Aristoteles Definition von Zufall lautet: Wenn im Bereich der Geschehnisse, die im strengen Sinn wegen etwas eintreten und deren Ursache außer ihnen liegt, etwas geschieht, das mit dem Ergebnis nicht in eine Deswegen-Beziehung zu bringen ist, dann nennen wir das „Zufall“.
Was Aristoteles meint: Seit zweieinhalb Wochen versuche ich mit Michi Kontakt aufzunehmen. Einer Deutschen, die als Tour-Guide in Katar arbeitet und die mir von Uschi, der Herausgeberin des Online-Portals „Expataktuell“, die jeden Tag meine Kolumne druckt, empfohlen wurde.
Bisher vergeblich. Irgendwas kommt immer dazwischen – bei ihr. Sie habe eine deutsche Fangruppe zu betreuen und das sei ziemlich viel Stress. Jetzt mein letzter Versuch. Wo bist Du? Antwort: „Im Beach Club“. Oh, ich auch. Und wo? „Irgendwo an der West Bay“. Ich auch. An der West Bay in Doha gibt es viele Beach Clubs, geschätzt mit 1.000 Liegen. Wie heißt der Club? „Keine Ahnung, ich bin erstmals hier, sende dir ein Foto“. Sie auf der Liege am Strand. Mich trifft der Schlag. Ich entdecke mich. Michi liegt zwei Meter von mir entfernt. Hallo Aristoteles. Am Mittwoch sind wir unterwegs zu einer Farm mit Falken, dann zum Kamel-Rennen. Aber viel wichtiger ist das, was Michi erzählt. Eine waschechte Bayerin, die einst dem tristen Winter entfliehen und einen Kumpel in Doha besuchen wollte. „Ich habe mich vom ersten Tag an verliebt – nicht in den Kumpel, aber in Katar.“ Weil die Tochter aus dem Haus war und keine familiären Verpflichtungen bestanden, hatte sie das Abenteuer gewagt. Michi allein in Katar. Heute, neun Jahre später, ist sie eine der selbstbewusstesten Frauen, die ich je getroffen habe. Michi arbeitet als Hafen-Operation-Managerin, sorgt für den reibungslosen Ablauf der Ausflüge von Kreuzfahrt-Touristen. Jetzt, in Weltcup-Zeiten, boomt das Geschäft, eine Agentur hat sie für die Betreuung von hochkarätigen Gästen aus Deutschland gebucht. Die sind überrascht, wenn Michi poltert: Eine Schande, was in Deutschland über Katar berichtet werde. Lügen über Lügen. Alles werde ins Negative gedreht. Niemand rede mit Bauarbeitern, mit katarischen Frauen oder mit ihr. Zwei TV-Interviews mit ihr wurden abgebrochen, weil sie über das Positive in Katar reden wollte. Über Frauenrechte, Toleranz, Sicherheit. Nie in neun Jahren habe sie als Frau eine gefährliche Situation erlebt. Sie werde als Gastarbeiterin gut bezahlt