HSV-Torhüter Tom Mickel
Foto: Lobeca/Kaben

Hamburg – Am Sonnabend spielt der Hamburger SV in der 2. Bundesliga um 13 Uhr im Volksparkstadion gegen den Tabellenvorletzten Dynamo Dresden. Ersatztorhüter Tom Mickel ist dann natürlich auch mit dabei, wird aber von der Bank seinen Kollegen die Daumen drücken. HL-SPORTS traf den 30-Jährigen, der bereits seit zehn Jahren für die Rothosen spielt.

HL-SPORTS: Hallo Tom, so eine Länderspielpause der Kollegen ist doch für diejenigen, die nicht unterwegs sind etwas langweilig wie ist da so der Tagesablauf und die Stimmung?

Tom Mickel: Nein, langweilig ist es auf keinen Fall. In Länderspielpausen trainieren wir in der Regel von montags bis freitags, zudem ist meistens ein Testspiel angesetzt. Das ist immer gut für diejenigen, die in der Liga nicht so oft spielen. So erhalte ich zum Beispiel eine Halbzeit Einsatzzeit. Im Training sind wir in der Länderspielpause eine kleinere Gruppe und können Spielformen absolvieren, die mit dem ganzen Kader nicht unbedingt möglich wären. Das ist eine gute Abwechslung.

HL-SPORTS: Du kennst das Gefühl ja auch, ist allerdings nun schon ein „paar Tage“ her, als du für die Nachwuchsmannschaften von Deutschland gespielt hast. Was für Erfahrungen hast du daraus mitgenommen?

Tom Mickel: Es war für mich immer eine Ehre, für Deutschland nominiert zu werden. Ich durfte dabei sein, als wir 2008 gemeinsam U19-Europameister wurden. Das ist schon etwas Besonderes und bleibt hängen. Mit Dennis Diekmeier hatte ich sogar das Glück, sowohl in der Nationalmannschaft als auch hier beim HSV zusammenzuspielen. Das verbindet uns bis heute. Immer wenn wir uns sehen, kommen Erinnerungen an diese Zeit hoch. Darauf bin ich auch ein Stück weit stolz.

HL-SPORTS: Stichwort Erfahrung: Nicht so schöne gab es ebenfalls. Dabei ist der Abstieg mit dem HSV aus der 1. Liga und der verpasste Aufstieg dorthin zurück sicher ein Kapitel in deinem Leben, was man verarbeiten muss. Wie motiviert man sich in solchen Zeiten?

Tom Mickel: Der Abstieg tat weh. Da ging eine Geschichte zu Ende, die den HSV ausgemacht hat. Ich konnte auch im Urlaub danach nur schlecht abschalten, der Abstieg war immer präsent. Aber irgendwann haben wir alle den Blick wieder nach vorne gerichtet. Dann ging es darum, den Verein wieder nach vorne zu bringen. Ich habe während dieser Zeit sehr viel mit meinen Mitspielern und meiner Familie darüber gesprochen. Immer wenn man scheitert, will man natürlich etwas Neues schaffen und es beim nächsten Mal besser machen. Daraus ziehe ich viel Motivation.

HL-SPORTS: Ohne es abwertend zu meinen bist du vermutlich die wertvollste Nummer 2 im Tor eines Bundesligisten. Du bist immer gut gelaunt und nimmst diese Rolle ohne Murren an. Du scheinst ein Typ zu sein, der sich selbst nicht so wichtig nimmt. Bist du privat auch so?

Tom Mickel: Danke für das Kompliment (lacht). Fußballprofi und Teil dieser Mannschaft zu sein, ist für mich wirklich etwas Besonderes. Ich bin glaube ich auch privat ein ganz ordentlicher Typ, der sich selbst nicht zu ernst nimmt. Lediglich vor meinen zwei Kids muss ich manchmal etwas strenger sein. Das kriegen meine Frau und ich aber ganz gut hin.

✍️ Tom Mickel has extended! The 28-year-old goalkeeper has agreed a new deal with HSV, keeping him at the club until summer 2019 🔵⚪⚫ #nurderHSVPosted by HSV on Thursday, June 8, 2017

HL-SPORTS: Torwart 1, 2 und 3. Du bist da, wenn es brennt oder es um Unterstützung geht. Wie siehst du die Hierarchie bei euch?

Tom Mickel: Ferro (Daniel Heuer Fernandes) ist bei uns die Nummer 1, hat alle Ligaspiele bestritten und uns mit seinen Paraden auch schon den einen oder anderen Punkt festgehalten. Polle (Julian Pollersbeck) und ich sind dahinter. Wir alle geben jeden Tag im Training Vollgas. Jeder von uns dreien will immer der beste Torwart sein, der er sein kann.

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HL-SPORTS: Wann hast du denn Mal schlechte Laune – abgesehen vielleicht bei Niederlagen deiner Mannschaft?

Tom Mickel: Ich bin ein bisschen mürrisch, wenn ich wenig Schlaf bekomme, zum Beispiel wenn wir spät von einer Auswärtsfahrt zurückkommen. Ansonsten freue ich mich jeden Tag darüber, dass ich genau das machen darf, was mir Spaß macht: Profitorwart zu sein. Auch wenn das ab und zu mit einem anstrengenden Training und einem Muskelkater zusammenhängt (lacht).

HL-SPORTS: Du hast nun auch schon den einen oder anderen Trainer und Sportdirektor kennengelernt. Hecking, Bremser, Schweinsteiger und Boldt heißen diese nun: Was ist für euch Spieler nach einem knappen halben Jahr nun anders?

Tom Mickel: Unsere Verantwortlichen leben den Weg, den wir gehen wollen, komplett vor. Zwischen sie passt kein Blatt. Sie verstehen es sehr gut, uns Spieler auf diesem Weg mitzunehmen. Das haben wir auch im Fall von Bakery Jatta gesehen, als sich die Verantwortlichen klar positioniert haben. Das hat uns als Mannschaft noch einmal gezeigt, dass hier alle füreinander einstehen. Wir können uns gut an unseren Trainern und den Verantwortlichen im Verein orientieren.

HL-SPORTS: Ein Blick auf das Sportliche: In Wiesbaden und Kiel fielen Tore in der letzten Sekunde – einmal gegen euch und einmal für euch. Was macht das mit dir emotional, wenn du auf der Bank sitzt und gar nichts tun kannst?

Tom Mickel: In Wiesbaden haben wir die Punkte, mit denen wir nach der 1:0-Führung und der Überzahl durchaus gerechnet haben, in der letzten Sekunde verloren. Das war bitter. Umso schöner hat es sich in Kiel angefühlt, als wir den Punkt in Unterzahl noch erkämpft haben. Fußball kann in beide Richtungen ab und zu ganz fies sein. Klar ist: Wir wollen in Zukunft keine Punkte mehr so spät weggeben.

HL-SPORTS: Dresden kommt jetzt in den Volkspark und es werden sicherlich wieder richtig viele Gäste-Fans mitkommen. Du bist auch ein Fußball-Fan. Wie geil sind solche Spiele, wo es auf den Rängen richtig Stimmung gibt – im Vergleich vielleicht zu Sandhausen, die nicht so viele Anhänger mitbringen?

Tom Mickel: Fußball lebt von Emotionen in den Stadien. Im Volkspark ist bei Heimspielen unglaublich viel los, worauf wir alle sehr stolz sind. Trotz der vergangenen, sportlich schwierigen Jahre, wissen wir die Leute hinter uns. Alle gucken nach vorne, das merkt man. Wir haben zu Hause eine gute Serie, die wir am Sonnabend ausbauen möchten.

HL-SPORTS: Letzte Frage: Was wünscht du dir privat und für deine sportliche Zukunft?

Tom Mickel: Privat wünsche ich mir, dass alle Menschen in meiner Umgebung gesund bleiben. Sportlich wollen wir natürlich unsere Saisonziele erreichen. Da sind wir auf einem guten Weg, haben aber noch viele richtig schwere Spiele vor uns.

HL-SPORTS: Vielen Dank für das Interview und weiterhin alles Gute.

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