Vereine rudern nach Protesten zurück

Milliarden-Plan in der Bundesliga wieder auf der Kippe

Geldscheine auf dem Spielfeld. Archivfoto: Lobeca/Michael Freitag

Hamburg – Im vergangenen Dezember beschlossen die 36 Profivereine mit einer knappen Mehrheit ein Investorenmodell in der Bundesliga. Die Deutsche Fußball Liga (DFL) erhofft sich dadurch Milliarden-Einnahmen. Der oder die Geldgeber erhalten dafür eine Beteiligung von acht Prozent. 24 Clubs stimmten in einer geheimen Wahl dafür und damit wurde die erforderliche Zwei-Drittel-Mehrheit erreicht. Seitdem gibt es Fan-Proteste, die wie beispielsweise am vergangenen Wochenende bei den Zweitliga-Partien Hertha BSC gegen Hamburger SV sowie Hannover 96 gegen F.C. Hansa Rostock für sehr lange Spielunterbrechungen sorgten. Immer wieder flogen Tennisbälle auf den Rasen. Beide Begegnungen standen kurz vor Abbrüchen. Nun soll das Ganze wieder umgedreht werden.

VfB ändert Meinung

Mehrere Vereine, wie beispielsweise der VfB Stuttgart, Union Berlin und VfL Osnabrück, wollen nun eine neue Abstimmung. Gerade die Schwaben haben das ganze Vorhaben noch einmal überdacht und würden, statt wie im Dezember, nun mit “nein“ stimmen. Es wäre der dritte Wahlgang innerhalb von einem Jahr zu diesem Modell.

Geheimwahl sorgte für Aufsehen

Insbesondere stößt diesen Clubs auf, dass die Abstimmung geheim war. Im Fall von Hannover 96 wurde vom Verein kommuniziert, gegen einen Investoreneinstieg zu votieren. Vereinsboss Martin Kind, der solchen Vorhaben stets positiv gegenübersteht, verweigerte im Nachhinein die öffentliche Auskunft, wie er abgestimmt habe.

VfL will Antrag einbringen

Michael Welling (Geschäftsführer beim VfL Osnabrück) gab in der “Neuen Osnabrücker Zeitung“ an, dass man einen Antrag bei der DFL einbringen werde, um geheime Abstimmungen in der DFL abzuschaffen. Eine Ausnahme soll dabei die Wahl von Personen in Ämter sein. Er sagte: „Nur so können wir auch formal garantieren, dass die Klubvertreter bei DFL-Abstimmungen den Vereins- und Mitgliederwillen umsetzen und gemäß der Idee von 50+1 agieren.“ Die Akzeptanz bei dem knappen Ergebnis sei „nicht hilfreich“.

Fan-Gruppierungen kündigen weitere Demos an

Wird also das DFL-Milliardenprojekt nun doch noch einmal gekippt? Zehn Vereine lehnten den Antrag schon im Dezember ab. Das waren Freiburg, Köln, Union, St. Pauli, Braunschweig, Düsseldorf, Hertha, Kaiserslautern, Magdeburg und Nürnberg. Mit Osnabrück sowie Augsburg enthielten sich zwei Clubs. Für den Verband wäre das eine Niederlage, für die Fans ein Sieg. Sie befürchten Einflussnahme der Investoren und eine weitere Zerstückelung der Spieltage. Die Proteste in den Stadien sollen weitergehen.

Berliner Spielunterbrechung

Die “Harlekins Berlin“ erklärten nun ihre Art des Protestes während des Spiels gegen den HSV wie folgt:

Berlin, den 04.02.2024

32 Minuten und kein Ende in Sicht

Am gestrigen Samstag haben wir gemeinsam mit der Hauptstadtmafia 2003 für 32 Minuten das Zweitligaspiel zwischen Hertha BSC und dem Hamburger SV unterbrochen. Wir haben mit dieser Aktion die Aufmerksamkeit auf unseren Protest gegen den Investoren-Deal der DFL gezogen. Denn Gründe, gegen diesen Deal zu sein, gibt es unzählige, wir nennen hier nur ein paar.

In einer illegitimen Abstimmung hat die DFL am 11.12.23 den Weg freigemacht für einen Einstieg von Investoren. Die DFL hat hierfür bewusst einen geheimen Abstimmungsmodus gewährt und somit ermöglicht, dass Geschäftsführer wie Martin Kind gegen die ausdrückliche Weisung ihres Stammvereins stimmen können. Nur unter völliger Missachtung der demokratischen, mitgliedergeführten Vereine konnte dieses Ergebnis zustande kommen. Die 50+1-Regel, die vermeintliche Basis des deutschen Fußballs, wurde somit ins Lächerliche gezogen.

Die Investoren CVC und Blackstone sind die aussichtsreichen Kandidaten, die in die DFL einsteigen wollen. Beide Investoren kassieren Geld des höchst umstrittenen saudi-arabischen Staatsfonds PIF.

Vermeintliche rote Linien sollen uns Fans beruhigen. Und so versichern die Funktionäre der DFL, dass es zum Beispiel keine Spiele im Ausland geben wird. Es sind dieselben Personen, die sich um ein Saubermann-Image bemühen, aber das Geld vom Staatsfonds des Mörders Bin-Salman dankend annehmen. Es sind dieselben Akteure, die wissentlich die 50+1-Regel geschleift haben. Es sind dieselben Funktionäre, die zu Beginn der Corona-Pandemie von Demut sprachen. Was davon übrig geblieben ist, das kann jeder allerspätestens jetzt sehen. Die Spirale des Geldes wird von diesen Menschen maßlos weitergedreht – mit illegitimen Wahlen, die wiederholt werden, bis das gewünschte Ergebnis eintritt. Wir glauben diesen Menschen kein Wort. Es wird keine roten Linien geben!

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AOK

Konkret heißt das:

– Eine weitere Zerstückelung der Spieltage aus gesteigertem Profitinteresse ist möglich

– Spiele im Ausland und sogar auf anderen Kontinenten sind möglich

– Die Einflussnahme von Investoren wird weiter gestärkt – gerade Hertha BSC ist ein

Negativbeispiel, wohin das führen kann

– Die 50+1-Regel wird weiter beschädigt

Genau aus diesen Gründen haben wir uns für die besonders lange, besonders bohrende und besonders anstrengende Protestform entschieden. An kurze Proteste und kurze Unterbrechungen hat man sich scheinbar schnell gewöhnt in Deutschland. Gestern wurde der Protest wieder sichtbarer. Für Funktionäre, für TV-Zuschauer, für potentielle und bereits im Fußball engagierte Investoren und auch für die Fans im Stadion.

Ihr habt den Protest einer freien und lebendigen Fankurve gesehen. Wir bestimmen selber, wie lange ein Protest dauern darf und wir werden uns hierbei auch künftig nicht an die Vorstellungen von Redakteuren, Vereinsoffiziellen oder DFL-Vertretern gebunden fühlen.

Nein zu Investoren – in der DFL und in den Vereinen!

Harlekins Berlin ’98 als Teil der Fanszenen Deutschlands

Wo beendet der FC St. Pauli die Spielzeit 2023/2024?

  • Direkter Aufstieg (35%, 152 Votes)
  • Meister (34%, 150 Votes)
  • Außerhalb der Top 3 (18%, 78 Votes)
  • Relegationsplatz (13%, 58 Votes)

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