Mitte prallten Glatzel und Kobald zusammen. Schiri Felix Zwayer zeigte sofort auf den Elfmeterpunkt. Der Video-Assistent meldete sich zu Wort und die Szene wurde überprüft. Zwayer blieb dabei: Strafstoß für den HSV und Philip Kobald wurde sogar noch mit Gelb-Rot vom Platz gestellt. Den schwach geschossenen Strafstoß von Kittel parierte Gersbeck. Danach wurde es wild. Die Hamburger rannten kopflos an, ohne Erfolg. Die Wechsel brachten auch nur zum Teil den gewünschten Effekt. Reis tauchte nicht auf und Alidou knüpfte an seine schlechte Leistung aus dem Nordderby gegen Werder Bremen vor drei Tagen an. Nur Vagnoman fand sofort statt und machte eine gute Figur. Auch Wintzheimer fügte sich gut ein, als er zehn Minuten vor dem regulären Ende in die Partie kam. Die Nachspielzeit (sechs Minuten) begann und die Rothosen trafen zum 2:2-Ausgleich. Wie? Jatta brachte den Ball scharf vor in den Fünfmeterraum und dort stand erneut Robert Glatzel goldrichtig und rettete seine Mannschaft mit der Fußspitze in die Verlängerung.

Robert Glatzel macht das 2:2 kurz vor Schluss der regulären Spielzeit. Foto; Lobeca/Norbert Gettschat

Die Verlängerung: KSC platt

Extra-Zeit im Volkspark, doch Extra-Torchancen gab es in den beiden zusätzlichen Halbzeiten nicht viele. Im ersten Durchgang hatte Kittel (104.) noch die beste, doch Gondorf warf sich in des Hamburgers Schuss. Nach dem erneuten Seitenwechsel durfte Alidou schon wieder raus (wurde nach seiner Einwechselung wieder ausgewechselt – Höchststrafe?!), war es nur noch ein Spiel auf ein Tor, denn der KSC war sichtlich platt. Jatta dafür rannte unermüdlich nach vorne und hätte noch zum Matchwinner werden können. Sein Schuss in der 116. Minute ging aber über das Tor von Gersbeck. Keine weiteren Tore und das bedeutete zum dritten Mal in dieser Pokalsaison ein Elfmeterschießen für den HSV.

Das Elfmeterschießen: DHF wieder der Held

Die „Lotterie“, wie es KSC-Trainer Christian Eichner es hinterher betitelte, ging denkbar schlecht für die Hamburger los. Nachdem Gondorf für die Gäste traf, scheiterte Hamburgs Kapitän Schonlau an Gersbeck. Danach trafen Heise und Vagnoman für beide Teams. Wanitzek scheiterte an Daniel Heuer Fernandes. Vuskovic traf zum 5:4 für die Rothosen. Van Rhijn musste für die Karlsruher treffen und tat es nicht, weil „DHF“ (war schon in Nürnberg und Köln der Held) seinen zweiten Elfmeter parierte. Glatzel traf nochmal für den HSV und der letzte Schuss von O’Shaughnessy prallte an den Pfosten. Schluss! Der Hamburger SV steht im Halbfinale.

HSV-Jubel nach dem Viertelfinale gegen den KSC. Foto: Lobeca/Norbert Gettschat

Das Fazit: Alles, was man sich wünscht

Es war ein wirklich tolles Spiel, denn es hatte alles, was man sich im Pokal als neutraler Zuschauer wünscht. Platzverweis, Elfmeter (verschossen), Tor in der Nachspielzeit, Verlängerung und Elfmeterschießen zwischen Bangen und Hoffen. Der KSC hat eine klasse Partie abgeliefert, wurde beim Zweikampf von Philip Kobald mit einem Strafstoß und der Gelb-Roten Karten zu hart bestraft und somit fehlte es am Ende an Glück. Der HSV dagegen lag 0:2 hinten, fand immer besser ins Spiel und kam zurück, erarbeitete sich die Chance für das Weiterkommen und wurde belohnt, auch weil ein Bakery Jatta nach der Pause aufdrehte und ein Daniel Heuer Fernandes eine ganz starke Leistung auf der Linie ablieferte. Die zwei Millionen Euro Mehreinnahmen stehen den Rothosen sicherlich auch nicht schlecht. Nachzuvollziehen war der Startelfwechsel von Faride Alidou und Ludovit Reis zu Giorgi Chakvetazde sowie David Kinsombi, die beide eine Belebung für das Offensivspiel waren. Insbesondere der Georgier machte Spaß und bereitete den Anschlusstreffer vor. Alles in allem aber hat Tim Walter alles richtig gemacht, denn er hat das Halbfinale erreicht, auch wenn sich seine Mannschaft schwertat. Das interessiert aber heute niemanden mehr.

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Die Stimmen nach dem Spiel

Christian Eichner (Karlsruhe): „Wir haben ein überragendes Fußballspiel von zwei Mannschaften gesehen, die sich lange genug kennen. Die gesamte Spielzeit hat gezeigt, wofür beide Mannschaften stehen. Wir haben einen Ticken gebraucht, um ins Spiel rein zu finden. Die Jungs haben es aber besser in den Griff bekommen. Je länger das Spiel in der ersten Halbzeit dauerte, desto besser hatten wir es aus unserer Sicht unter Kontrolle. Aus der Qualität der Chancen gehen wir nicht unverdient in Führung. Nach der Halbzeit haben wir sogar das Break mit dem 2:0. Dann kommt das Brutale im Fußball: das schnelle Gegentor. Dazu kam dann wenige Zeit später der Elfmeter und die Gelb-Rote Karte, was fast eine Stunde in Unterzahl bedeutete. Der Ausgleich fällt dann in der 91. Minute. So brutal kann Fußball sein. Elfmeterschießen ist dann eine Lotterie. Da gab es auch alles, was das Spiel hergegeben hat. Glückwunsch an den HSV.“

Tim Walter (Hamburg): „Es ist schwer, dieses Spiel so kurz nach dem Ende nüchtern Revue passieren zu lassen. Die Emotionen sind noch immer da. Die Freude bei uns ist sehr groß. Zugleich finde ich die Niedergeschlagenheit beim KSC sehr bedauerlich. Es gibt im Elfmeterschießen nur einen Sieger. Wir waren die glücklichere Mannschaft durch einen überragenden Torhüter. Vom Spielverlauf her haben wir ein sehr intensives Spiel gesehen. Wir haben uns das Leben in der ersten Hälfte etwas schwer gemacht und sind in Rückstand geraten. Wir haben uns in der Kabine gesammelt, bekommen dann den nächsten Nackenschlag. Wie die Jungs dann ihr Spiel durchgezogen haben, war sehr, sehr gut. Das wünsche ich mir für die Zukunft über die komplette Spieldauer. Ich bin sehr stolz auf meine Mannschaft, wie sie immer wieder zurückkommt, nie aufgibt und sämtliche Widerstände überwindet.“  

Sonny Kittel verschießt seinen Strafstoß in der regulären Spielzeit. Foto: Lobeca/Norbert Gettschat

DFB-Pokal-Viertelfinale (1./2.3.)

Union Berlin – FC St. Pauli 2:1
Hamburger SV – Karlsruher SC 5:4 n.E.
Hannover 96 – RB Leipzig 0:4
VfL Bochum – SC Freiburg 1:2 n.V.

Auslosung

Das Halbfinale wird am kommenden Sonntag (6.3.) um 19.15 Uhr in der „ARD-Sportschau“ ausgelost. Im Lostopf sind der Zweitligist Hamburger SV sowie die Bundesligisten 1. FC Union Berlin, RB Leipzig und SC Freiburg.

Termine

Halbfinale I: Dienstag, 19. April, 20.45 Uhr
Halbfinale II: Mittwoch, 20. April, 20.45 Uhr
Finale in Berlin: Sonnabend, 21. Mai

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