
Lübeck – Seit vielen Jahren ist der Frauenfußball im Lübecker Stadtteilverein RW Moisling fest etabliert. Das ist vor allem dem Engagement von Rainer Thieß und seinen Kindern zu verdanken. Aber es gibt weitere Säulen dieser Truppe. Ein bekanntes Gesicht ist die 29-Jährige Torjägerin Vivien Lübcke. HL-SPORTS traf Lübcke zum exklusiven Interview.
Über Nachbarn kam Lübcke im Alter von 12 Jahren zum Fußball bei RW Moisling und hält ihrem Verein seitdem die Treue. In Zeiten, in denen Spieler und Spielerinnen Vereine turnusmäßig wie die eigene Frisur wechseln, eine erstaunliche Ausnahme. Das aber wiederum zeigt, welch Charakter in dieser attraktiven und charmanten Frau steckt. Sie stellt ihren Verein und ihre Mannschaft stets vor den eigenen Erfolg. „Es ist halt mein Verein, ich kann da irgendwie nicht weg. Das alles gehört zu mir.“ Anfragen gab es für die Offensivspielerin natürlich genügend. „Ich habe mir auch schon mal Trainings woanders angesehen, das war auch alles gut und nett, aber irgendwas fehlt. Außerdem ist man Rainer und seiner Familie so sehr dankbar, was sie alles an Zeit und Energie für uns opfern.“ Offensichtlich des Stück Heimat, was der Lübecker Stadtteilverein ihr geben kann.
Volles Potential nie ganz ausgeschöpft
In Teilen befindet sie sich im Zwiespalt, hätte durchaus gerne einmal leistungsorientierter gespielt. Mit Strahlen in den Augen erinnert sich Lübcke an die Saison 2014/2015, als am Ende der Saison als Spielgemeinschaft mit SV Viktoria 08 die Meisterschaft in der Kreisliga erreicht wurde. „Das war echt schön, wir hatten auch eine super Truppe, zum Aufstieg hat am Ende leider in der Aufstiegsrunde ein Tor gefehlt. Es gab so viele tolle Momente mit dieser Mannschaft und auch ein paar kuriose.“ Lübcke spielt unter anderem auf eine Situation vom 1. Mai 2022 an. Es ist das Punktspiel gegen den TSV Bargteheide. Es ist die 39. Minute, beim Stand von 1:0 führt sie den Ball in Richtung des gegnerischen Strafraumes und wird festgehalten, kann sich losreißen und wird vom Pfiff des Schiedsrichters gestoppt, der Lübcke direkt die rote Karte zeigte. „Jetzt lachen wir da schon wieder drüber, es war echt eine komische Situation. Ich habe noch nie im Leben auch nur eine gelbe Karte bekommen und wusste da gar nicht, was ich eigentlich machen sollte, bin dann aber irgendwie direkt in die Dusche, konnte das gar nicht einordnen.“ Im späteren Schiedsrichterbericht wurde Lübcke des Faustschlages bezichtigt, eine lange Sperre blieb ihr erspart, da sich der Pate des unerfahrenen Schiedsrichters beim Kreisgericht für Lübcke einsetzte und die Szene richtigstellte. „Zum Glück habe ich hier Unterstützung erhalten, wofür ich sehr dankbar bin. Die Stellungnahme war super geschrieben und so musste ich nur ein Spiel absitzen, weniger ging wohl nicht. Dennoch ein wenig unfair, immerhin habe ich auch dadurch knapp die Torjägerkanone der Liga verpasst.“
Vereinbarkeit von Familie und Fußball-Hobby
Lübcke steht aber auch für ein modernes Bild einer unabhängigen, verantwortungsbewussten Frau. Als alleinerziehende Mutter einer Tochter zeigt sie eindrucksvoll, dass sie nicht nur Beruf und Familie, sondern auch noch das sportliche Hobby unter einen Hut bringt und dennoch Zeit für Training und Spiel findet. Auch die erhöhten zeitlichen Anforderungen einer höheren Liga macht sie keine Absage: „Nein, das hätte man immer hinbekommen. Da habe ich auch von vielen die volle Unterstützung. Ich stand ja auch schon sechs Wochen nach der Geburt meiner Tochter wieder auf dem Feld und habe direkt ein Tor erzielt. Am Ende bleibt aber immer der selbe Grund. Das hier ist mein Verein.“
Konzept zur Fortsetzung des Frauenfußballs im Verein
Man merkt die emotionale Verbundenheit, insbesondere wenn es um die aktuell schwierige Situation ob der Spielgemeinschaft mit dem FC Dornbreite geht. „Wir befinden uns ja seit einiger Zeit schon im Umbruch, es war immer mal enger, aber irgendwie haben wir immer die Kurve bekommen und die Mannschaft erhalten können. Aktuell ist die Herausforderung nochmal größer.“ Der fehlende Nachwuchs bei steigendem Altersschnitt scheint die größte langfristige Stellschraube zu sein. Doch zunächst einmal müssen kurzfristig neue zuverlässige Gesichter her. „Dazu haben wir dankenswerterweise durch externe Hilfe ein mögliches Konzept erhalten, wie wir die Situation dauerhaft lösen können. An der Umsetzung arbeiten wir aktuell mit Hochdruck.“ Gedanken an den Worst Case? Kein Frauenfußball mehr im Lübecker Stadtteilverein? Lübcke gibt sich kämpferisch: „Nein, wir wollen und müssen das schaffen. Wenn jeder seinen Beitrag dazu leisten kann, gelingt das auch. Im kommenden Jahr möchte ich meinen 30sten Geburtstag und 18 Jahre Vereinsmitgliedschaft feiern.“ Dennoch gibt sie zu verstehen, dass der fußballerische Weg in letzter Konsequenz woanders weitergehen würde. „Fußball ist mir einfach zu wichtig.“ HL-SPORTS wünscht dieser tollen Frau und ihrer Mannschaft viel Erfolg bei der Umsetzung. Wer sich dazu berufen fühlt, mit zu unterstützen, auch Neuanfängerinnen, junge wie ältere Muttis, ist im Stadtteilverein immer herzlich willkommen.

Bildquellen
- Lübcke: RW Moisling/oH
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