Timmendorfer Strand – Es lief die 31. Spielminute, als die Gänsehaut im Timmendorfer ETC Einzug hielt. Kurz zuvor hatte Nico Starke, seines Zeichens Hallensprecher bei den Beach Boys, das vorläufige Endergebnis im Bürgerentscheid zur Eishalle bekannt gegeben. Da sangen die 1047 Zuschauer aus vollen Kehlen „Oh wie ist das schön“. Rostocker und Timmendorfer gemeinsam, Fans auf den Stehplätzen ebenso wie auf den etwas teureren Galerieplätzen – Stimmung wie zu besten Zweitliga-Zeiten. Dass der EHC Timmendorfer Strand die Partie gegen die Rostock Piranhas mit 3:4 (1:0, 1:1, 1:2, 0:0) nach Penaltyschießen verlor geriet dabei fast zur Nebensache.

Es war Zittern angesagt, schon frühmorgens hatten sich die ersten Fans und Kämpfer für die Halle im dortigen Restaurant versammelt, zitterten gemeinsam, wie die Bürger von Timmendorfer Strand entscheiden würden. Dennis Sauerbrei, Erster Vorsitzender und Vorkämpfer von allen, stand selbst hinter dem Tresen: „Ich muss was machen, um mich abzulenken. Sonst werde ich verrückt.“ Kurz vor 18 Uhr wurde bekannt, dass mindestens 38% aller Timmendorfer Bürger zur Abstimmung gegangen waren – das nötige Quorum von mindestens 20% aller Wahlberechtigten war erreicht. Und als die ersten Endergebnisse eintrudelten, löste sich die Anspannung und wich der langsamen Gewissheit, dass es reichen würde. Am Ende gingen 43% aller Timmendorfer zum Bürgerentscheid; Satte 83% stimmten für den Erhalt der Eishalle! Ein Ergebnis, auf welches alle gehofft hatten, aber mit dem man nicht ernsthaft gerechnet hatte. So war die Partystimmung in der Halle da und das Ganze wurde von einem Eishockey-Spiel abgerundet,  das beste Werbung für die Sportart und damit für den Erhalt der Eishalle war.

Rostock begann die Partie druckvoll, schnürte die Beach Boys zu Spielbeginn hinten ein. Gute Chancen hatten sie aber nicht, stattdessen waren die Timmendorfer am Zug. In Unterzahl scheiterte Maximilian Spöttel noch an Niko Stark im Piranhas-Tor. Doch nur wenige Minuten später fand Deion Müller den Weg ins Glück und traf zum 1:0. Und die Beach Boys hatten Gelegenheiten nachzulegen. Tristan Möbius, nochmals Müller und Marco Meyer fanden aber in Rostocks Goalie ihren Meister. Auf der Gegenseite prüften auch die Piranhas Timmendorfs Jordi Buchholz, doch er hielt bis zur Drittelpause seinen Kasten sauber. Tim May hätte kurz vor Drittelende sogar das 2:0 machen können, wenn nicht müssen. Er schoss aber völlig allein vor dem Tor Stark an den Schoner.

Schleppend begann das zweite Drittel, die Spannung war sowieso mehr abseits des Eises zu Hause und schien die Spieler etwas einzuschüchtern. Doch nachdem das vorläufige Endergebnis verkündet war, nahm die Partie richtig Fahrt auf. Erst hielt Buchholz glänzend gegen Szabo, dann baute Denis Akimoto einen Riesenbock. In Überzahl verlor er die Scheibe an Michal Bezouska und der Slowake ließ sich den Alleingang nicht nehmen – 1:1. Die Antwort der Beach Boys kam postwendend. Nur 50 Sekunden später packte Jakub Schejbal den Hammer aus, nagelte die Scheibe in den Torwinkel – Timmendorf wieder vorn. Dank Jordi Buchholz ging es mit einer Führung in die Pause, denn der Schlussmann kochte spektakulär Paul Stratmann ab.

Im Schlussabschnitt gerieten die Beach Boys früh in Unterzahl und die Piranhas nutzten dies sofort. Peter Szabo traf aus dem Gewühl heraus zum 2:2. Aber die Timmendorfer, die fast die komplette Woche kein richtiges Eistraining machen konnten, schlugen wieder zurück. Sahnepass von Spöttel vor das Tor, wo May nur die Kelle hinhalten musste – 3:2. Und die Beach Boys hatten weitere Chancen. Balla und Müller verpassten ein 2gegen1, dann scheiterte Schejbal an Stark. So kam es wie es kommen musste: die Beach Boys verloren die Scheibe hinter dem Rostocker Tor. Den perfekt vorgetragenen Konter vollendete Bezouska zum 3:3. Kurz danach kam echtes Derbyfeeling auf, denn die beiden Spieler mit der Nummer 71 tauschten Nettigkeiten in bester Boxermanier aus. Sowohl für Jesper Delfs wie auch für Jannik Striepeke war nach jeweils 2+2+10 Strafminuten die Partie frühzeitig beendet. Die letzten Chancen in der Verlängerung hatten die Beach Boys. Yannick Henry zögerte bei einem Konter zu lang und dann überraschte Dominic Steck fast den Rostocker Schlussmann mit einem Lob. Tore fielen nicht, die Verlängerung musste entscheiden.

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Hier hätte May nach wenigen Sekunden zum Helden werden können, scheiterte mit der Rückhand jedoch an Stark. Dann zündete Kevin Piehler den Turbo, wurde von Akimoto unsanft gebremst. Klare Sache: Penalty für Rostock, eine richtige Entscheidung des guten Schiedsrichers Jan Korb aus Bremen. Piehler scheiterte aber an Jordi Buchholz. Rostock wirkte frischer, schnürte Timmendorf erneut ein – allein aufs Tor schossen sie nicht gefährlich. Besser machten es die Beach Boys, als sie sich befreien konnten. Patrick Saggau übernahm das Kommando, scheiterte erst an Stark, dann zischte sein Schuss knapp am Tor vorbei. Im dritten Anlauf wurde er dann von Lemmer gelegt und der EHCT durfte Überzahl spielen. Da Stark aber auch gegen Schejbal und Akimoto rettete, ging es bis in die Schlusssekunden weiter. Beide Torleute konnten sich bei Kontern aber auszeichnen.

So musste die Lotterie schließlich entscheiden. Patrick Saggau legte für Timmendorf vor, Daniel Kunce glich aber aus. Akimoto verpasste die Entscheidung, also ging auch das Penaltyschießen in die Verlängerung. Hier trafen die Timmendorfer nicht, dafür aber Bezouska, welcher somit den Extrapunkt für Rostock sicherte. Die Enttäuschung über das Ergebnis war den EHCT-Akteuren (Foto) ins Gesicht geschrieben.

Dennoch: nach bester Werbung für den Eishockeysport gingen 1047 Fans zufrieden nach Hause. Die Rostocker, weil sie mit dem Sieg noch alle Chancen auf die Playoffs haben. Die Timmendorfer, weil die Halle gerettet ist. Und Trainer Dave Rich kündigte schon an: „Am Freitag gewinnen wir bei den Hannover Scorpions und können am Sonntag locker aufspielen.“

Statistik
Tore: 1:0 Müller (6.), 1:1 Bezouska (34./UZ), 2:1 Schejbal (35./ÜZ), 2:2 Szabo (42./ÜZ), 3:2 May (45.), 3:3, 3:4 Bezouska (54./GWS)

Schüsse: 36 (12, 10, 5, 9) – 32 (12, 6, 7, 7)
Strafen: Timmendorf 12 plus 10 Delfs – Rostock 12 plus 10 Striepeke
Zuschauer: 1047
Schiedsrichter: Korb (Soguksu, Kohl)

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