Timmendorfer Strand – Wenn man von jungen Spielern beim EHC Timmendorfer Strand spricht, dann fällt fast immer der Name André Gerartz (20 Jahre), der als Toptorjäger im Fokus steht. Etwas im Schatten von Gerartz reifen weitere junge Spieler und mit den beiden Jüngsten traf sich HL-SPORTS zu ausführlichen Interview.

Yannick Mund, gebürtig aus Schwenningen, hat erstmals seine Heimat verlassen und wagt in Timmendorfer Strand den Schritt vom Junioren- zum Senioreneishockey. Der 20jährige ist ein Zwei-Wege-Verteidiger, der hinten abräumt, aber auch von der blauen Linie für Torgefahr sorgt.
Sein Kumpel Tommy Raknic hatte zuvor schon einmal die Schwenninger Heimat verlassen, um in Berlin Luft in der höchsten deutschen Nachwuchsliga zu schnuppern. Mit 18 Jahren ist der Defensivspezialist das Küken in der Timmendorfer Mannschaft, dafür aber auch der einzige Timmendorfer Nationalspieler – wenn auch in den Farben Kroatiens.

HL-SPORTS sprach mit den beiden talentierten Spielern über die laufende Saison, das Leben in Timmendorf und ihre Pläne für die Zukunft.

HL-SPORTS: Tommy Raknic, Yannick Mund, wie tief sitzt die Enttäuschung und der Frust nach der 4:6-Niederlage gegen die Hannover Indians am letzten Freitag)

Yannick Mund: Die Enttäuschung ist noch immer groß. Wir hätten dieses Spiel gewinnen müssen und haben es nicht nach Hause gebracht. Dazu stehen wir immer noch bei null Punkten, obwohl wir sechs hätten haben können.

Tommy Raknic: Bei mir hat sich die Enttäuschung gelegt. Ich blicke jetzt voller Vorfreude und Zuversicht auf die Partie am Freitag.

HL-SPORTS: Eurer Meinung nach: woran lag es, dass ihr die 3:0-Führung aus der Hand gegeben habt?

Mund (überlegt lange):Wir haben nicht als Team gespielt. Die Verteidigung war nicht gut und nach vorne hat es jeder auf seine Art versucht.

Raknic: Der Wille war da, der Einsatz stimmte auch, aber wir haben die Basics vernachlässigt.

HL-SPORTS: Am kommenden Wochenende geht es nun gegen die Königsborner Bulldogs. Was erwartet ihr von der Partie?

Mund: Ehrlich gesagt kenn ich die Mannschaft nicht, kann mir also kein Urteil bilden. Aber ich denke, dass wir dort gewinnen können und den ersten Dreier einfahren.

Raknic: Wir haben in Frankfurt ein Drittel lang klasse verteidigt, das müssen wir mal über ein ganzes Spiel hinbekommen. Die Defensive wird der Baustein sein, um in Unna zu gewinnen.

HL-SPORTS: Kommen wir zu euch. Ihr seid vor der Saison über Hamm aus Schwenningen gekommen. Was hat euch dazu bewogen das Angebot aus Timmendorf anzunehmen? Und was wusstet ihr vorher über Eishockey in Timmendorf?

Raknic: Wichtig war für uns, dass wir Eiszeit bekommen. Denn nur mit Eiszeit können wir uns weiterentwickeln. Über das Eishockey hier wussten wir wenig, denn außer beim Testspiel mit Hamm zu Saisonbeginn hatten wir mit Timmendorf noch nichts zu tun.

HL-SPORTS: Wie seid ihr hier in Timmendorf aufgenommen worden und wie habt ihr euch zu recht gefunden?

Mund: Wir wurden sehr gut aufgenommen. Die Jungs haben uns gut geholfen, uns das eine oder andere gezeigt und uns auch dann zum Training mitgenommen. Für mich war es auch irgendwo besonders, weil ich das erste Mal alleine wohne und mich um alles kümmern muss. Das war neu und ungewohnt.

Raknic: Vor allem Björn Reinke hat uns in der Anfangszeit sehr geholfen. Wir kamen ja auch bei ihm unter bis wir eine eigene Wohnung hatten. Und Timmendorf ist ein geiler Ort zum Leben – besser als Schwenningen.

HL-SPORTS: Wie beurteilt ihr eure Leistungen in dieser Saison?

Mund: Es ist schwierig sich selbst zu beurteilen. Ich denke, dass ich bisher recht ordentlich gespielt habe, allerdings auch noch Luft nach oben ist. Der Anfang gegen Rostock ging ja auch richtig in die Hose und ich habe ein paar Wochen gebraucht, um mich an das andere Spiel in der Oberliga zu gewöhnen.

Raknic: Der Start war richtig bescheiden, aber ich glaube wir machen unsere Sache ganz gut. Wie Yannick ist aber bei uns noch mehr drin, wenn wir die nötige Erfahrung sammeln.

HL-SPORTS: Was war denn für euch die größte Umstellung?

Mund: Zum Einen das Tempo und die Intensität, zum Anderen wie gespielt wird. Tempo und Intensität sind deutlich höher, dafür wird auch taktischer gespielt. Vor allem bei den älteren Spielern wie Patrick Saggau merkt man ihre Erfahrung und Abgeklärtheit, wenn sie das Tempo wechseln oder das Tempo einfach mal rausnehmen. Beim Juniorenhockey geht es ja mehr oder weniger das gesamte Spiel rauf und runter.

Raknic: Wobei das Tempo immer noch das kleinste Problem ist, denn wir beide verfügen ja über eine gute Kondition und Athletik.

Anzeige
Anzeige

HL-SPORTS: Deine Entwicklung, Yannick, war insgesamt ja sehr positiv. Während der verletzungsbedingten Abwesenheit von Marcus Klupp, Tibor Uglar und/oder Jesper Delfs durftest du im ersten Verteidiger-Paar ran und hast mit der Top-Reihe gespielt. Wie schwierig war die Umstellung?

Mund: Es ist sogar einfacher als in der dritten Reihe zu spielen. Patrick und Thorben Saggau haben nicht umsonst DEL gespielt und verzeihen auch mal einen schlechteren Pass. Bei Kenneth Schnabel ist es das Gleiche. Solche Dinge machen das Spielen insgesamt einfacher. Dennoch spiele ich auch gerne mit der dritten Reihe zusammen.

HL-SPORTS: Tommy Raknic, Yannick hat mittlerweile dreimal das Tor getroffen du noch nicht. Wirst du da manchmal neidisch?

Raknic (lacht): Ich hab dafür mehr geblockte Schüsse. Aber im Ernst: ich bin nicht so der offensive Typ und achte auf sowas nicht. Zudem hat Yannick den besseren Schuss, von daher gönne ich ihm das.

HL-SPORTS: Dafür hattest du ein anderes persönliches Highlight, denn du warst für Kroatien bei der U20-WM in Ungarn. Wie war das für dich?

Raknic: Sportlich war es nicht sonderlich erfolgreich, wir sind ja ohne Punkte direkt abgestiegen. Aber ansonsten ist eine WM eine super Erfahrung und es ist sehr gut dabei zu sein. Es sind eine Menge guter Spieler dabei, entsprechend ist das Tempo vielleicht sogar noch ein wenig höher als in der Oberliga.

HL-SPORTS: Im kroatischen Kader stand mit Marko Sakic ein Spieler aus der russischen KHL. Wie ist es mit solchen Spielern zusammen zu spielen? Haben diese Spieler schon Starallüren?

Raknic: Die haben schon Star-Allüren. (grinst) Aber ich bin mit Marko gut befreundet, von daher ist das bei uns nie ein Thema.

HL-SPORTS: Obwohl du auch die deutsche Staatsbürgerschaft hast, spielst du nun für Kroatien. Warum hast du dich für die Heimat deiner Eltern entschieden?

Raknic: Es war eine absolute Herzensentscheidung, die ich so immer wieder treffen würde. Ich bin in Deutschland geboren und lebe gerne hier, aber ich bin im Herzen einfach Kroate. Wenn wir bei der Fußball-WM gegen Deutschland gewinnen sollten, dann mach ich einen einsamen Autokorso in rot-weißen Karos.

Mund: Nur, dass ihr nie gegen uns gewinnen werdet.

HL-SPORTS: Yannick, wirst du wenigstens neidisch auf Tommys Auswahl-Karriere?

Mund: Nein, ich konnte selber nie Auswahl spielen, aber neidisch bin ich deswegen nicht.

HL-SPORTS: Ihr kennt aus Schwenningen das Derby mit Ravensburg. Welches Spiel fasziniert mehr? Das Duell aus eurer Heimat oder wenn ihr mit Timmendorf gegen Rostock ran müsst?

Mund: Es ist schon phänomenal, wenn in Schwenningen 6000 Leute in der Halle stehen. Die Stimmung ist unvergleichlich, das kann man schwer beschreiben. Es ist einfach eine Gänsehautatmosphäre. Auch wenn ich das nur als Zuschauer erleben durfte. Das ist in Timmendorf von der Stimmung her schon ganz anders, zumal auch weniger Leute hier in der Halle sind.

Raknic: Dennoch ist das auf dem Eis schon gut, wenn im Derby die Halle voller ist und alle noch mehr mitgehen.

HL-SPORTS: Kommen wir auf eure Zukunft zu sprechen. In der letzten Woche hattet ihr ein Probetraining beim Zweitligisten in Dresden. Wie lief es und wie seht ihr eure Zukunft?

Mund: Das Training war eine eigene Erfahrung und für uns war es gut, wobei es noch mal wieder anders ist als hier. Da wird schon mit einer ganz anderen Intenstität trainiert. Auch wenn man in Timmendorf besser leben kann, denn der Plattenbau in Dresden war nicht ganz so schön. (lacht). Letztlich schauen wir mal was der Sommer bringt, vielleicht er gibt sich ja etwas im Profihockey, vielleicht auch nicht.

Raknic: Ich hätte auch kein Problem hier in Timmendorf zu bleiben, denn es gefällt mir hier gut. Aber wenn wir die Chance auf Profihockey haben, dann sollten wir als junge Spieler die auch ergreifen. Ich kann mir aber auch vorstellen in Timmendorf zu bleiben und eine Ausbildung zu beginnen. Die Chancen stehen da 50/50.

Mund: Ist bei mir genauso und selbst wenn ich weggehe, dann komme ich im Sommer mal wieder um hier an den Strand zu gehen.

HL-SPORTS: Zum Abschluss nur noch eine Frage: wie viele Punkte holt ihr bis zum Saisonende?

Raknic: Ich denke, neun bis Zwölf sind machbar.

Mund: Außer Frankfurt sollten alle schlagbar sein. Von daher sollten es zwölf Punkte schon werden.

HL-SPORTS: Wir danken euch für die offenen Worte und wünschen euch viel Glück in den letzten Spielen.

Gefällt Dir unsere journalistische Arbeit?

Dann unterstütze uns hier mit einem kleinen Beitrag. Danke.

- Anzeige -