Lübeck – Der Deutsche Fußball-Bund hat seit einigen Jahren einen neuen Weg eingeschlagen und schafft alle Wettbewerbe, Ergebnisse, Tabellen und Meisterschaften komplett weg. Damit versucht der DFB schlechte Ergebnisse bei den Erwachsenen vorzubeugen, jedoch findet der Verband mit dieser Methode nicht unbedingt überall Zuspruch und Verständnis.
Rückschritt statt Fortschritt
Die schlechten Ergebnisse der DFB-Teams sprießen nur so aus dem Boden. Die Frauen scheiden bei der WM in der Vorrunde aus, auch die Männer scheiterten zuletzt, seit der Weltmeisterschaft 2014, in den großen Turnieren kläglich. Die A-Nationalmannschaft flog bei den letzten beiden Weltmeisterschaften jeweils in der Vorrunde raus. Auch die U21 schied bei der letzten Europameisterschaft in der Gruppenphase aus. Nur die U17 überzeugte zuletzt mit dem Gewinn der Europameisterschaft in Budapest. Eine Antwort, die der DFB auf diese Misere hat, ist die Abschaffung des Wettbewerbs Stück für Stück.
Spielwertungen ade
Wettbewerbe, Ergebnisse, Tabellen und Meisterschaften sollen bald Geschichte sein. Bei den jungen Nachwuchskickern (5 bis 11 Jahre) werden Spiele, je nach Landesverband, bereits nicht mehr gewertet. Die Paarungen werden mit „o.E.“ auf dem Zettel notiert. Ohne Ergebnis. Im Grunde treffen sich zwei Mannschaften, um ein wenig gegeneinander zu kicken, ohne die Möglichkeit einen richtigen Erfolg zu erlangen. Lediglich bei Vereinsturnieren können Pokale und Medaillen eingesammelt werden.
Auch höhere Jugenden sind im Visier des DFB geraten. 2024 sollen auch die Mannschaften der U17 und U19 darunter leiden. Der Verband möchte auch in diesen Bundesligen den Wettbewerb abschaffen. Dieser Entscheid wurde bereits durch Gremien und Kommissionen bestätigt und ausgearbeitet. Die Ligen sollen nicht komplett verschwinden oder der Wettbewerb soll nicht komplett abgeschafft werden. Es sollen neue Ligen gegründet werden, allerdings ohne Teams, die am Ende der Spielzeit aus der jeweiligen Klasse absteigen können. Ein wenig fällt der Wettbewerb und die Konkurrenz dann trotzdem weg, denn ein Kampf gegen den Abstieg in eine niedrigere Klasse gibt es dann nicht mehr.
Verschlimmbesserung statt Verbesserung
Die Begründung des DFBs ist allerdings fraglich. Der Deutsche Fußball-Bund will den Ergebnis-Druck reduzieren und dafür auf Entwicklung und Förderung setzen. Inwiefern diese wettbewerbslose Methodik die Qualität, die individuelle Klasse, den Hunger und den Ehrgeiz der Spieler steigern soll und die Turniere der erwachsenen deutschen Profifußballer in Zukunft erfolgreicher gestalten soll, bleibt fraglich und abzuwarten.
Meinungen im Norden: Zwischen Positivität und Negativität
Sowohl Jerome Arps, U19-Trainer VfB Lübeck, als auch Niclas Warsteit, U19-Trainer SV Eichede, könnten in naher Zukunft von diesen Veränderungen betroffen sein. Beide sind Trainer von A-Junioren-Mannschaften in der Regionalliga Nord. Inwiefern sich die zwei jungen Coaches mit der Thematik beschäftigen und welche Eindrücke die Ideen des DFB machen, erzählten sie exklusiv in einem Statement bei HL-SPORTS.
Jerome Arps, U19-Trainer des VfB Lübeck: „Letztendlich muss man sagen, dass wir da vom VfB von einer weiteren Entfernung zugucken. Wir wollen uns erstmal auf die Regionalliga konzentrieren und freuen uns, dass wir eine Liga höher kicken können als letzte Saison mit der U19. Ich denke, dass sich da viele beim DFB Gedanken gemacht haben, wie der Jugendfußball in Deutschland aussehen könnte. Da haben sie sich mit Sicherheit viel gedacht, es so zu verändern. Ich stehe dem weder positiv noch negativ gegenüber. Ich schaue erstmal wie sich das Ganze entwickelt. Vielleicht ist es ja das, was wir gerade brauchen und wenn nicht, wird der DFB mit Sicherheit auch handeln und die ganze Idee optimieren und anpassen. Wir wissen alle, dass Dinge, die früher gut waren, heute vielleicht nicht mehr gut sind und andersherum genauso. Die Generationen und der Fußball wandelt sich mit der Zeit. Wir konzentrieren uns jetzt erst einmal voll auf diese Saison und den VfB und dann schauen wir, was aus dieser Sache noch wird.“
Niclas Warsteit, U19-Trainer des SV Eichede: „Auf der einen Seite bin ich der Meinung, dass wir in der Talentförderung in Deutschland deutliches Verbesserungspotenzial haben. Auf der anderen Seite sehe ich jedoch im Rahmen der „Unwichtigkeit“ der Ergebnisse in diesem Modell viele kritische Seiten. Unsere Nationalmannschaft stand 2014 beim WM-Titel dafür, dass sie mit Herz, Leidenschaft und Teamgeist auf dem Platz überzeugt hat, daher hinterfrage ich kritisch, ob diese Grundtugenden bei derartigen Wettkämpfen im großen Fokus stehen. Ich hätte mir als Trainer eines Amateurvereins eher gewünscht, eine altersübergreifende Perspektivliga einzuführen, um die Top-Talente im Verein besser zu fördern. Beispielsweise spielen die Top-Spieler der U17 und U19 eine gemeinsame Wettkampfrunde, in einer sogenannten Perspektivliga. Jedoch sehe ich auch Vorteile an diesem Modell, exemplarisch den jungen NLZ-Trainern den Druck des ständigen Gewinnens zu nehmen. Meiner Meinung nach lässt sich der Erfolg erst nach zwei bis drei Spielzeiten absehen, weswegen ich sehr gespannt auf die Umsetzung und das Leben dieser Junioren-Bundesliga bin.“