Hamburg – Die Hamburg Towers haben gegen den deutschen Meister Alba Berlin einen überraschenden 90:75-Sieg gefeiert (HL-SPORTS berichtete kurz) und rücken damit vorübergehend auf den sechsten Tabellenplatz.
Weil Kapitän Bryce Taylor kurzfristig angeschlagen gegen seinen Ex-Klub ausfiel, startete der 19-jährige Justus Hollatz gegen den amtierenden Meister und Pokalsieger Alba Berlin. Doch nicht allein der Youngstar, sondern die geschlossene Towers-Truppe präsentierte sich von Beginn an mit starker Defensive – zwang den Meister in den ersten zehn Minuten zu fünf Ballverlusten – und überzeugte im Angriff mit strukturiertem Spiel.
Verdient holten sich die Towers die Führung – und bauten diese sogar bis auf 10 Punkte aus. Eine unglückliche Schlussphase, eingeleitet durch zwei Hamburger Ballverluste, ließ die Gäste aus Berlin aber innerhalb von nur 44 Sekunden zum Ende des ersten Viertels zurück in die Partie kommen (30:27). Das Momentum nahmen die Berlin mit ins zweite Viertel, schränkten die Offensive der Towers spürbar ein und zwangen dank eines Mattisseck-Dreiers Pedro Calles zu einer Auszeit. Der Head Coach ordnete die Hamburger Defensive neu – was sich als erfolgreicher Schachzug herausstellen sollte. Mit einem 10:0-Lauf gingen die Towers wieder in Front. Der nächste Griff in die Trickkiste gelang dann Aito. Die spanische Trainerlegende schickte 2,21-Meter-Riese Koumadje auf das Feld, stellte auf Zonenverteidigung um und durchbrach so die Hamburger Drangphase. Berlins Kapitän Giffey schickte die bis hierhin hochklassige Partie mit zwei Punkten zum 49:50 in die Halbzeitpause.
Auch nach dem Seitenwechsel gelang es zunächst keiner Mannschaft, sich abzusetzen. So eng wie auf dem Scoreboard ging es auch auf dem Parkett zur Sache. Allein TJ Shorts gelang es mit seinen schnellen Antritten Lücken in der Berliner Defensive zu finden und einen erneuten Führungswechsel herbeizuführen. Mit starker Defensive hinderten die Towers die Gäste am Punkten und bauten ihren Vorsprung zum Ende des dritten Viertels auf 70:64 aus. Diesen Vorsprung sollte das Team von Head Coach Pedro Calles im Schlussabschnitt nicht mehr abgeben. Gleich drei erfolgreiche Abschlüsse zum Start des Schlussabschnittes ließen die Hamburger Führung auf neun Punkte anwachsen. Erneut schafften es die Towers die Berliner minutenlang am Scoren zu hindern. Für Sorgenfalten sorgte ein Vier-Punkt-Spiel von Terry Allen zur 13-Punkte-Führung. Da sich die Towers, wie in der gesamten zweiten Hälfte, auch in den letzten vier Minuten keine Schwächephase gegen den amtierenden deutschen Meister und Pokalsieger erlaubten, leuchte nach zwei Freiwürfen von Maik Kotsar ein überraschender, aber an diesem Abend nicht unverdienter, 90:75-Endstand auf der Anzeigetafel.
Kurzer Schnack nach dem Spiel:
Pedro Calles: „Ich weiß nicht, ob das heute das perfekte Spiel war, weil ich nicht weiß, wie ein perfektes Spiel aussieht. Wenn man gegen ein Team wie Alba Berlin und Coach Aíto spielt, verliert man zwar meistens, man lernt allerdings immer. Heute haben meine Spieler es geschafft zu siegen und wir lernen alle dennoch. Darüber bin ich sehr erfreut.“
Maik Kotsar: „Ich finde, dass das Team heute über die gesamten vierzig Minuten einen fantastischen Job geleistet hat. Wir sind aggressiv ins Spiel gestartet und haben bis zum Ablauf der Spielzeit und Ertönen der Schlusssirene in jedem Moment alles gegeben.“
Kameron Taylor: „Wir waren heute bereit. Wir wussten, dass Alba der amtierende Meister und ein Euroleague-Team ist. Wir wussten, dass wir besonders fokussiert und allzeit unser Bestes geben mussten. Genauso sind wir ins Spiel gestartet und haben es ebenfalls genauso beendet.“
Das Spiel im Detail:
Von Beginn an präsentierten sich die Towers wach und boten den Berlinern die Stirn. Mit einem starken Drive brachte Kameron Taylor, der zuvor von der Freiwurflinie die ersten Punkte auf das Scoreboard brachte, die Towers in Front (7:5, 3.). Nach einem Dreier durch Granger und dem zwischenzeitlichen Führungswechsel legten Kotsar und erneut Taylor nach. Und auch auf einen Berliner 5:0-Lauf hatten die Towers dank eines treffsicheren Terry Allen und starker Defensive von Max DiLeo die passende Antwort (15:13, 5.). Trotz zahlreicher Wechsel – beide Teams hatten nach acht Minuten bereits neun Spieler eingesetzt – blieben die Hamburger am Drücker. Angeführt von TJ Shorts, der zusätzliches Tempo ins Spiel brachte, gingen die Towers dank einer Reihe erfolgreicher Abschlüsse aus der Transition mit zehn Zählern in Führung (30:20, 10.). Zwei unglückliche Ballverluste brachten die Towers zum Viertelende um ihren verdienten Lohn und die Berliner in nur 44 Sekunden wieder in die Partie (30:27).
Weil sich Jordan Swing zum Start des zweiten Viertels gleich doppelt in Korbnähe durchsetzen konnte, hielten die Towers zunächst die knappe Führung. Von der Freiwurflinie sorgten Thiemann und Giffey dann aber für den Führungswechsel – Mattisseck zwang die Towers mit einem offenen Dreier zur Auszeit (34:38, 13.). Nach der kurzen Unterbrechung fand das Calles-Team ihren defensiven Zugriff aus den Anfangsminuten wieder. Und das zahlte sich auch in der Offensive aus – mit einem 10:0-Run holten sich die Hamburg Towers die Führung zurück (44:38, 16.). Mit der Einwechslung von Koumadje wechselten die Berliner auf eine Zonenverteidigung und stoppten so den Hamburger Fluss. Offensiv dagegen fanden die Hauptstädter ihren Rhythmus wieder und führten durch einen Granger-Dreier den nächsten Führungswechsel herbei (46:48, 19.). Geduldig spielten die Towers im Folgeangriff die Berliner Zone aus – Terry Allen traf für Drei. Den Schlusspunkt vor der Halbzeit setzte aber Giffey, der die Partie per Korbleger mit 49:50 in die Halbzeit schickte.
Mit einem erfolgreichen Pick & Roll eröffneten Maik Kotsar und Justus Hollatz die zweite Halbzeit. Per Dunk sorgte Kameron Taylor für ein optisches Highlight – doch ein Dreier von Granger führte den Ausgleich herbei (53:53, 23.). Ebenso eng wie auf dem Scoreboard ging es auch auf dem Parkett zu, beide Teams schenkten sich keinen Zentimeter. Hamburgs Kleinster, TJ Shorts, fand dennoch immer wieder eine Lücke und führte mit drei starken Drives den abermaligen Führungswechsel herbei (61:60, 27.). Während die Towers den Druck in der Defensive weiter intensivierten und ALBA über zwei Minuten erfolgreich an weiteren Punkten hinderten, bauten Terry Allen und Maik Kotsar die knappe Führung aus (65:60, 29.). Erneut versuchte Coach Aito mit der Einwechslung von Koumadje für Verunsicherung im Spiel der Towers zu sorgen. Doch Maik Kotsar und Terry Allen behielten die Nerven und nutzen zwei Stellungsfehler in Berlins Defensive, um die Towers zum Ende des dritten Viertels mit 70:64 in Führung zu bringen.
Zum Start der letzten zehn Minuten ging es zunächst Hin und Her. Weil die Hamburg Towers drei Würfe in Folge verwandelten – darunter ein And One von Jordan Swing –, die Berliner aber ihren dritten Wurfversuch vergaben, brachte Kameron Taylor sein Team mit 77:68 (32.) in Front. Doch nicht die Hamburger Angriffe brachten die Berliner zum Verzweifeln. Die geschlossene Defensive der Towers, die ALBA erneut über drei Minuten an weiteren Zählern hinderte, sorgte dafür, dass die Hamburger ihre Führung bis zur Mitte des Schlussviertels verteidigen konnten (80:71, 35.). Zwanzig Sekunden später war es dann doch eine Offensivaktion, die für verzweifeltes Staunen auf der Berliner Bank und emotionale Ausbrüche auf Hamburger Seite sorgte – mit einem Vier-Punkt-Spiel besorgte Terry Allen die bis hierhin höchste Führung (84:71, 36.). Beide Teams tauschten innerhalb von 60 Sekunden jeweils zwei Korberfolge aus – an der Hamburger Führung änderte sich nichts. Genauso wenig wie eine 90-sekündige Phase ohne weitere Zähler. Die durchbrach Maik Kotsar, der mit zwei Freiwürfen den 90:75-Endstand herstellte und die Cinderella Story der Hamburger March Madness perfekt machte.
Towers-Statistiken: Shorts (12 Punkte, 6 Ass.), Swing (9), DiLeo, Rich, Taylor K. (21, 9 Reb.), Kotsar (20, 9 Reb.), Hollatz (4), Allen (21, 4 Reb.), Ogunsipe, Cuthbertson (3)