Hamburg – Aktuell passiert nicht viel, denn der Fußball steht nach wie vor still. Zeit für ein kleines Interview mit Jonas David vom Hamburger SV, der seit dem Winter an die Würzburger Kickers ausgeliehen ist. Wir sprachen mit ihm vor rund einer Woche.
HL-SPORTS: Hey Jonas, du bist seit Anfang des Jahres in Würzburg. Welche Unterschiede gibt es für dich als Hamburger Jung‘ im beschaulichen Bayern?
Jonas David: Natürlich merkt man die Unterschiede schon, wenn man wie ich in Hamburg groß geworden ist. Gerade, was die Größe der Stadt und die Anzahl der Menschen betrifft. Mir gefällt es allerdings sehr gut, vielleicht sogar ein bisschen besser, als ich mir es vorgestellt hatte. Ich war vorher noch nie in Würzburg. Es ist sehr familiär und das gefällt mir.
Moin oder Servus?
HL-SPORTS: Moin oder Servus? Wie grüßt du morgens beim Bäcker und gibt es doch gelegentlich Schwierigkeiten mit der Verständigung?
Jonas David: In Hamburg habe ich schon sehr oft „Moin“ gesagt. Das habe ich mir in Würzburg etwas abgewöhnt, da es nicht jeder versteht. Da kommt dann häufig die Frage „ah, du kommst aus Hamburg?“ und man wird in ein Gespräch verwickelt. Manchmal möchte ich aber nur schnell etwas einkaufen und kein großes Gespräch anfangen. Ich grüße daher meist mit „Hallo“. „Servus“ sage ich hingegen eher selten. Verständigungsprobleme gibt es schon ab und zu mit ein paar Mitspielern oder auch mit dem Trainer, aber das klärt sich in der Regel schnell auf und mittlerweile verstehe ich auch schon einiges vom Dialekt. (lacht)
HL-SPORTS: Welcher Unterschied besteht aus deiner Sicht zwischen 2. und 3. Liga und worauf kommt es in beiden Ligen an?
Jonas David: Ich denke, dass der größte Unterschied im physischen Bereich liegt. In der 3. Liga ist der Spielstil der Mannschaften etwas anders, einfach wilder. Gefühlt gibt es alle zehn Sekunden einen Zweikampf und der wird immer hart geführt. Es wird dir kein einziger Meter geschenkt. Alle Mannschaften gehen voll drauf und spielen auf Sieg. Es ist ein sehr kampfbetontes Spiel. Natürlich gibt es auch Teams, die es fußballerisch versuchen zu lösen, aber das ist eher selten. Die meisten Mannschaften kommen über Kampf, Standards und lange Bälle. Das ist schon ein Unterschied zur 2. Liga. Dort bieten einfach mehr Teams fußballerische Lösungen an und die Qualität ist ein Stück höher. In der 3. Liga kommt es daher eher auf andere Attribute an.
„Das habe ich noch nie erlebt“
HL-SPORTS: Die 3. Liga ist so eng beieinander und die Kickers können noch ab- und auch noch aufsteigen. Wie erklärst du dir das?
Jonas David: Das ist echt verrückt in der 3. Liga. Das habe ich in meiner jungen Karriere noch nie gesehen oder erlebt. Als ich Ende Januar zu den Kickers kam, waren wir auf Platz 14. Es sah zu diesem Zeitpunkt nicht danach aus, als könnten wir oben noch einmal angreifen. Seitdem läuft es für uns richtig gut und es wird vom Aufstieg gesprochen. Es geht in dieser Liga so schnell nach oben, aber auch nach unten. Es gibt kein Spitzenteam, das vorne wegmarschiert. Es kann jeder jeden schlagen, so dass sich die Tabellenkonstellation ständig ändert.
HL-SPORTS: Derzeit stehen Sport und Leben allgemein still. Wie gehst du damit um und wie sieht dein Tagesablauf aus?
Jonas David: Es ist sehr ungewohnt für mich, weil ich nicht mehr rausgehen oder mich mit Freunden treffen kann. Das habe ich in der Regel sehr oft gemacht. Nun erfordert die Situation technologische Mittel, wie beispielsweise FaceTime, wenn ich Zeit mit meinen Freunden verbringen möchte. Der Sport steht aber nicht komplett still. Ich versuche aktiv zu bleiben und arbeite an den Fitnessplänen, die wir von unserem Trainerteam bekommen haben und die individuell auf uns zugeschnitten sind. Ansonsten unterscheidet sich mein Tagesablauf nicht groß von anderen: Derzeit verbringe ich viel Zeit mit meiner Familie zuhause und bin am Handy, an der Konsole oder gucke eine Serie. Es geht derzeit um die Gesundheit aller. Daher kann ich mit diesen Einschränkungen gut leben.
Keine Sehenswürdigkeiten, aber Familie und Freunde
HL-SPORTS: Meiendorf ist dein Stadtteil. Du bist dort groß geworden und lebst immer noch da, wenn du in Hamburg bist. Was ist so schön an Meiendorf?
Jonas David: Ich wohne in Volksdorf, bin aber in Meiendorf zur Schule gegangen und habe dort Fußball gespielt. Zu meiner alten Schule brauchte ich nur fünf Minuten mit dem Auto. Ich muss ehrlich sagen, dass ich Meiendorf an sich gar nicht so schön finde, da gibt es keine Sehenswürdigkeiten. (lacht) Das Schöne ist einfach, dass mich viel mit dem Stadtteil verbindet. Ich habe dort Fußball gespielt, bin zur Schule gegangen und kenne viele Leute. Wenn ich mal wieder in Hamburg bin, mit Freunden kicke oder durch die Straßen gehe, werden schöne Erinnerungen wach. Das mache ich sehr gerne und ich freue mich jedes Mal wieder darauf, zuhause zu sein. Es ist es schön, alte Bekannte zu treffen und zu sehen, wie es ihnen so in den vergangenen Monaten ergangen ist. Das hat einen sehr persönlichen Wert.
HL-SPORTS: Dort hast du auch angefangen Fußball zu spielen. Schaust du am Deepenhorn ab und zu nochmal vorbei und drückst dem MSV die Daumen?
Jonas David: Ich bin regelmäßig dort, wenn wir Laufpläne bekommen. Aktuell natürlich nicht, weil die Anlage gesperrt ist. In der Sommer- oder Winterpause spule ich an der Anlage aber gerne mein Laufprogramm ab. Ab und zu kicke ich auch mit Freunden am Deepenhorn. Mit der Herrenmannschaft fühle ich mich hingegen nicht so verbunden, weil ich beim MSV nie im Seniorenbereich gespielt habe. Aber ich schaue ab und zu auf die Tabelle und freue mich, wenn sie Erfolge feiern.
„Torwart ist eher nichts für mich“
HL-SPORTS: Angefangen hast du im offensiven Mittelfeld, in Norderstedt ging es eine Station defensiver zu und jetzt bist du Innenverteidiger. Torwart und Stürmer fehlen noch. Wie wäre das für dich?
Jonas David: In Norderstedt habe ich sogar schon einmal im Sturm gespielt. Wenn man sich die HSV-Profis anschaut, haben damals gefühlt alle als Stürmer angefangen. (lacht) Früher wurden die vermeintlich besten Spieler in den Sturm gestellt. In der U15/U16 kristallisiert sich heraus, wo man wirklich hingehört oder wo für den Spieler die besten Chancen bestehen, leistungsorientiert Fußball zu spielen. Torwart ist eher nichts für mich, nur mal zum Spaß. In der Innenverteidigung oder im zentralen Mittelfeld fühle ich mich gut aufgehoben, dort kann ich meine Qualitäten am effektivsten einbringen.
Job nach der Karriere
HL-SPORTS: Du bist Profi-Fußballer, doch was kommt danach? Du bist zwar erst 20 Jahre jung (an dieser Stelle Glückwunsch nachträglich) und dein Abi hast du in der Tasche. Wie wichtig ist es für dich eine Alternative zum Sport zu besitzen und welcher Job würde dich reizen, wenn es irgendwann keinen Fußball mehr für dich gibt?
Jonas David: Danke erst einmal für die nachträglichen Glückwünsche. Ich bin mir in dem Punkt noch nicht so sicher, da mich vieles interessiert. Es gab auch noch nichts, bei dem ich gesagt habe „Das will ich nach der Fußballkarriere auf keinen Fall werden.“ Da gebe ich mir noch ein bisschen Zeit, ich bin ja auch erst 20. Es ist allerdings sehr wichtig, die Augen offen zu halten. Sei es beispielsweise ein Fernstudium, mit dem man sich fortbilden und gleichzeitig den Kopf frei bekommen kann. Ich möchte mein Abi ja nicht umsonst gemacht haben. (lacht) Aktuell ist das noch nicht konkret, aber in den nächsten Jahren werde ich mich bestimmt irgendwo einschreiben. Das hängt allerdings auch von meiner Fußballerkarriere ab. Ich mache mir keinen Druck.
„Ich werde neu angreifen“
HL-SPORTS: Noch einmal zu den Würzburger Kickers. Fünf Spiele und alle ungeschlagen, seitdem du dabei bist. Was bringst du ein, wo geht die Reise hin und wieviel Selbstvertrauen gibt dir die Startelf, auch in Anbetracht auf deine Rückkehr nach Hamburg nach dieser Saison?
Jonas David: Ich wurde hier sehr gut aufgenommen und fühle mich sehr wohl. Ich freue mich natürlich über jede Nominierung für die Startelf. Man nimmt die Abläufe ganz anders wahr, wenn schon am Abend vor dem Spiel klar ist, dass du von Beginn an spielst und im besten Fall 90 Minuten Zeit hast, deine Leistung abzurufen. Das macht definitiv Lust auf mehr. Insgesamt haben wir als Mannschaft gerade einen richtig guten Lauf. Ich freue mich, dass ich meine Qualität dabei im Aufbauspiel und am Ball einbringen kann. Defensive Zweikampfstärke und Passsicherheit gehören ebenfalls dazu. Langfristig gesehen ist es mein Ziel, mir einen Stammplatz beim HSV zu erarbeiten. Aktuell wissen wir allerdings noch nicht, wie der Ligabetrieb weitergeht und vertrauen den Offiziellen der DFL, dass sie die bestmögliche Entscheidung für die Vereine treffen werden. Ich drücke dem HSV alle Daumen, dass die Restsaison einen positiven Verlauf nimmt. Unabhängig davon werde ich mit meinen gesammelten Erfahrungen nach meiner Rückkehr neu angreifen.
HL-SPORTS: Abschließende Frage: Was wünscht du dir persönlich und sportlich für die Zukunft?
Jonas David: Ich wünsche mir, meiner Familie und allen, die mir nahestehen, gesund zu bleiben. Das ist das wichtigste Gut, das wir alle haben. Sportlich darf es gerne so weitergehen, mit vielen Spielminuten, Startelfeinsätzen, Zu-Null-Spielen, Siegen und so wenig Niederlagen wie möglich. Und beim Training möchte ich weiter Gas geben.
HL-SPORTS: Dankeschön und alles Gute für die Zukunft.