Virus-Experte Professor Dr. Rupp: „Am Ende fällt es allen auf die Füße“

Professor Dr. Jan Rupp ist Direktor der Klinik für Infektiologie und Mikrobiologie am UKSH Lübeck. Foto: UKSH

Lübeck – Vor fünf Monaten begann die Corona-Krise und die Infektionen stiegen von Tag zu Tag. Weltweit breitete sich das Virus SARS–CoV-2 schnell aus. Der Sport brach zusammen und die Wirtschaft ging in die Knie. Ein Lockdown war das vorläufige Ergebnis. Jetzt steigen die Fälle wieder und es gibt trotzdem Lockerungen. Professor Dr. Jan Rupp, Direktor der Klinik für Infektiologie und Mikrobiologie am UKSH Lübeck, nahm sich Mitte April dieses Jahres Zeit und sprach mit HL-SPORTS über die damalige Lage. Jetzt vier Monate später beantwortete wieder Fragen, die Lübeck und die Welt beschäftigen. Ein zweites Interview.

„Diese Einzelfälle wird es geben“

HL-SPORTS: Hallo Professor Dr. Rupp, steigende Zahlen in Schleswig-Holstein und der Sport darf wieder loslegen. Wie passt das zusammen?

Prof. Jan Rupp: Wir haben seit vielen Wochen in einigen Bereichen Lockerungen. Sicherlich stellte sich da auch die Frage bei dem einen oder anderen, warum man an den Strand gehen, aber beispielsweise nicht Fußballspielen durfte. Es ist eine gewisse Verlässlichkeit in den Entscheidungen wichtig und sagt, wenn die grundsätzlichen Gegebenheiten stimmen, die wir alle in den vergangenen Monaten verinnerlicht haben, spricht nichts dagegen draußen Sport zu treiben. Am Infektionsgeschehen sieht man ganz gut, dass es gar nicht so sehr die Lockerungen sind, sondern eher durch die Reiserückkehrer ein Hauptproblem aufkommt. Jetzt muss man höllisch aufpassen, dass sich nicht alles miteinander vermischt – die Schulen machen auf, der Tourismus läuft und der Sport geht wieder los. Die Bereiche, die man gerade erst aufgemacht hat, wieder genauer zu beobachten und das ist die eigentliche Schwierigkeit. Kommt ein Reiserückkehrer zurück und geht unentdeckt wieder zum Sport, zur Arbeit oder in die Schule wäre das ein Problem. Diese Einzelfälle wird es geben, aber sie müssen ganz marginal gering bleiben, damit auf keinen Fall wieder so ein Generalverdacht für diese offenen Bereiche entsteht. Da ist jeder einzelne gefordert selbst aufzupassen, einmal eben nicht zum Training zu gehen. Ansonsten könnte er vielleicht auch wieder ein paar Wochen gar nicht trainieren. Wenn die ersten Schritte schiefgehen, dann reichen schon ein paar einige Unvernünftige. Die Geselligkeit ist nach dem Sport sicherlich auch eher das, was man in Frage stellen muss.

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„Das will niemand“

HL-SPORTS: Befinden wir uns jetzt schon in der zweiten Welle oder ist es immer noch die direkte Auswirkung aus dem März und April?

Prof. Jan Rupp: Es gab weltweit noch nie so viele Covid-Fälle und eine so schnelle Verdoppelungsrate wie derzeit. Ja, wir haben einen Anstieg und hätten wir die Lockdown-Maßnahmen beibehalten, wären wir jetzt bei null geblieben. Dann wäre niemand verreist oder an die Seen gekommen. Das will aber niemand. Wir müssen vermutlich wieder Fälle in Kauf nehmen und auch Todesfälle, aber das tun wir bei jeder anderen Erkrankung auch. Da ein Mittelmaß zu finden, ein niedrigschwelliges Geschehen zu finden, ist schwierig. Zum Juli ist es zwar angestiegen, aber zum Peak im April sind wir wieder drunter. Die Krankenhäuser haben die Kapazitäten, doch man muss aufpassen, dass es nicht unkontrolliert weitersteigt. Jeder muss sein eigenes Risiko selbst einschätzen. Ich persönlich glaube nicht, dass wir in einer zweiten Welle sind, sondern in einer Auf- und Abbewegung. Wenn man das jetzt mit den Reiserückkehrern gut in den Griff bekommt, könnten die Zahlen wieder weniger werden und vielleicht zum Winter in der normalen Grippezeit wieder etwas mehr. Nur entgleiten lassen darf man diese Bewegung nicht. >>>weiterlesen auf der nächsten Seite >>>

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