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Lübeck – Es war eine große Überraschung, als die Travemünde Raubmöwen ihren neuen Trainer präsentierten. Nachdem zuletzt mit Thomas Kruse und Olaf Schimpf zwei sehr erfahrene Coaches das Sagen am Steenkamp hatten, stellte man mit Christoph Nisius einen Novizen an der Seitenlinie vor. Doch der ehemalige Torhüter -u.a. für den ATSV Stockelsdorf und den Ahrensburger TSV aktiv- ist als Trainer ein gänzlich unbeschriebenes Blatt, hat aber klare Vorstellungen und Ideen. Zudem konnte er in seinen ersten beiden Trainerjahren im Nachwuchs Titel feiern. Mit seinen Ideen konnte er die Verantwortlichen um Raubmöwen-Teammanager Christian Görs überzeugen. In einem ausführlichen Interview stellte sich Nisius nun den Fragen von HL-SPORTS. Wir sprachen mit dem bald 33-jährigen darüber, wie der Kontakt zustande kam, welche Handballideen er hat und was er über die kommende Saison bei den Raubmöwen denkt.

HL-SPORTS: Christoph Nisius, du bist als Trainer eher unbekannt. Wie kam der Kontakt mit den Raubmöwen zu Stande?

Christoph Nisius: „Ich habe seit meines C-Lizenzlehrganges vor zweieinhalb Jahren stetigen Kontakt zu Olaf Schimpf, welcher Referent war. Schnell stellte sich heraus, dass wir in etwa die gleichen Vorstellungen vom Handball haben. Als Trainer der wJC (Regionsligameister)und  dann JB des TSV Ratekau (Schleswig-Holstein Liga Meister) konnte er meine Entwicklung und die der Spielerinnen verfolgen. Ich beschäftigte mich mit dem Konzept des VfL Bad Schwartau. Zudem übernahm ich phasenweise Aufgaben beim HVSH als Stützpunkttrainer. So kam es zu Gesprächen mit Olaf und den Verantwortlichen der Raubmöwen.“

HLS: Welche Art von Handball bevorzugst du?

CN: „Das kann ich nicht so pauschal sagen! Generell mag ich alle umfangreichen Facetten unseres Sportes und als Trainer möchte ich jede Spielerin bei diesen Facetten -sei es die Athletik, Handlungschnelligkeit, Technik, Spielverständnis, Koordination, um nur einige zu nennen- an ihr persönliches Maximum bringen und weiterentwickeln. Jede Einzelne und das Team an sich. Doch aufgrund der jeweils vorherrschenden Rahmenbedinungen wie Trainingszeit, Erfolgsdruck, Ausstattung uvm. muss man Abstriche machen um im Rahmen dessen versuchen das Optimum rauszuholen.“

HLS: Das heißt, dass du keine bevorzugte Philosophie hast, was die Taktik angeht?

CN: „Generell glaube ich an den Satz: ,“Spiele gewinnt man im Angriff, Meisterschaften in der Abwehr“. Da ist viel dran. Ich bevorzuge flexible, offensive, auf Ballgewinn ausgerichtete Abwehrsysteme mit schnellem Umschaltspiel. Im Angriff muss ein stetiger Wandel und die nötige Flexibilität vorhanden sein, worauf ich aber nicht näher eingehen möchte. Ich möchte nach Möglichkeit auf marode Auftakthandlungen verzichten und fokussiere das Angriffsspiel auf gewonnene Zweikämpfe sowie Kleingruppentaktik.“

HLS: Kommen wir auf deine Mannschaft zu sprechen. Du hast eine junge, aber größtenteils schon drittligaerfahrene Truppe. Wie groß ist da der Unterschied im Training zu deinen Ratekauer Junioren-Mädels? Gerade im Hinblick auf Spielverständnis oder Taktik.

CN: „Die beiden Mannschaften kann man partout nicht miteinander vergleichen. Bei den jetzigen Mädels weiß jede warum sie sich fast jeden Tag in der Woche zum Training begibt, auch mal quält und auf vieles verzichtet! Bei Ratekau war es, auch aufgrund des jungen Alters, ein bunter Mix aus wollenden Leistungssportlerinnen und Hobbysportlerinnen. Taktisches und spielerisches Verständnis ist ein Prozess aus Trainingszeit, Auffassungsgabe und Aufmerksamkeit, da muss jede einzelne Betrachtet werden.“

HLS: Jetzt hast du 12 Spielerinnen im Kader plus die leider verletzte Nine Bollmann. Siehst du noch Handlungsbedarf auf einer Position oder könnt ihr mit dem Kader die Saison bestehen?

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CN: „Im Rückraum sind wir aktuell personell dünn besetzt und wir schauen uns derzeit noch intensiv um. Jedoch ist es aufgrund diverser Faktoren nicht einfach jemand passendes, der uns auch weiterhelfen kann, zu finden. Zudem schauen wir von Woche zu Woche die Entwicklungen der A- und B-Jugendlichen an, welche noch nicht im Raubmöwen-Kader stehen. Aus der Not eine Tugend machen. Das klappte ja bereits letztes Jahr. So recht glaubte keiner daran, dass die Raubmöwen den Abstieg verhindern. Im Vorwege wusste ich um die Situation und die Abgänge, glaube an uns und jede Einzelne! Deswegen habe ich mich auch entschieden die Aufgabe anzunehmen!“

HLS: Wäre es dennoch nicht von Vorteil, noch eine erfahrene Rückraumspielerin zu holen?

CN: „Ja, wenn sie auch die nötige Klasse und die nötigen Führungsqualitäten hat, bereit ist unser modernes junges System anzunehmen. Der heutige Ausbildungshandball unterscheidet sich eklatant von dem vor fünf oder zehn Jahren. Ein Crossover Beispiel ist da unsere  junge Herrennationalmannschaft.“

HLS: Ihr habt als Saisonziel den Klassenerhalt ausgegeben. Wie wichtig ist da ein guter Start? Immerhin habt ihr nach dem Auftakt gegen Oyten mit der HSG Jörl-Doppeleiche Viöl und der HSG Heidmark zwei Aufsteiger als Gegner.

CN: „Ein guter Start wäre natürlich wünschenswert, denn wenn man erst einmal unten drin steht wird es sicher nicht einfacher!  Oyten wird uns nicht noch einmal so unterschätzen wie letzte Saison. Abgerechnet wird am Ende, aber wir müssen unsere Punkte definitiv gegen die Aufsteiger machen und hier und da eine kleine Sensation schaffen.“

HLS: Wen siehst du als eure Hauptkonkurrenten im Kampf um den Klassenerhalt?

CN: „Vechta, Minden und Heidmark. Wobei alle drei große Unbekannte sind und in einem Aufstiegsjahr viel passieren kann, was Transfers angeht.Viöl schätze ich aktuell noch etwas stärker ein als die anderen drei.“

HLS: Zum Abschluss: wie würde sich der Trainer Christoph Nisius selbst charakterisieren?

CN: „Ehrgeizig, lernwillig, emotional, Aufopferungsvoll, zielorientiert, aufgeschlossen, etwas eigen. Und am Ende immer noch ein Mensch.“

HLS: Christoph Nisius, vielen Dank für deine Zeit und deine Offenheit. Viel Glück in der neuen Saison.

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