Hamburg – Es ist schon wieder passiert. Der VfL Osnabrück hat zum zweiten Mal gegen den Hamburger SV in dieser Saison gewonnen. Das Schlusslicht der 2. Bundesliga siegte mit 2:1 (1:1) vor 57.000 Zuschauern am Sonntag im Volksparkstadion. In der Startelf der Gastgeber stand Katterbach für den erkrankten Muheim. Beide Fanseiten zeigten vor Anpfiff beeindruckende Choreografien. Auf dem Rasen dagegen gab es Sparflamme zu sehen. Nur die Lila-Weißen feierten.
Die 1. Halbzeit: Zähes Ringen um Chancen
Der erste Osnabrücker Torschuss war gleichzeitig die Gäste-Führung. Ein Freistoß von Cuisance landete am zweiten Pfosten, wo Lukas Kunze (6.) völlig freistand und den Ball direkt ins Hamburger Netz ballerte. Königsdörffer und Reis fehlte die Zuordnung, Raab war machtlos. Ein Traumstart also für den Tabellenletzten, der schon das Hinspiel mit 2:1 gewann. Der HSV wurde wieder kalt erwischt, wie schon so oft in dieser Saison. Sechs Minuten später stand Conteh nach einer Flanke wieder blank da, köpfte in die Mitte, doch Schonlau rettete zur Ecke. Die Gastgeber kamen über Jatta (17.) zur ersten Chance, doch der Gambier hatte in der Strafraummitte eine Menge Platz und vermutlich zu viel Zeit, so dass die Aktion verpuffte. Der HSV kam nicht in Spiel, hatte zu viele Schlampigkeiten im Zuspiel. Wieder war es Jatta (23.), der dieses Mal im Zweikampf mit Kleinhansl den Kürzeren zog. Die Hausherren hatten viel Ballbesitz, nur keine Ideen. Eine gab es dann doch, als Pherai (33.) von van der Brempt bedient wurde und eine Ecke herausholte. Nach dieser kam Schonlau zum Kopfball, doch der Ball ging am linken Pfosten vorbei. Eine hakelige Situation gab es als Osnabrücks Kunze van der Brempt im Strafraum knapp zehn Minuten später an der Torauslinie zu Fall brachte. Den Ball traf er allerdings ebenfalls, also kein Elfmeter. Den gab es dann kurz vor der Pause doch für den HSV. Pherai kam direkt vor dem VfL-Kasten durch und Gyamfi bretterte ihn um. Robert Glatzel (47.) übernahm Verantwortung und verlud Torwart Kühn zum Ausgleich. Vorausgegangen war eine Szene, wo Katterbach die Kugel direkt in den Fünfmeterraum spielte und die Gäste dort noch blockten. Halbzeit.
Nach der Pause: Später Elfmeter killt Rothosen und weiter keine Ideen
Die erste Möglichkeit im zweiten Durchgang hatte Königsdörffer (52.) per Kopf. Meffert servierte dem Stürmer das Spielgerät 50 Zentimeter vor dem Tor, doch der schaffte es nicht, es im Netz unterzubringen. Eine Flanke von Conteh auf der anderen Seite entschärfte Raab (53.) – nicht ungefährlich. Danach verflachte die Begegnung und hatte noch weniger zu bieten als zuvor. Und dann: Dompe (65.). Der Franzose bekam einen Pass von Pogba und fiel im Zweikampf mit Ajdini im Strafraum. Schiedsrichter Richard Hempel zeigte sofort die Gelbe Karte, wegen Schwalbe. Der Osnabrücker traf den eingewechselten Flügelspieler zwar, doch der hob anscheinend zu theatralisch ab. Für einen Strafstoß wohl zu wenig, aber eine Verwarnung zu geben sicher zu viel. Beim HSV halfen die insgesamt 68 Prozent Ballbesitz nicht viel. Es gab gute Ansätze, doch zwingend war es eben nicht. Das Zweitliga-Schlusslicht hatte leichtes Spiel in der Defensive. Eine schnelle Kombination über links zwischen Katterbach, Glatzel und Dompe landete bei dessen Hereingabe in die Mitte beim Gegner. Das war für die Hamburger bezeichnend an diesem Tag. Die Niedersachsen schwächten sich in der 76. Minute selbst, als Maxwell Gyamfi im Mittelfeld gegen van der Brempt zu spät kam und dafür die Ampelkarte sah. Der VfL Osnabrück somit die verbleibende Viertelstunde in Unterzahl und das sollte doch die Optionen für einen Heimsieg der Rothosen erhöhen, oder? Die Gäste machten das Beste daraus und konterten, allerdings nicht gut genug. Das Baumgart-Team hatte danach noch einige Male Pech. Beispielsweise als Androutsos, weit aufgerückt und als letzter VfL-Mann, wegrutschte, dabei Glatzel der Ball direkt vor die Füße sprang und wieder zum Osnabrücker. Pherai und Jatta sowie Glatzel selbst hätten dann nur noch Kühn vor sich gehabt… hätten… Der letzte Wille beim HSV war nicht zu erkennen. Und dann passierte es: Van der Brempt foulte den früheren Hamburger Tesche im eigenen Strafraum, keine clevere Lösung. Elfmeter für den Außenseiter und den verwandelte Michael Cuisance in der 89. Minute mit einem Schuss, der von der Lattenunterkante ins Tor fiel. Der Volkspark war bis auf die mitgereisten Gäste-Fans geschockt. Es gab noch einmal fünf Minuten Nachschlag, doch bis auf zwei Schüsse von Pherai (92.) geblockt und von Kühn (96.) pariert, gab es nichts. Baumgart unterlag zum ersten Mal überhaupt gegen den VfL Osnabrück und der Hamburger SV zum zweiten Mal in dieser Saison (HL-SPORTS berichtete).
Das Fazit: Baumgart noch nicht angekommen
Neuer Trainer, altes Problem. Entweder es liegt nicht am Trainer, sondern an der Mannschaft, oder der neue Trainer ist noch nicht in den Köpfen der Spieler angekommen. Mit 80 oder 90 Prozent Leistung wird man auch nicht mal gegen den Tabellenletzten gewinnen. Das weiß man jetzt, trotz der klaren Warnung des Coaches vor der Partie. Viel Ballbesitz, wie fast immer, nur eben keine Ideen, was man dann mit damit anfangen soll. Zumindest hat Steffen Baumgart genau dieses Problem schneller erkannt als sein Vorgänger. Er will und muss das jetzt angehen. Der 52-Jährige sprach von „viel Arbeit“, aber nun ist die Mannschaft in der Pflicht, sich endlich mal auf das zu konzentrieren, wofür sie bezahlt werden. Bei 14:3-Torschüssen muss einfach mehr herauskommen als das, was der HSV gegen das Schlusslicht zeigte. Und man muss ehrlich sein. Das war jetzt auch für den VfL Osnabrück nicht schwer, an der Elbe etwas Zählbares mitzunehmen. Mit angezogener Handbremse zu spielen, wird es also auch unter Baumgart oder von mir aus auch Giovanni “Trap“ Trapattoni nichts mit dem Aufstieg. Es liegt am Einsatz und dem bedingungslosen Willen. Die Gier auf Tore und Punkte fehlen der Mannschaft einfach. Und nochmal: da hat am Sonntag der Tabellendritte gegen den Tabellenletzten gespielt – und der feierte mit seinen lautstarken Fans den dritten Saisonsieg, übrigens den zweiten gegen den Hamburger SV. Die Zeit von 10 Uhr bis 21 Uhr mit Staustress, keinen leckeren Würstchen und so einem Grottenkick kann man sich als Fan auch zukünftig schenken. Ich habe fertig!
Die Stimmen der Trainer
Steffen Baumgart (Hamburg): „Wir brauchen mehr Klarheit in unserem Spiel. Das wurde nach schlechtem Beginn zwar im Laufe der Partie besser, aber selbst das 1:1 wäre für uns enttäuschend gewesen. Am meisten hat mir in unserem Spiel gefehlt, dass wir gegen eine Mannschaft, die um ihre Existenz kämpft, die gleiche Leidenschaft und das gleiche Herz auf den Platz bringen. Das sind die Grundtugenden, die du immer bringen musst. Natürlich werden wir inhaltlich in die Analyse gehen, vor allem aber müssen wir uns hinterfragen. Wir haben jetzt noch zehn Spiele und alles selbst in der Hand, aber nur mit Fußball wird es nicht gehen, wir brauchen auch die richtige Mentalität. Wir haben noch viel Arbeit vor uns.“
Uwe Koschinat (Osnabrück): „Das war ein Sieg der Solidarität, den wir uns als Mannschaft hart erarbeitet haben. Wir sind gut ins Spiel gekommen, haben den HSV etwas überrascht und uns später dann darauf beschränkt, gegen einen immer stärker werdenden Gegner gut zu verteidigen. Daher hatten wir nur wenige eigene Möglichkeiten. Im Laufe der zweiten Hälfte wurde der Druck dann noch größer und für uns ging es nur noch darum, das Spiel des HSV zu zerstören. Nach dem Platzverweis war dann eigentlich klar, dass für uns maximal das Halten des einen Punktes möglich sein wird. Doch wie es im Fußball eben manchmal so ist, hat beim Gegner in Überzahl ein wenig die Konzentration nachgelassen, was wir dann clever zum Sieg ausgenutzt haben.“
Der 24. Spieltag (1.-3.3.2024)
Schalke – St. Pauli 3:1
Berlin – Kiel 2:2
Hannover – Düsseldorf 2:2
Rostock – Kaiserslautern 0:3
Nürnberg – Braunschweig 2:1
Karlsruhe – Fürth 4:0
Hamburg – Osnabrück 1:2
Paderborn – Magdeburg 0:0
Elversberg – Wiesbaden 0:3
Die Tabelle
1. | FC St. Pauli | 24 | 44 : 25 | 48 |
2. | Holstein Kiel | 24 | 46 : 34 | 43 |
3. | Hamburger SV | 24 | 47 : 35 | 41 |
4. | Hannover 96 | 24 | 45 : 33 | 38 |
5. | SpVgg Greuther Fürth | 24 | 36 : 33 | 38 |
6. | SC Paderborn 07 | 24 | 36 : 38 | 38 |
7. | Fortuna Düsseldorf | 24 | 50 : 34 | 37 |
8. | Karlsruher SC | 24 | 48 : 40 | 35 |
9. | Hertha BSC | 24 | 45 : 39 | 34 |
10. | 1. FC Nürnberg | 24 | 34 : 43 | 33 |
11. | SV 07 Elversberg | 24 | 35 : 40 | 32 |
12. | 1. FC Magdeburg | 24 | 38 : 33 | 31 |
13. | SV Wehen Wiesbaden | 24 | 29 : 30 | 30 |
14. | FC Schalke 04 | 24 | 37 : 46 | 29 |
15. | 1. FC Kaiserslautern | 24 | 38 : 48 | 25 |
16. | Eintracht Braunschweig | 24 | 23 : 37 | 24 |
17. | F.C. Hansa Rostock | 24 | 22 : 41 | 22 |
18. | VfL Osnabrück | 24 | 22 : 46 | 18 |