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Lübeck – Die mitgereisten Fans trommelten, schrien, jubelten und hatten am Ende doch lange Gesichter. Denn aus Sicht des TSV Travemünde dauert ein Handballspiel leider 60 Minuten, sonst hätte die junge Mannschaft von Christoph Nisius für eine mittelschwere Sensation gesorgt. Doch am Ende mussten die Raubmöwen der breiteren Bank, der körperlichen Überlegenheit und der größere Erfahrung des Gegners Tribut zollen, verlor das Auswärtsspiel beim Tabellenzweiten SV Henstedt-Ulzburg mit 26:29 (16:13). Die Mädels aus Travemünde können aber dennoch stolz auf sich sein.

Denn 60 Minuten lang -mal mehr, mal weniger- spielten die Raubmöwen in Unterzahl. Das Schiedsrichtergespann Bolus/Foitzik war definitiv nicht auf Seiten der Raubmöwen, praktisch jede strittige Entscheidung wurde gegen Travemünde entschieden und beim Schulungsthema „Wie viele Schritte darf ich ohne Prellen machen“ dürften die Unparteiischen komplett gefehlt haben. Dies allein war nicht der Faktor für die Niederlage, doch eine, durch die Entscheidungen hervorgerufene, spürbare Verunsicherung in der Raubmöwen-Abwehr war vor allem zwischen der achten und 20. Minute zu beobachten.

Bis zur achten Minute packte Travemünde in der Abwehr zu, sorgte durch konsequente und harte Deckungsarbeit dafür, dass die Frogs-Ladies kaum zum Zug kamen. Das 3:3 durch Lara Fischer war daher auch völlig verdient. Dann folgte die bereits angesprochene Verunsicherung und Henstedt nutzte dies aus. Marleen Völzke traf per Siebenmeter zur ersten Zwei-Tore-Führung des Favoriten (5:3/12.) und mit dem 10:6 von Janicke Bielfeldt, eine der zahlreichen Ex-Raubmöwen beim SVHU, schien die Partie in der 18. Minute den erwarteten Verlauf zu nehmen.

Doch nach dem folgenden Torwartwechsel (Pooch für Patalas) ging auf einmal ein Ruck durch die Mannschaft. Lina Pooch führte sich mit zwei Paraden gut ein und vorne sorgte ein Fischer-Kracher für den nötigen „Hallo-Wach-Effekt“. Und nun spielten sich die Raubmöwen förmlich in einen Rausch. Die Abwehr stand und vorne waren es vor allem Fischer sowie die ungemein agile Jamila Popiol, die immer wieder die Lücken in der 6:0-Abwehr der Frogs-Ladies fanden. Nach einem 7:1-Lauf führte der Außenseiter auf einmal mit 13:11 (25.). Nach einem Treffer von Charlotte Riesner ging es sogar mit einem 16:13 in die Pause, der Traum von der Sensation lebte.

Und er bekam direkt nach der Pause weiter Nahrung. Drei Treffer von Fischer führten zu einer 19:14-Führung nach 33 Minuten. Was sollte jetzt noch schief gehen? Eine Menge, soviel sei gesagt. Ob die jungen Raubmöwen auf einmal Gedanken an die Sensation verschwendeten, ob sie Angst vor der eigenen Courage hatten oder ob es „nur“ die typische Schwächephase während eines Spiels war und der Gegner es nutzte: die Erklärungen für die Minuten danach können vielfältig sein. Jedenfalls glich Henstedt-Ulzburg die Partie binnen fünf Minuten aus, die eingewechselte Marleen Kadenbach traf gleich viermal – 19:19 (38.).

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Aber die Raubmöwen ließen sich davon nicht unterkriegen, sie setzten nach der kurzen Schwächeperiode wieder Akzente und gingen in Führung. Lara Kieckbusch mit unbändigem Willen, Fischer und die aufmerksame Luisa Karau sorgten noch einmal für das 24:22 (50.). Doch der Kraftverlust war den Raubmöwen anzumerken, zumal SVHU-Coach Sebastian Schräbler mit Kadenbach, Katharina Rahn oder Dina Bergmane-Versakova noch enorme Qualität und auch Quantität von der Bank bringen konnte. Im Gegensatz dazu hatte Christoph Nisius nur drei Bankspielerinnen dabei, so dass die Kräfte in der Schlussphase unübersehbar schwanden. Dennoch sorgte Popiol nochmal für den Ausgleich zum 25:25 (54.).

Die Frogs-Ladies mussten sich also weiter kräftig strecken, doch ausgerechnet in eigener Unterzahl kamen sie auf die Siegerstraße. Die Raubmöwen konnten die zahlenmäßige Überlegenheit nicht nutzen, stattdessen erzielten Bergmane-Versakova und Kadenbach das entscheidende 27:25 (57.). Travemünde kam nicht mehr zurück, Marthe Nicolai erzielte dann den letzten Treffer der Partie mit dem 26:29 aus Sicht des TSV. Somit wurde eine spielerisch starke und couragierte Leistung nicht mit mindestens einem verdienten Punkt belohnt. Es blieb nicht mehr als verdienter Applaus von den mitgereisten Eltern und Fans.

Teammanager Christian Görs und Trainer Nisius waren, bei aller Enttäuschung über das Ergebnis, zufrieden mit dem Spiel ihrer Mannschaft. Letzterer sagte zu HL-SPORTS: „Ich bin sehr stolz auf meine Mannschaft. Es war toll wie sie gegen den Meisterschaftsfavoriten gespielt hat. Leider haben uns am Ende die nötigen Körner gefehlt, um den Punkt einzutüten.“

Aber die Leistung macht Lust auf mehr und sind das richtige Zeichen für die vielleicht entscheidenden Wochen der Saison. Die beginnen in der kommenden Woche, wenn die A-Jugend des VfL Bad Schwartau das Viertelfinale in der Bundesliga perfekt machen will, und gehen danach weiter. Dann kommen die direkten Konkurrenten aus Minden und Oldenburg an den Travemünder Steenkamp, ehe im Anschluss die Reise nach Wismar wartet.

Die Raubmöwen spielten mit: Lange, Pooch (8 Paraden), Patalas (3) – Fischer (10 Tore/2), Nicolia (3), Adamczewska, Riesner (2), Karau (1), Kieckbusch (1), Dalinger (2), Popiol (6), Frauenschuh (1)

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