Und wieder kein Sieg in der Liga für den HSV: Holstein Kiel feiert im Volkspark

„Dann fehlt dir irgendwann auch die Kraft – vor allem psychisch“

Johannes van den Bergh (Kiel) setzt sich gegen die beiden HSVer Bakery Jatta (li.) und Ludovit Reis (re.) durch. Foto: Lobeca/Norbert Gettschat

Hamburg – Und es hat wieder nicht geklappt mit einem Sieg für den Hamburger SV gegen Holstein Kiel. Die „Störche“ entführten am Sonnabend im „Top-Spiel“ der 2. Bundesliga beim 1:1 (1:0) einen Punkt aus dem Volkspark. Das Ganze vor 39.543 Zuschauern, die auf HSV-Seite die Darbietung am Ende mit einem gellenden Pfeifkonzert begleiteten. Die Kieler Fans jubelten und gaben ihre Abneigung gegenüber den Rothosen klar kund: „Hamburg, Lübeck, Hurensöhne“ war zum Anpfiff und in der zweiten Hälfte deutlich zu vernehmen.

Sonny Kittel (HSV) trifft per Elfmeter gegen Thomas Dähne (Holstein Kiel). Foto: Lobeca/Norbert Gettschat

Die 1. Halbzeit: Pichler an den Pfosten, Kittel ins Netz

Kiel hatte die erste Chance in der siebten Minute durch Pichler. Der Außenpfosten rettete für die Hausherren, obwohl Johansson (debütierte im Kasten für den verletzten Heuer Fernandes) in der Ecke war. Drei Minuten später wurde Hamburgs Alidou im Strafraum angespielt, Korb foulte ihn und Schiedsrichter Fritz zeigte sofort auf den Elfmeterpunkt. Der VAR hatte nichts anderes gesehen und Kittel (12.) versenkte den Strafstoß sicher zur Führung. Der HSV hatte vieles im Griff, war allerdings zum wiederholten Mal anfällig für Konter des Gegners. Wieder versuchte es Pichler für (25.) Holstein – drüber. Auf der anderen Seite war Alidou auf der linken Seite schon fast durch, da stoppte ihn Lorenz (28.) auf Kosten eines Freistoßes, der nichts einbrachte. Chancen waren rar gesät, doch Holstein spielte sich noch eine im ersten Durchgang heraus. Hier zeigte Johansson eine Weltklasse-Parade gegen Bartels (42.). Der Kieler wurde von Pichler traumhaft angespielt, scheiterte allerdings am HSV-Keeper. Seitenwechsel vor dem Pausenpfiff: Alidou (43.) verpasste eine Jatta-Flanke am zweiten Pfosten. In der Nachspielzeit gab es noch einmal einen Konter der Gastgeber, der erbärmlich ausgespielt wurde.

Robert Glatzel (HSV) im Kampf um den Ball mit Hauke Wahl (Holstein Kiel). Foto: Lobeca/Norbert Gettschat

Nach der Pause: Holstein näher am Sieg

Die zweite Hälfte war gerade einmal 47 Sekunden alt, da stand es schon 1:1. Der HSV pennte in der Defensive bei einem Diagonalball. Pichler stand in der Mitte völlig ungedeckt und tunnelte vor der Strafraumgrenze Johansson zum Ausgleich. Die Hamburger suchten ihr Heil in der Offensive und Kittel (54.) hatte eine der wenigen guten Möglichkeiten nach einer Muheim-Hereingabe – aus Nahdistanz verfehlt. Die „Störche“ wurden nun besser und rissen das Ruder an sich. Genau in dieser Phase hatte der eingewechselte Kaufmann (60.) eine Mega-Chance. Frei vor KSV-Schlussmann Dähne strich sein Schuss am rechten Pfosten vorbei. Jetzt kam doch Leben in die Strafräume, denn Pichler (61.) verzog vor dem Hamburger Gehäuse und auf der anderen Seite bekamen erst Muheim und dann Kaufmann (63.) das Leder nicht Richtung Kieler Tor. Vier Minuten später enttäuschte Glatzel bei einem Abschluss. Bei den Gästen wechselte Trainer Rapp die Ex-Rothose Arp (70.) ein. Seit seinem Abgang im Volkspark war es das erste Mal, dass er gegen seinen früheren Club kickte. Das Stadion ließ kein gutes Haar an dem jungen Stürmer und pfiff ihn gnadenlos aus. Das motivierte den 21-Jährigen eine Minute später schon, doch nach einem Reese-Pass scheiterte er aus fünf Metern an Johansson. Passend zu Glatzels Gesamtspiel war bei ihm in der 74. Minuten ein Holsteiner Bein am Fünfmeterraum dazwischen. Immer wieder versuchten es die Kieler mit schnellen Tempogegenstößen und der HSV schwamm immer wieder. Nur weil die Cleverness fehlte, trafen die „Störche“ nicht. Fünf Minuten vor dem regulären Ende knallte es zum zweiten Mal an der Eckfahne von der Nordtribüne nach einem erneuten Böllerwurf. Die letzte Möglichkeit hatten die Kieler, doch der andere frühere Hamburger Holtby (93.) schoss aus 14 Metern über das Tor. Danach war Schluss und die Pfiffe der HSV-Fans waren bis zur Autobahn zu hören. Die Gäste-Anhänger stattdessen feierten nach der 1:5-Klatsche im Pokal den Punkt wie einen Sieg.

Moritz Heyer (HSV) im Zweikampf mit Steven Skrzybski (Holstein Kiel). Foto: Lobeca/Norbert Gettschat

Das Fazit: Kein Wille, kaum Mut – HSV als Aufbaugegner für Holstein Kiel

Es ärgert einen HSV-Fan maßlos, wenn man Derbys oder Nordduelle nicht für sich entscheidet und das gegen ein angeschlagenes Team, dass auf dem Abstiegsrelegationsplatz steht, wie in diesem Fall Holstein Kiel. Mit sieben Unentschieden sind die Hamburger die Remis-Könige der ersten beiden höchsten Fußball-Ligen in Deutschland. Der FSV Zwickau in Liga drei hat ebenfalls sieben Punkteteilungen erreicht, allerdings in 13 Spielen. Auch wenn es am Mittwoch im DFB-Pokal über 120 Minuten und das Elfmeterschießen ging, war das von Hamburg gegen Kiel deutlich zu wenig. Da kann man die Worte „Geduld“ und „Entwicklung“ schon nicht mehr hören. Auch nicht einmal 40.000 Zuschauer sind bei der örtlichen Nähe beider Clubs eine Enttäuschung. Die Pfiffe zum Schluss? Verständlich! HSV-Coach Walter sprach zwar danach davon, dass er seiner Mannschaft in Sachen Willen und Einsatz keine Vorwürfe machen kann, allerdings muss er sich auch die Frage gefallen lassen, warum diese Mannschaft es nicht schafft, eine Führung wieder einmal nicht bis ins Ziel zu schleppen. Stattdessen ist man in der Abwehr offen wie ein Scheunentor, lässt sich billig vernaschen und murmelt sich die Gegentore so selbst rein. Platz sechs nach zwölf Spieltagen. Der HSV ist so schlecht wie nie zuvor. Holstein Kiel dagegen hat unter seinem neuen Coach Rapp in der 2. Liga noch nicht verloren. Dreimal trat er an und dreimal endete es 1:1. Trotzdem stürzten die „Störche“ auf Rang 16 – den Abstiegsrelegationsplatz. Einmal haben beide Teams noch die Chance ihre Serie mit einem Sieg zu durchbrechen, dann geht es in die Länderspielpause.

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Faride Alidou (HSV) entwischt Fin Bartels (Holstein Kiel). Foto: Lobeca/Norbert Gettschat

Die Trainer-Stimmen nach dem Spiel

Marcel Rapp (Kiel): „Beide Mannschaften haben alles auf dem Platz gelassen. So muss es in einem Derby sein. Unterm Strich ist es ein verdientes Remis, wenngleich wir in der Schlussphase einen Tick näher am Sieg waren als der HSV. In der ersten Halbzeit hat uns der HSV sehr unter Druck gesetzt, so dass wir wenig Räume hatten. Das 1:1 war wiederum sehr schön herausgespielt. Hier ist das aufgegangen, was wir uns vorgenommen hatten. Die Entwicklung der Mannschaft in den vergangenen Wochen ist sehr ordentlich. Wir kommen dem Sieg mehr und mehr näher.“

Tim Walter (Hamburg): „Wir hatten zwei anstrengende Spiele in dieser Woche und sind unter diesen Umständen gut ins Spiel gekommen. Wir verpassen es leider, das zweite Tor zu machen und damit den Deckel frühzeitig draufzumachen. So haben wir den Gegner zurück ins Spiel geholt und dieses Mal waren der Kopf und die Beine müder als in den Vorwochen, wo wir in der zweiten Hälfte immer noch großen Druck aufbauen konnten. Wenn du immer ständig gegen Widerstände ankämpfen musst, dann fehlt dir irgendwann auch die Kraft – vor allem psychisch. Wir haben alles versucht und reingehauen, daher kann ich meiner Mannschaft keinen Vorwurf machen.“

Auch Bakery Jatta war beim HSV gegen Kiel glücklos. Foto: Lobeca/Norbert Gettschat

Der 12. Spieltag (29.- 31.10.)

Darmstadt – Nürnberg 2:0
Heidenheim – Schalke 1:0
Bremen – St. Pauli 1:1
Hannover – Aue 1:1
Dresden – Sandhausen 0:1
Hamburg – Kiel 1:1
Karlsruhe – Paderborn (So., 13.30 Uhr)
Rostock – Düsseldorf
Ingolstadt – Regensburg

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