Im Vorfeld ging Travemündes Coach Olaf Schimpf davon aus, dass beiden Abwehrreihen eine entscheidende Rolle zukommen würde. So präsentierten sich sowohl die Raubmöwen als auch der Nord-Express sehr kompakt. Folglich lief im Angriff nahezu alles über den Rückraum. Im Gegensatz zum grandiosen Sieg in Oyten kamen die Außenpositionen und der Kreis nur selten zum Zuge. Aber eben darauf war der TSV Travemünde eingestellt. Allen voran Laura Neu, die trotz ihres ersten Fehlversuchs kein Risiko scheute, Das spornte auch ihre Nebenleute an. Ob nun Jana Gläfke, Pia Dalinger, oder auch Sophie Hartstock: Sie probierten es aus allen Lagen. Das Ergebnis spiegelte sich in spektakulären und erfolgreichen Aufsetzern und Hebern wider. Begünstigt auch dadurch, dass sich der Harrisleer Mittelblock sehr auf Travemündes Kreisläuferin Steffi Schoeneberg konzentrierte und so zusätzlicher Platz für den Rückraum geschaffen wurde. Hier und da hätten die Raubmöwen diesen Freiraum noch konsequenter nutzen können.
Dennoch diktierten die Gastgeberinnen in der ersten Halbzeit den Spielfilm. Jana Gläfke und Laura Neu sorgten nach 4:19 Minuten für eine 2:0-Führung. In der Folgezeit kam der TSV Nord Harrislee immer wieder heran; so beispielsweise beim 3:3 (7.) oder 6:6 (13.). Zur Führung langte es nicht, diese lag ausschließlich auf Seiten der Raubmöwen. Als Freya Welchert, Sophie Harstock und Laura Neu bis zur 26. Minute den Vorsprung auf 15:10 hochschraubten, schien die Schimpf-Sieben auf dem besten Wege, mit einem beruhigenden Polster in die Halbzeitpause zu gehen. Bis dahin konnte Nord-Trainer Herluf Linde auch nicht umhin, zunächst in der 15. und dann noch einmal in der 27. Minute seine beiden Torhüterinnen gegenseitig zu tauschen. Doch das mentale Abschalten erfolgte zu früh, so dass der Nord-Express noch einmal auf 12:15 herankam.
Dieses kleine Zwischentief schienen die Raubmöwen mit Beginn der zweiten Hälfte weggesteckt zu haben, denn Steffi Schoeneberg mit dem ersten Treffer vom Kreis sowie Mirlinda Hani erhöhten auf 17:12 (34.). Auch die für die starke Hanna Belgardt ins Tor gekommene Hanna Patalas fügte sich mit drei Paraden glänzend ein.
Dann der nur schwer zu erklärende Bruch; innerhalb von sechs Minuten egalisierten die Gäste den Fünftore-Rückstand. Wiederum Laura Neu gelang noch einmal das Travemünder 18:17, doch nach dem Ausgleich durch Ex-Raubmöwe Luisa Kieckbusch schaffte Ann-Karolin Lache in der 44. Minute die erstmalige Nord-Führung – welche sie bis zum Abpfiff nicht mehr hergeben sollte.
Es bestätigte sich das, was Olaf Schimpf schon im Vorfeld dieser Saison sagte: „Wir können nicht erwarten, dass die Mädels dauerhaft auf einem gleichhohen Level spielen werden.“
Die treffende Analyse Trainer Schimpfs nach einer 60-minütigen Achterbahnfahrt: „36 gute Minuten reichen halt nicht aus, so einfach ist das. Das ist die Jugend, die sich beim 17:12 zu sicher war. Ein Teil der Spielerinnen hat heute nicht annähernd an ihre eigentliche Stärke herangereicht. Es ist ärgerlich, gar keine Frage.“
Die Raubmöwen spielten mit: Belgardt, Patalas – Schoeneberg (1), Fischer, Gläfke (2), Stammer (2), Nicolai, Hartstock (3), Karau, Lara Kieckbusch (2), Welchert (1), Dalinger (2), Neu (9), Hani (1).