Dr. Dieter Gudel, VfB Lübeck, Vorstandsvorsitzender äußerte sich ausführlich zum Thema Sportwetten in den unteren Ligen. Foto: Redaktion

Lübeck – Die Nachricht schlug gestern ein wie eine Bombe. Die Hamburger Morgenpost berichtete über 17 Spiele in der 3. Liga, in zwei Regionalligen und diversen Oberligen, die aus Wettbetrugsgründen manipuliert worden sein sollen. Wenig später veröffentlichte das Hamburger Abendblatt, das auf den sechsten Spieltag der Oberliga Hamburg (Wochenspieltag am letzten Dienstag) live gewettet werden konnte und zwei Vereine Datenscouts von den Plätzen verwiesen (mehr dazu bei OBERLIGA.info). Ob auch Spiele in Schleswig-Holstein oder mit Beteiligung von Vereinen des Landes betroffen sind, ist weiterhin nicht bekannt. Der Deutsche Fußball-Bund informierte die Clubs am Freitag über die Ermittlungen und den aktuellen Stand, schwieg sich aus, um welche Spiele es sich handelt.

„Ross und Reiter nicht genannt“

„Der DFB hat uns und alle Vereine heute Vormittag (Freitag, Anm. d. Red.) darüber informiert“, berichtete Dr. Dieter Gudel, Vorstandsvorsitzender des VfB Lübeck, im Pressegespräch vor dem Spiel beim SSV Jeddeloh: „Der Verband hat auf den Artikel der Morgenpost referenziert und mitgeteilt, dass die Ermittlungen im Gange sind. Er hat aber Ross und Reiter nicht weiter benannt.“ Natürlich interessiert den Chef der Grün-Weißen, ob auch Spiele mit VfB-Beteiligung betroffen sind, bisher konnte Gudel dies noch nicht verifizieren: „Wir wissen nicht, ob Spiele von uns betroffen sind.“

Dafür legt der Vorstandsvorsitzende die Finger in die Wunde, was generell Wetten auf Fußballspiele angeht: „Es wird halt sehr viel Geld über Sportwetten umgesetzt. Und was die Leute unterschätzen: es wird nicht in der ersten oder zweiten Liga das meiste Geld umgesetzt, sondern in dritten, vierten und fünften Ligen. Das Monitoring ist nicht so gut und außerdem geht es nicht darum, dass es spektakuläre Spiele sind, sondern dass man für einen Euro einen Zweiten herausholen kann. Der Wettmarkt verdient da richtig Geld. Ich rate immer Zuschauern dazu, drauf zu achten, ob auf den Tribünen ihnen Unbekannte sitzen, die einen Knopf im Ohr haben und während der Spiele die ganze Zeit kommunizieren. Es erfolgt vor Ort Monitoring. Ich habe das in der Oberliga und der Regionalliga schon beobachtet, wobei ich nicht sagen kann, ob es dazu da ist den Buchmacher zu schützen oder zur Wette dazu gehört.“

Da Wetten auf Amateursport in Deutschland verboten sind, konzentriere sich das Geschehen auf den asiatischen Wettmarkt. „Spätspiele sind in Asien Morgenspiele“, merkt Gudel an: „Dieser Markt ist von den Buchmachern und damit auch von Sportradar nur so halb im Blick. Ich weiß, dass Spieler immer wieder Avancen bekommen haben, sich dagegen wehren und dies auch anzeigen. Das bleibt auch zum Schutz der Spieler meist außerhalb der Öffentlichkeit.“

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Jan Schönteich, Sportchef von Tus Dassendorf, zeigt klare Kante. Foto: Lobeca/Homburg

Keine Hinweise in Dassendorf – Klare Kante vom Sportchef

In den Fokus gerückt ist, bedingt durch die Berichterstattung, die Oberliga Hamburg – für Jan Schönteich, Sportchef vom Lauenburgischen Club TuS Dassendorf, ein Schock: „Ich konnte die Berichte gar nicht glauben.“ Hinweise darauf, dass Spiele von „Dasse“ unter den vom DFB untersuchten Spielen sein könnten, hat Schönteich nicht: „Wenn ich mir unsere Spiele aus der letzten Saison oder aus dieser Saison anschaue, dann kann ich keine Anzeichen erkennen, dass dort manipuliert wurde. Weder bei unseren Niederlagen noch bei unseren Siegen. Ich glaube daher nicht, dass eines unserer Spiele betroffen ist. Mit Sicherheit wissen tun wir es aber auch nicht.“

Grundsätzlich hält der 56-Jährige nichts davon, einen Generalverdacht zu erheben, stellt aber klar: „Wetten haben im Amateursport nichts zu suchen. Und wenn hier jemand manipuliert hat, muss dem nachgegangen werden.“ Ob Datenscouts in der Vergangenheit auch am Wendelweg zugegen waren, konnte Schönteich nicht bestätigen: „Grundsätzlich kenne ich eigentlich alle Zuschauer bei uns persönlich. Aber wir werden unseren Ordnungsdienst entsprechend sensibilisieren, dass wir da genauer hinschauen.“
Wie Dr. Dieter Gudel kann auch Jan Schönteich nicht ausschließen, dass es in den unteren Ligen schwarze Schafe gibt. „Jeder Mensch ist käuflich, es muss nur die Summe stimmen“, so der TuS-Sportchef – Wetten auf Amateurspiele „widern mich an.“

In dieser Causa bleibt es aber spannend – man darf gespannt sein, was in den nächsten Wochen noch so alles öffentlich wird. Und wer weiß, wie weit die Kreise in diesem Manipulationsskandal noch gehen.

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