Lübeck – Brian Schweder, der Gesamt-Wettfahrtleiter der Travemünder Woche, kündigte in der morgendlichen Wettfahrtleiter-Besprechung für den Montag einen großen Tag an, der in Sachen Wind mit dem „wunderbaren Sonnabend" konkurrieren würde. Und er sollte Recht behalten.
Das Wetter spielte Schweder, der seine Premiere in dieser Position bei der Travemünder Woche erlebt, in die Karten. Auf sieben Bahnen wurde gesegelt, die beiden Bundesligen erlebten einen hochspannenden Abschluss ihres Spieltages in der Lübecker Bucht, die Open Fun kürten erwartungsgemäß das Team des Italieners Roberto Benedetti zum Europameister, während fünf weitere Klassen in ihre Meisterschaften starteten.
Insgesamt zwölf Klassen nutzten die Bedingungen mit einer zunächst guten, aber böigen Brise und später nachlassendem Wind, um sich auf den sechs Bahnen spektakuläre Duelle zu liefern. Dass die auch in einem Mann-über-Bord-Manöver enden können, musste der Bayerische Yacht-Club in der Zweiten Bundesliga feststellen, als ihm in einer Tageswettfahrt kurz vor der Luvtonne ein Vorschiffsmann über Bord ging. Damit riss dieses Rennen eine Lücke in die Erfolgsbilanz der Bayern, die sich ansonsten auf dem ungewohnten Ostsee-Revier teuer verkauften und auf Platz drei kamen. Auch an der Zweitliga-Spitze stand ein Team aus dem Süden. Der Lindauer SC siegte vor dem SC Münster. Das lokale Duell der Lübecker Vereine gewann der LSV als Vierter gegenüber dem siebtplatzierten Lübecker YC.
Nahezu perfekt lief der Travemünder Bundesliga-Wettstreit in der Ersten Liga für den Norden. Hier fuhr der Kieler YC seinen ersten Sieg in der Bundesliga überhaupt ein – gefolgt von dem Flensburger SC und dem WV Hemelingen aus Bremen. „Wir sind mega happy", jubelte KYC-Steuermann Julian Ramm. „Diesmal hat alles für uns gepasst. Die engen Situationen sind fast immer für uns ausgegangen." Intensiv hat sich das Kieler Team in dieser Mannschafts-Konstellation auf die beiden Ostsee-Spieltage in Warnemünde vor zwei Wochen und nun in Travemünde vorbereitet. „In Warnemünde hatten wir noch ein paar unglückliche Situationen, aber es war top, zwei Events hintereinander zu segeln", so Ramm, der den Sieg etwas gedämpft feiern wollte, da er durch eine Erkältung angeschlagen ist.
Während die Bundesliga-Segler mit dem Abschluss in Travemünde ein wichtiges Etappenziel für den weiteren Saisonverlauf einfuhren, erlebten die Akteure der Open-Fun-Klasse bereits das Finale ihres Saison-Höhepunktes – mit dem Sieg der Favoriten: Die italienische Profimannschaft von Roberto Benedetti holte sich souverän den Euro-Titel, durfte es sich sogar erlauben, das letzte Rennen auszulassen, ohne von der Spitze verdrängt zu werden. Der deutsche Angriff auf den Silberrang kam zu spät. Mit einem Sieg im Abschlussrennen holte sich Tobias Hoh (München) zwar noch die Bronzemedaille, musste sich dem zweiten italienischen Team von Marco Redaelli aber knapp geschlagen geben. Der deutsche Klassenpräsident Jan Kramer (Bad Zwischenahn) rutschte im letzten Rennen noch auf Gesamtrang vier ab. „Wir sind glücklich mit dem dritten Platz, denn in den ersten beiden Wettfahrten des Tages hatten wir noch ein bisschen Baustelle auf dem Schiff. Und in der letzten haben wir beim Start die Tonne berührt, mussten dann noch mal halsen und waren zunächst Letzter", berichtete Tobias Hoh. Doch im nachlassenden und drehenden Wind nutzte die Münchener Crew ihren Gewichtsvorteil und die taktischen Fähigkeiten, um sich noch bis zum Tagessieg nach vorn zu segeln. „Vor der Meisterschaft hatten wir uns allerdings etwas mehr erhofft, nach zwei zweiten Plätzen bei den beiden vergangenen Euros. Einmal hatten wir sogar Philipp Buhl als Steuermann mit dabei", sagte Hoh.
Mit den Siegerehrungen schlossen vier Klassen ihre Ranglisten-Regatten der 126. Travemünder Woche ab. In der rasanten Zweimann-Jolle 505er gab es dabei keinen Zweifel am Sieg des Duos Jens Olbrysch/Oliver Thies vom Herrschinger SC. Mit vier Siegen in sechs Wettfahrten sowie einem zweiten und einem dritten Platz beherrschten sie die Konkurrenz der 13 Boote nach Belieben. Das durfte auch Harry Voss bei den O-Jollen von sich behaupten. Der norddeutsche Meister aus Schaumburg-Lippe erlaubte sich nach vier Siegen in Serie zwar einen Ausrutscher, brachte den Gesamtsieg aber am Ende sicher nach Hause.
Mit Erfolgen der internationalen Gäste endeten die Regatten der Skiffs. Im Einmann-Trapezboot Contender hielt der britische Meister Simon Mussell den stark aufkommenden deutschen Meister Christoph Homeier (Bremen) in Schach. Höchste Contender-Prominenz folgte auf den weiteren Plätzen. Jan von der Bank (Eutin), kam an der Stätte seines größten Karriere-Erfolges auf Platz drei. 2005 wurde er vor Travemünde Weltmeister, jetzt zeigte er, dass er in zehn Jahren nichts verlernt hat. Bei den Showrennen auf der Trave begeisterte er das Publikum mit kleinen Extra-Einlagen, unter anderem mit einem Kopfsprung vom Moderatoren-Steg.
Nach Dänemark ging der größte Pokal bei den 18-Footern. Zwar war die Flotte der übertakelten Skiffs mit vier Dreier-Crews nur dünn besetzt, dafür aber höchst international. Denn die Boote kamen aus vier unterschiedlichen Ländern. Flemming Clausen setzte sich mit seinen beiden Vorderleuten in diesem Feld durch. In fünf Klassen starteten die Akteure in ihre Meisterschaften.
Mit Spannung war er erwartet – der Auftritt der Jugendlichen der Bootsklasse RS Feva. Denn die rund 320 Segler und Seglerinnen aus 19 Nationen ermitteln ihren Weltbesten. Und es sieht so aus, als ob die Briten diese WM unter sich ausmachen würden. In Führung liegt das Team Jack Lewis/Lucas Marshal mit drei ersten Plätzen, dahinter Iain Bird/Jake Hardmann und Fin und Dan Armstrong. Als beste Deutsche rangieren Justus Sauer/Maurice Brost aus Lübeck auf Rang 64. Erfreulich ist ihr achter Platz in der gestrigen letzten Wettfahrt.
Um den Europameistertitel kämpfen die Segler der Canoe IC. Drei Rennen waren gestern geplant, Wettfahrtleiter Olaf Stormer schickte die 15 Teilnehmer drei Mal auf den Kurs auf Bahn Hotel – direkt an der Mecklenburger Küste. In Front ist der Walisische Segler Robin Wood vom Llandegfedd Sailing Club. Auch seine Verfolger sind allesamt Briten – auf Rang zwei Gareth Caldwell, im Kielwasser folgt Philip Robin. Bester Deutscher ist Arne Stahl aus Mardorf auf Rang fünf.
Die Segler der verwandten Klassen Canoe Taifun messen sich im Kampf um den Deutschen Meistertitel. Nach drei Rennen liegt Claudius Junge aus Preetz mit zwei ersten und einem zweiten Platz in Führung. Niklas Steimann (Bad Segeberg) und Christopher Ossenkopp (Hildesheim) auf Silber- und Bronzekurs. Beide Klassen segeln noch bis Freitag.
Auch die Jugendlichen der Laser-Klassen Radial und 4.7 haben mit der Suche nach ihrem Deutschen Jugendmeister begonnen. Nach zwei Wettfahrten liegt bei den Radials der Brandenburger Sören Leinert (Storkow) mit zwei glänzenden ersten Plätzen an der Spitze, Tim Schlag (Königs Wusterhausen) und Alexander Schmidt (Britz) folgen. Im Feld der Laser 4.7 führt der Brite Benno Marstaller der für den Mylor Yacht Club startet. Bester Deutscher auf Rang zwei ist Nico Naujock aus Berlin, gefolgt von Tim Conradi aus Düsseldorf.
Zwei Klassen bereiten sich auf ihr TW-Finale am Dienstag vor. An den Sieger wird es dabei aber keinen Zweifel geben. Holger Köhne (Potsdam) und Crew führen ebenso souverän in der Trias wie Ulli Kurfeld (Wismar) im Finn.