Lübeck – Am Donnerstag gab es ein „Treffen“ von ehemaligen Drittliga-Mitstreitern des VfB Lübeck. Das allerdings nicht zum Smalltalk, sondern vor dem Arbeitsgericht in Lübeck. Verhandlung Teil II zum Thema Florian Riedel, vor rund 9 Wochen gab es keine Klärung, stand auf dem Programm. Der VfB Lübeck hatte einst im Frühjahr 2021 Riedel, nachdem der Vize-Kapitän angeblich gegenüber Cheftrainer Rolf Martin Landerl in der Halbzeitpause der Begegnung zwischen Lübeck und Türkgücü München handgreiflich geworden sein soll, mit etwas Verzögerung (nach Infos eines „anonymen Anrufers“) eine außerordentliche Kündigung ausgesprochen. Riedel beteuerte stets seine Unschuld. So ging es heute wieder vor Gericht, gab es einen mehrstündigen Marathon mit unterschiedlichen Aussagen und Ansätzen. Das letzte Wort hatte letztlich Richter Dr. Christian Moraw, der sich nach der Beendigung der Beweisaufnahme gegen 14 Uhr zur Beratung zurückzog.
Abmahnung auch okay…
Das kam dabei heraus: Die außerordentliche Kündigung von Riedel wurde vom Gericht als zu hart eingestuft, ist unwirksam. Eine Abmahnung hätte gereicht. Der Verein wurde zum Widerruf verurteilt, weil keine Handgreiflichkeit vorlag. Riedel hat 10000 Euro Schadenersatz zugesprochen bekommen, darüber hinaus alle Vergütungen die ihm zustehen. Also Grundgehalt und alle Prämien bis zum 30. Juni 2021. Riedel-Anwalt Horst Kletke war zufieden. „Das war ein positives Urteil in allen Bereichen.“
Sogar aus Bulgarien und Österreich…
Nachdem der Richter Anfang Juni, dort erschienen nur drei Zeugen, einen neuen Termin anberaumt hatte, folgte nun ein Gros der damals beim „Riedel/Landerl-Eklat“ anwesenden Akteure dieses Mal der Einladung. Während Cyrill Akono, Elsamed Ramaj und Yannick Deichmann entschuldigt fehlten, waren Mirko Boland, Thorben Deters, Drittliga-Torwarttrainer Walter Franta, Coach Rolf Martin Landerl, Ryan Malone, Sven Mende, Lukas Pfeiffer (aktuell Cheftrainer an der Lohmühle), Lukas Raeder und Physio Matthias Stobbe vor Ort. Landerl reiste aus Österreich an, Torwart Raeder aus Bulgarien. Auch andere nahmen eine stundenlange Anreise in Kauf. Vertreten wurde Florian Riedel erneut vom Frankfurter Rechtsanwalt Horst Kletke. Der VfB Lübeck von Dr. Malte Evers.
Zeitintensiv…
Das Vernehmen der Zeugen wurde intensiv praktiziert. Beim Auftakt mit Lukas Raeder gingen 33 Minuten ins Land. Sven Mende, Ryan Malone, Thorben Deters und Matthias Stobbe, die dem Ex-Keeper folgten, erging es ähnlich. Drei Spieler sagten aus, dass diese ein vorgefertigtes Schreiben vom VfB zum Vorfall unterschrieben haben. Mende sprach davon, dass er sich „unter Druck gesetzt“ fühlte.
Unterschiedliche Wahrnehmungen…
Die Dinge insgesamt einzuordnen, was wirklich passierte in der Halbzeit damals, fällt schwer. So wurde u.a ausgesagt, das Landerl und Riedel „Kopf an Kopf“ beieinander standen, Riedel sich den Trainer aber „nicht körperlich, sondern verbal zur Brust genommen hat.“ Von einem Schlag oder Handgreiflichkeit war nicht wirklich die Rede. Ein anderer berichtete davon, dass Riedel den Trainer „fest an der Schulter“ gepackt hatte, zwei Spieler dazwischen gingen. Danach hätten sich beide aber wieder „in den Armen gelegen.“
Ganz anders…
Rolf Martin Landerl schilderte unter anderem, das Riedel aufstand und ihn „fest zwischen Brust und Schulter“ packte. Dabei habe es ein lautes „Klatschen“ gegeben. Dieser Moment sei für den Coach erschreckend gewesen. „Ich habe so etwas noch nie erlebt, diese Wut in Flos Augen. Die Aktion war drüber und hatte nichts mit normalen Kabinenhandeln zu tun.“ Torwarttrainer Walter Franta packte noch einen drauf. Riedel habe Landerl „mit zwei Händen gepackt und mit der Faust auf die Brust gehauen.“ Es sei kein Schubser, sondern ein richtiger Schlag gewesen. „So habe ich das wahrgenommen. Ich war von dieser Aktion erschüttert. So etwas habe ich im Profifußball noch nie erlebt.“ Am Ende hat aber bekanntlich der Richter entschieden – in diesem Fall für Florian Riedel.
Wenn es eine derartige Konfrontation in der Kabine benötigt, um die Mitarbeiter des Coaching Teams aus ihrem Provinzschlaf zu erwecken, dann ist das einfach nur ein Armutszeugnis für die Einstellung mit der beim VFB Lübeck gearbeitet wird.
Ja, der Verein spielt nicht in der Bundesliga, aber der Eindruck der die ganze Saison lang nach außen vermittelt wurde, reicht einfach nicht für professionellen Fußball. Auf mich wirkte alles eher so, als würden einige sich eher auf ihrer Position ausruhen anstatt 110% zu geben.
Das einem Spieler, der bereits entsprechend professionelle Erfahrungen sammeln konnte, dann irgendwann die Hutschnur platzt ist mMn nachvollziehbar. Über das Für und Wieder wie sich das geäußert hat, lässt sich sicherlich lange und ausführlich diskutieren, ist aber eigentlich überhaupt nicht der Kern des Problems.