Während Corona einen neuen Verein gründen… wie sieht es heute aus?

Hanse Keeperacademy Lübeck: neun Monate, eine Zwischenbilanz

Sascha Knott zusammen mit den Mitgliedern des Hanse Keeperacademy Lübeck e.V. Foto: Michael Raasch

Lübeck – Neun Monate ist es nun her, als Sascha Knott mit engagierten Mitstreitern beschloss einen Verein für Torhüter zu gründen. Ein gewagtes Unterfangen, denn mitten in der Corona-Pandemie auch ein Risiko. Der Mut wurde belohnt und der Verein wächst. HL-SPORTS traf ihn zum nächsten Teil des Interviews.

HL-SPORTS: Hallo Sascha, wie geht es seit unserem letzten Interview mit der Hanse Keeperacademy Lübeck e.V. voran, was habt ihr geschafft oder bewegt?

Sascha Knott: Wir haben schon so einiges in der „kurzen“ Zeit geschafft. Beispielsweise sind wir mittlerweile Mitglied im TSB und LSV. Darauf sind wir sehr stolz, da dies auch einige Vorteile für unsere Mitglieder mit sich bringt. Auch einen Transporter haben wir endlich gefunden. Dieser wird uns unsere Arbeit auf den Plätzen erleichtern und wir können noch professioneller trainieren. Nun geht es Stück für Stück an den Ausbau des Transporters, damit wir unser Equipment verstauen können und wir suchen noch jemand, der unseren Transporter von außen so einzigartig gestaltet, wie auch unser Verein es ist. Also wenn jemand Lust auf das Projekt hat, gerne melden. Dazu darf man nicht vergessen, dass wir mittlerweile pro Woche 30 Keeper trainieren. Also wenn man bedenkt, wie lange wir als Verein existieren und den Lockdown mitberücksichtigt, haben wir schon eine ganze Menge auf die Beine stellen können. Wie so oft im Leben geht es auch in unserem Verein immer mal einen Schritt zurück aber dafür wieder drei voran. So hatten wir zum Beispiel für unser Sommer-Camp eine Menge Anfragen, jedoch wollten sich nur wenige festlegen, da alle in den Urlaub wollten. Sowas habe ich in all den Jahren noch nie erlebt, kann dies nach dem langen Lockdown aber sehr gut verstehen. Anhand der Situation haben wir uns dann entschlossen das Sommer-Camp nicht stattfinden zu lassen. Aber aufgeschoben ist nicht aufgehoben. Mal sehen, wie es im Herbst mit dem Sport unter freiem Himmel aussieht.

HL-SPORTS: Also soll im Herbst noch ein „Camp“ stattfinden? Und was ist sonst für die Zukunft geplant?

Sascha Knott: Ja, wir streben diesmal ganz entspannt für den Herbst an. Jedoch wissen wir ja noch nicht, ob solch ein Camp überhaupt stattfinden darf oder ob viele den Weg in die Sonne suchen. Wenn man die Medien verfolgt, werden ja jetzt schon „Horrorszenarien“ prognostiziert. Aber das werden wir dann alles sehen. Mehr Ziele haben wir für dieses Jahr erstmal nicht. Aber wir stecken schon in der Planung für das Jahr 2022. Da werden wir selbstverständlich auch wieder in die Schweiz zum Camp von Patrick „Fox“ Foletti fahren. Dieses Jahr nimmt Paul Wiencierz am Camp der „Foletti Goalie Schule“ teil. Ich muss dieses Jahr leider aus finanziellen Gründen zurückstecken, da der Transporter Vorrang hat. Aber im nächsten Jahr werde ich auch wieder mit von der Partie sein und mit einem weiteren Schüler unseres Vereins die FGS besuchen. Ich bin sehr stolz darauf, dass wir eine Kooperation mit der FGS kommunizieren dürfen und damit jedes Jahr einen Platz für einen unserer Mitglieder beim Camp der FGS reserviert ist. Ich bin gespannt, welches Mitglied wir im nächsten Jahr dafür fördern können. Wer Fox kennt und weiß, wie er trainiert, der weiß auch, dass das Training mit Fox immer ein absolutes Highlight ist. Unter dem Motto „Highlight“ möchte ich auch verbuchen, dass Fox nächstes Jahr zu uns nach Deutschland kommt. Ich freue mich riesig, dass wir Fox von unserem Verein überzeugen konnten. Denn auch in der Schweiz gibt es keinen Verein nur für Torhüter. Selbst Fox hat von solch einem Projekt noch nicht gehört. So hat Fox sich dann bereit erklärt, im nächsten Jahr August, eine Schulung bei uns abzuhalten. Die Schulung wird im „kleinen“ Kreise mit 20 bis 25 Teilnehmern stattfinden. Auch externe Trainer und Keeper dürfen dann daran teilnehmen. Die Schulung wird einen ganzen Tag gehen und aus Theorie und Praxis bestehen. Die Planung ist mittlerweile abgeschlossen und der Termin steht fest. Wenn also nichts Unvorhersehbares passiert, wird die Schulung so im August 2022 stattfinden. Alles weitere werden wir dann rechtzeitig über die Medien kommunizieren. Dann wollen wir selbstverständlich auch 2022 einen neuen Versuch für ein Sommer-Camp starten. Wir sind selbst gespannt, was wir noch so alles auf die Beine stellen können.

HL-SPORTS: Könnt ihr inzwischen genügend Mitglieder verbuchen?

Sascha Knott: Wir sind sehr zufrieden. Aufgrund dessen, dass wir „nur“ Torhüter trainieren, werden wir ja vermutlich nie eine Größe erreichen, wie beispielsweise Vereine, die Mannschaftssport anbieten. Dies ist ja auch immer von guten Trainern abhängig, so konzentrieren wir uns lieber auf Qualität anstatt Quantität. Deshalb mussten wir zeitweise sogar einen Aufnahmestopp aussprechen und haben nur noch in den Jahrgängen 2010 bis 2012 Mitglieder aufnehmen können, da alle anderen Gruppen ausgebucht waren. Mittlerweile sind aber auch in den älteren Jahrgängen wieder drei bis vier Plätze frei. Denn leider sind auch bei uns welche dem Corona-Lockdown zum Opfer gefallen, so dass mit dem Sport komplett aufgehört wurde. Das hat mich schon sehr getroffen. Zumal dies sogar Jungs waren, die gerade weitere Ziele erreichen hätten können. Einer sollte sogar in die Landesauswahl. Ein weiterer sollte in die Landesliga aufsteigen, den wir vor zwei Jahren aus der Kreisklasse-A aufgenommen hatten. Alles sehr schade. Aber dies haben wir ja schon während des Lockdowns vorausgesagt, dass Sportler mit ihrem Sport einfach aufhören. So sind auch wir davon nicht verschont geblieben. Leider.

Sascha Knott (Vorsitzender) und Torben Wenzel (2. Vorsitzender) des Hanse Keeperacademy Lübeck e.V.. Foto: Michael Raasch

HL-SPORTS: Eine Entwicklung eurer Mitglieder ist also trotz des Lockdowns zu beobachten?

Sascha Knott: Oh ja, zum einen haben wir ja während des Lockdowns immer wieder theoretische Dinge wie Webinare angeboten oder an solchen teilgenommen. Dann haben wir ab dem ersten Tag, wo Einzeltraining wieder erlaubt war, den Kraftakt auf uns genommen und jedem Mitglied einmal in der Woche Einzeltraining angeboten. Das war für Lasse Thielen und mich ein wirklicher Kraftakt. Zumal meine Gesundheit ja nicht mehr die beste ist. Dafür nochmal einen großen Dank an Lasse. Dies hat sich aber unter dem Strich ausgezahlt. Alle Keeper aus unserem Verein sind damit Top-Fit aus dem Lockdown gekommen und haben sich bisher einen Stammplatz erkämpft. Neben Lasse Thielen ist nun auch Domenik Krause zur Landesauswahl eingeladen worden. Unser 2009er Finn Wenzel wurde in die Auswahl im Kreis Segeberg berufen. Ein weiterer 2009er in die Lübeck-Auswahl. Zwei weitere, 2006 und 2004er, sind von Anfangs Kreisliga nun in die Landesliga oder Oberliga aufgestiegen. Unser Jüngste, er ist Jahrgang 2012, steht im Alternativkader des VfB Lübeck unter Beobachtung. Zwei 2010er von uns sind in die Auswahl berufen worden. Aber auch bei meinen „ältesten“ Keepern von der 1. Herren des SC Rönnau 74 sind sehr gute Fortschritte zu beobachten. Auch dort hat sich das Torwartspiel viel kompakter und mehr ins Detail entwickelt. Es gab auch in den Vorbereitungsspielen schon sehr interessante „Duelle“, wo sich unsere Keeper gegenüberstanden. Aus diesen Spielen haben wir dann gleich unsere Erkenntnisse gezogen und ein Training absolviert, um Fehler aufzuarbeiten. Alles in einem können wir der Entwicklung unserer Keeper sehr zufrieden sein.

Anzeige

HL-SPORTS: Kooperierst du außer mit Rönnau 74 mit noch anderen Vereinen?

Sascha Knott: Selbstverständlich. Unsere Haupt-Kooperationspartner sind der TSV Dänischburg und der ESV Hansa. Bei beiden Vereinen fühlen wir uns sehr wohl. Ich freue mich aber auch sehr ein Teil des Projektes des neuen JFV Lübeck zu sein. Diese auf den Weg gebrachte JFV hat ein Riesenpotential. Da möchten wir unseren Teil zu beitragen und trainieren daher die Keeper des neuen JFV. Wir haben in der vergangenen Saison, wenn man es so nennen kann, schon mit JFV GPE kooperiert. Das hat so gut funktioniert, dass wir uns auch der neuen JFV verbunden fühlen. Dies ist nicht nur an dem Wappen erkennbar, sondern eher, dass es um die Ausbildung und Förderung von Jugendlichen geht. Wir arbeiten dort eng mit allen Verantwortlichen zusammen und ich bin mir sicher, dass wir gemeinsam vieles konstruktiv auf den Weg bringen werden bzw. schon gebracht haben. Ich freue mich schon auf die Saison. Solch eine Kooperation wie mit der JFV Lübeck würde ich mir auch mit anderen Vereinen wünschen. Nur leider steckt da anscheinend immer noch eine gewisse Arroganz dahinter oder sie haben immer noch nicht verstanden, was wir für Arbeit leisten. Wenn ich höre, dass Vereine unseren Mitgliedern indirekt verbieten, bei uns zu trainieren, die wir aber von klein auf an ausgebildet haben, dann kommt mir teilweise die „Hutschnur“ hoch! Dann frage ich mich, warum diese Vereine es nicht selbst hinbekommen haben, die Jungs dementsprechend von klein auf auszubilden.

HL-SPORTS: Es wird indirekt verboten?

Sascha Knott: Naja, wenn die Vereine den Jungs gegenüber äußern, dass sie außerhalb des Vereinstrainings „weiter“ zu uns kommen „dürfen“ und dann vier- bis fünfmal die Woche Training plus Spiel angesetzt werden, dann frage ich mich, wann das dann noch stattfinden soll? Da muss ich dann den Verantwortlichen schon eine Verletzung der Fürsorgepflicht vorwerfen, wenn man Jungs, vielleicht sogar noch im Wachstum, so oft trainieren oder spielen lässt. Ich nehme da meine Fürsorge ernst und trainiere dann die Keeper nicht mehr. Damit stehen dann die Jungs wieder in einem Zwiespalt, da sie weiter bei uns trainieren wollen, aber den Druck von den Vereinen verspüren und Angst haben oder sogar geäußert wird, dass sie dann nicht spielen. Dies hat für mich nichts mit einer Ausbildung oder Förderung zu tun. Da wünsche ich mir für und im Sinne der Keeper mehr Kommunikation und Kooperation. Denn eines ist mal klar: Solche Vereine werden wir keinem Keeper empfehlen können.

HL-SPORTS: Was sagt du denn zu der „Keeper-Baustelle“ beim VfB Lübeck?

Sascha Knott: Die Antwort steckt in der Frage. Es ist die „Baustelle“ des VfB. Ich denke die Verantwortlichen werden die richtigen Entscheidungen für den Verein und die Keeper treffen.

HL-SPORTS: Aber nicht nur der VfB Lübeck hat ein Torwartproblem, sondern auch der HSV und FC St. Pauli in der 2. Bundesliga suchen. Man hat das Gefühl, dass Torhüter nicht auf Bäumen wachsen. Wie siehst du das?

Sascha Knott: Da hast du völlig recht. Die Torwart-Position wird in Zukunft ein Problem darstellen. Diese Entwicklung war aber schon vor einigen Jahren zu sehen. Es wird einfach nach wie vor zu wenig und mit zu wenig Qualität ausgebildet. Daher haben wir ja auch unseren Verein gegründet. Wir wollen erstmal regional die Vereine und Keeper in der Ausbildung unterstützen, um mehr Qualität hervorzubringen. Ob daraus mal ein Bundesligaspieler hervor geht, werden wir sehen. Dazu gehören noch viele weitere Punkte. Ganz vorne steht die Mentalität. Wer keine ausgeprägte Mentalität besitzt, wird es auch nicht nach ganz oben schaffen. Aber auch der DFB sollte aus meiner Sicht die Torwartausbildung überarbeiten. Unsere Ausbildung empfinde ich als veraltet. Da ist uns die Schweiz weit voraus. Dazu sind die Torwarttrainer Ausbildungen keine Lizenz. Ich muss also für eine Urkunde, denn mehr ist es nicht, 800 Euro auf den Tisch legen. Das steht so in keinem Verhältnis. Dazu kommt, wenn ich Torwart-A-Lizenz machen möchte, bestimmt der DFB, ob ich dies darf oder nicht. Da besteht aus meiner Sicht noch Verbesserungspotenzial.

HL-SPORTS: Sascha, das war sehr interessant und informativ. Die Vereine dürfte das sicherlich interessieren. Danke, dass du dir die Zeit genommen hast und weiterhin viel Erfolg. Wir werden weiter am Ball bleiben.

Gefällt Dir unsere journalistische Arbeit?

Dann unterstütze uns hier mit einem kleinen Beitrag. Danke.

- Anzeige -