Lübeck – Im Wind-Wechselspiel der Travemünder Woche im 126. Jahr waren gestern wieder die Spezialisten für die leichtere Brise und Segler mit guten Nerven im Vorteil. Mit nicht einmal drei Knoten pendelte der Wind am Vormittag zwischen nördlichen und südlichen Richtungen auf den Regattabahnen. Gesamt-Wettfahrtleiter Brian Schweder beorderte die Crews dennoch auf die fünf Bahnen, um die Klassen schnell starten zu können, wenn sich ein segelbarer Wind aufbauen würde.

Und am frühen Nachmittag war es dann soweit: Der Gradientwind setzte sich mit leichter Brise aus West durch, die Böen schossen in der Spitze sogar deutlich über 10 Knoten hinaus, sodass alle acht Klassen segeln konnten. Die J/22 schafften als fleißigste Klasse sogar vier Wettfahrten, holten damit das am Vortag wegen stürmischen Windes ausgefallene Rennen nach und sind damit in ihrer WM wieder auf Kurs.

Im kleinsten Yacht-Typ der erfolgreichen J-Boats-Flotte, der J/22, schlug das Pendel am zweiten WM-Tag zugunsten des favorisierten US-Amerikaners Christopher Doyle aus. Der WM-Vierte von 2013 eröffnete den Tag mit einem vierten Platz, ließ dann zwei Siege folgen. Im vierten Rennen sah es dann nach dem Streichresultat für Doyle aus. Nach einem zunächst starken Start, dann aber der Wahl der falschen Seite hinkte das US-Team dem Feld hinterher, fuhr aber in überragender Geschwindigkeit durch das gesamte Feld noch bis auf Platz vier vor und hat nun drei Punkte Vorsprung im Gesamt-Klassement vor den Niederländern um Jean-Michel Lautier.

Für die Kieler Crew von Martin Menzner lief der Tag völlig aus dem Ruder. Nach einem guten Start mit Platz zwei im ersten Tagesrennen liegen sie zwar in der Gesamtwertung noch auf Platz drei. Das Abschlussrennen des Tages versalzte dem Team aber komplett die Suppe. „An der Luvtonne waren wir mitten im Spi-Manöver, als plötzlich ein Kanadier auf Steuerbord-Bug vor uns auftauchte. Ich weiß überhaupt nicht, wo der her kam“, ärgerte sich Menzner, der eine heftige Kollision nicht mehr verhindern konnte und abends möglicherweise noch in die Protestverhandlung mit unklarem Ausgang musste. Doch des Unheils nicht genug: An der Leetonne hatte sich der WM-Dritte des Vorjahres, Mike Farrington (Cayman), die Kieler als persönliche Gegner ausgeguckt. Kurz vor dem Gate luvte der Mann aus der Karibik die Deutschen völlig aus dem Kurs. Beide verloren ihre gute Position zur Tonne und mussten sich mit viel Mühe wieder in das Feld einreihen. „Keine Ahnung, was das sollte. Heute Abend habe ich die Nase jedenfalls gestrichen voll“, so Menzner.

In der großen Flotte der RS Feva ging es nach den Qualifikationsrennen am dritten WM-Tag mit den ersten Finalläufen in der Goldgruppe weiter. Hier trafen nun die britischen Top-Favoriten direkt aufeinander und lieferten sich enge Duelle. Die Brüder Fin und Dan Armstrong zeigten dabei, warum sie in diesem Jahr den britischen Titel erringen konnten und übernahmen vorerst die Spitze nach sieben Wettfahrten.

Eine rein deutsche Angelegenheit ist die Weltmeisterschaft der Laser II. Die schwächelnde Klasse wollte mit der WM vor Travemünde dem Geschehen in diesem Jollentyp neuen Schwung verleihen. Doch nur neun Crews – allesamt aus Deutschland – kamen an die Trave. In Führung mit drei Siegen in Serie liegen die Hamburger Lisa Buddemeier/Matthias Düwel. Sie hatten bereits 2011 den globalen Titel gewonnen, als die Klasse ebenfalls vor Travemünde segelte – damals allerdings noch mit 21 Crews aus zwei Nationen.

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Die europäische Meisterschaft der IC Canoe haben die Briten fest im Griff. Nach diversen Ausfällen am Dienstag, als kräftige Böen durch das Feld der schmalen Skiffs fegten, war die Flotte wieder auf stattliche Größe angewachsen. Robin Wood kam dabei mit zwei Siegen voll in Fahrt und rückte seinem führenden Landsmann Gareth Caldwell mit einem Punkt Rückstand dicht an das Heck.

Auch an der Spitze der Canoe Taifun ist es für den Spitzenreiter ungemütlich eng geworden. Claudius Junge aus Preetz verteidigte zwar die Führung gegenüber Christopher Ossenkopp (Hildesheim). Der hat aber nach drei Siegen in Folge die Spitze fest im Blick.

Mit den veränderten Windbedingungen wurden auch die Karten bei der Deutschen Jugendmeisterschaft der Laser Radial neu gemischt. Der bisher so souveräne Sören Leinert (Storkow) fuhr nach vier Siegen nun die Plätze 15 und 16 ein. Da aber auch die anderen Spitzensegler stolperten, kann er weiter auf einen klaren Vorsprung schauen. Bei den Laser 4.7 musste Nico Naujock ebenfalls einen Dämpfer hinnehmen. Sein 22. Platz hat aber vorerst keine Auswirkung, da er ihn streichen kann. Einen weiteren Ausrutscher darf sich der Berliner aber nicht erlauben, wenn er den Briten Benno Marstaller in Schach halten will. Auf Platz drei folgt Lasse Kaack vom Kieler YC.

Neu im TW-Geschäft 2015 sind seit gestern die Laser Standard mit ihrer Ranglisten-Regatta. Roger Schulz aus Uerdingen schwang sich hier zum Spitzenreiter nach dem ersten Tag auf.

 

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