Hamburg – „Der VfB Stuttgart ist durch“, „nein der HSV schafft es noch“, „Wunder ausgeschlossen“, „peinlicher Auftritt“, „der Gegner war einfach besser“… und so weiter und so fort… So oder ähnlich sahen die Kommentare der HSV-Fans nach der 0:3-Hinspielpleite ihres Clubs am vergangenen Donnerstag beim VfB Stuttgart aus. Die Chance dieses Resultat noch zu drehen ist sehr gering, doch an der Elbe will man sich einfach nicht ergeben – zumindest auf Trainerseite nicht: Tim Walter will mit seiner Mannschaft kämpfen bis zum Ende, bis nichts mehr geht. „Meine Mannschaft hat Charakter“, sagte er am Sonntag auf der Pressekonferenz.
Heidenheim again!
Er spielte dabei auf das sensationelle 3:3-Unentschieden beim 1. FC Heidenheim, wo der Hamburger SV innerhalb von 16 Minuten einen 0:3-Pausenrükstand nach dem Seitenwechsel aufholte (HL-SPORTS hatte diesen Vergleich bereits nach der Klatsche im Ländle aufgegriffen). Und doch sind die Stuttgarter nicht mit einem Zweitliga-Aufsteiger zu vergleichen.
Hoeneß warnt vor Kulisse
Vor allem setzt Walter auf den Volkspark im Rücken. Vor mehr als 50.000 eigenen Fans will man „alles versuchen, um das Unmögliche möglich zu machen“. Den 12. Mann, der nach Aussagen von Sebastian Hoeneß nicht mit einem „normalen Zweitligaclub zu vergleichen“ ist, sieht der VfB-Coach noch als kleine Hürde: „Die Atmosphäre im Volkspark hat sicherlich kein Zweiliganiveau, das ist erste Liga. Es wird hitzig, es wird laut. Und genau darauf müssen wir vorbereitet sein. Wir kennen solche Kulissen aus unserer Arena.“ Die Partie ist übrigens mit 57.000 Zuschauern ausverkauft, darunter werden rund 6.000 VfB-Fans sein.
Stuttgart in „Hab-Acht-Stellung“
Der Bundesliga-Cheftrainer meint vor allem: „Ich habe am Donnerstag Phasen gesehen, in denen wir das Spiel kontrolliert haben. Ich habe jedoch auch Phasen gesehen, in denen uns der HSV vor Probleme gestellt hat, wenn wir nicht bei 100 Prozent im Anlaufverhalten waren. Es wäre fatal, wenn wir jetzt ableiten, dass das Rückspiel ähnlich wie das Hinspiel verlaufen wird. Es wird eine andere Herausforderung, zudem hat uns das frühe Tor zuhause auch in die Karten gespielt. Es wird enorm wichtig sein, von Beginn an hochkonzentriert und in Hab-Acht-Stellung zu sein.“
Der HSV-Plan für das Rückspiel
Walter war auf der Pressekonferenz gut gelaunt wie immer zu Beginn, doch mit zunehmend wirkender Genervtheit beantwortete er alle gestellten Fragen der wenigen Journalisten. Er hat Feuer, wie schon seitdem er für seinen aktuellen Arbeitgeber im Einsatz ist. Unterkriegen lässt er sich nicht, geradezu Sturheit könnte man ihm in verschiedenen Dingen nachsagen. Und er setzt neben den Fans vor allem auf eines: „Wir sind eine Familie und ich bin von meiner Familie überzeugt.“ Das sagte er mit so einer Klarheit, dass man spätestens dann wissen müsste, warum er in seinem Team gut ankommt. Kritiker hat er, denn er will einfach nicht von seinem System abweichen. Sei es drum – wenn er am Montagabend das Wunder von Hamburg schafft, wird man ihm ein Denkmal bauen müssen. Dann wird Walter nicht sagen, ich habe es euch doch gesagt, dass wir es schaffen. Der 47-Jährige wird sagen. Ich habe immer daran geglaubt. In der Pressekonferenz sprach er vom Spiel gegen Hertha BSC und meinte: „Wir hatten letztes Jahr eine komplett andere Ausgangslage. Wir hatten 1:0 gewonnen. Jetzt ist es umgedreht. Wir wissen noch nicht, welche besser ist. Natürlich ist diese nicht optimal, wenn man mit drei Toren Unterschied verliert. Wir fangen bei minus drei an, aber wir versuchen uns peu a peu nach vorne zu arbeiten. Das Ziel ist erst einmal ein Tor zu erzielen, und dann wird die Nord, die Süd, der Westen und der Osten mitgehen. Wir versuchen alle mitzunehmen. Das ist den Jungs gelungen und dafür muss man ihnen Respekt zollen.“
„Der Volkspark, der ist wunderbar“
Er hofft sehr auf Rückenwind der Fans: „Wenn wir alle – und damit meine ich alle – in Blau und auf dem Platz an einem Strang ziehen. Dann haben wir eine Möglichkeit. Im Fußball ist alles möglich. Und solange das so ist, werden wir alles geben. Jonas hat gesagt: ‚Der HSV braucht ein Wunder.‘ Ich weiß nur eines, der Volkspark, der ist wunderbar.“
David fraglich
Jonas David könnte „kränklich“ ausfallen. Wird er 1:1 ersetzt oder gibt es doch eine Umstellung auf dem Feld? Alle gehen davon aus, dass, sollte der Innenverteidiger nicht spielen können, dann Valon Zumberi oder Javi Montero auflaufen wird. Walter wollte sich nicht in die Karten gucken lassen und lächelte bei seiner Antwort: „Lasst euch überraschen.“ Er ist überzeugt davon, dass sein Team das Monatgs-Walter-Wunder schafft.