Der erste Ruhetag liegt hinter uns, der zweite Tag ohne Fußball seit Beginn der Europameisterschaft steht heute an, ehe es am Samstag mit dem Achtelfinale weiter geht. Und immerhin: Der letzte Vorrundenspieltag vorgestern hat uns endlich mal mit mitreißendem Fußball und auch ein paar Toren verwöhnt. Bleibt nur zu hoffen, dass das Achtelfinale vielleicht so sehr mit dem Salz in der Suppe geizt. Wir wollen den zweiten Ruhetag dazu nutzen und mal schauen, welche Teams enttäuscht haben und welche überrascht oder die Vorschusslorbeeren bestätigt haben. Unsere beziehungsweise meine Flop- und Top-Drei Mannschaften der Vorrunde.
Flop-Drei
3. Portugal
Ja, dank eines überragenden Ronaldo steht Portugal im Achtelfinale, doch insgesamt war es einfach schwach, was der Favorit der Gruppe F in der Vorrunde so zeigte. In der auf dem Papier leichtesten Vorrundengruppe reichte es nur zu drei Remis und damit zu Rang drei. An einem der ältesten Teams des Turniers nagt der Zahn der Zeit. Die Defensive präsentiert sich ein ums andere Mal nicht sattelfest, offensiv gab CR7 gemeinsam mit Nani allzuoft den Alleinunterhalter. Dass man sich dann gegen die Fußballzwerge Ungarn und Island nicht durchsetzen könnte, spricht daher Bände.
2. Österreich
Mit am souveränsten in der Qualifikation waren die Österreicher, mit neun Siegen in zehn Spielen. Die Öffentlichkeit bei unseren Nachbarn sah sich schon als Geheimfavorit auf den Titel und auch viele Experten trauten Felix Austria den Sprung unter die besten Acht zu – mindestens. Doch von der Souveränität der Quali war bei Österreich nichts mehr zu spüren. Man schied sang- und klanglos aus. Doch neben den Ergebnissen war die Art und Weise, wie sich Österreich präsentierte erschreckend. Offensiv ideen- und harmlos, defensiv voller Löcher. Nur einem überragenden Robert Almer ist es zu verdanken, dass Österreich nicht ganz ohne Punkt nach Hause muss. Damit bleibt das Team von Marcel Koller die einzige Nation, die bei mindestens zwei Turnierteilnahmen keinen Sieg einfahren konnte.
1. Russland
Zwei Jahre vor der Heim-WM steht die Sbornaja vor einem Scherbenhaufen – und das liegt nicht nur an den Hooligans von Marseille. Hatte die Mannschaft von Leonid Sluzki die Qualifikation noch recht locker überstanden, lief beim Turnier mal wieder nichts zusammen. Abgesehen von ersten Spiel gegen England und rund 20 Minuten in der Partie gegen die Slowakei, war das nichts, was die Russen zeigten. So muss Russland, ähnlich wie Deutschland Anno 2004, einen kompletten Neuanfang starten, mit neuem Trainer und vielleicht auch einem runderneuerten Kader. Doch im Moment wirkt der russische Fußball abgehängt, auch der eingebürgerte Roman Neustädter kann das Niveau nicht heben. Letztlich ist die russische Mannschaft zu alt, um es mit Sluzki zu sagen „zu schlecht“ und international nicht auf der Höhe.
Top-Drei
3. Italien
Die alten Männer vom Stiefel können es noch. Bemerkenswert souverän setzte sich Italien in der Gruppe E durch, zog der hochgehandelten belgischen Offensive den Zahn und zeigte wieder die italienischen Tugenden. Diese vermisst man als toreliebender Fußballfan zwar nicht unbedingt, doch Taktikfüchse dürften ihren Geschmack an der Squadra Azzurra gefunden haben. Eine stabile Defensive, enge Räume, gepaart mit einer großen Effizienz im Sturm – mit Sicherheit nicht immer schön, aber effektiv. Italien sollte man in Sachen Halbfinale auf dem Schirm haben, auch wenn das letzte Spiel einer B-Elf verloren ging. Zwar wartet mit Spanien ein dicker Brocken, aber nach den Leistungen der „alten Männer“ in der Vorrunde, scheint auch da alles möglich.
2. Kroatien
„Die jetztige Generation ist dazu fähig die WM-Helden von 1998 zu überflügeln“ – dies sagte Kroatiens Nationaltrainer Ante Cacic vor dem Turnier. Und wenn man die Vorrunde betrachtet, dann muss man ihm durchaus recht geben. Denn die zweite, möglicherweise goldene Generation kroatischer Fußballer setzte sich in ihrer Gruppe durch – vor Titelverteidiger Spanien, vor den ebenfalls nicht zu unterschätzenden Türken und Tschechen. Und dies absolut verdient, die Art und Weise der Kroaten war durchaus beeindruckt. Vor allem das Mittelfeldduo Modric/Rakitic befeuert wieder die Hoffnung des Balkanstaates, dazu scheint der Ex-Dortmunder Ivan Perisic in der Form seines Lebens zu sein. Wenn es jetzt noch gelingt, die Defensive etwas zu stabilisieren und vorne Stürmerstar Mario Mandzukic einzubinden, dann ist für die Kroaten viel möglich. Dazu kommt das Glück, dass sich die großen Nationen im anderen Tableau befinden, so dass ein Halbfinaleinzug nicht unrealistisch ist.
1. Die kleinen Nationen
„Es gibt keine Kleinen mehr“ – vor vielen Jahren wurde ein deutscher Teamchef für diesen Satz belächelt. Doch die EM in Frankreich zeigt auffallend, dass der Abstand zumindest geringer wird. Und es wäre unfair, hier einzelne Nationen herauszuheben. Was haben wir mitgefiebert: mit Albanien, das bei seiner ersten EM nur knapp am Achtelfinale scheiterte. Mit den Gruppensiegern Wales und Ungarn, die sich in bemerkenswerter Art und Weise vor deutlich höher eingeschätzten Konkurrenten durchsetzen konnte. Wie haben wir den isländischen Kommentator gefeiert, wie er beim Siegtreffer seiner Mannschaft komplett die Stimme verlor. Und wir laufen singend durch die Stadt, weil uns die Fangesänge der Iren und Nordiren einfach nur mitreißen. Die kleinen Nationen zeigen es ihren Kritikern und zeigen vor allem, dass sie in der Lage sind mitzuhalten und mehr.
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