Raus mit Applaus – mit viel „Huh“, ihrem knorrigen Schlachtruf, bei dem die Hände hoch über dem Kopf rhythmisch zusammenklatschen, hat Island sich bei seiner ersten EM-Teilnahme verabschiedet. Das 2:5 gegen den Gastgeber und Favoriten Frankreich beendete ein Fußball-Märchen, das so viele verzaubert hatte. Nachhaltig wird das unbändige Team aus Island in der Erinnerung bleiben: Ungeschlagen kam es durch die Vorrunde – mit 1:1-Unentschieden, erst gegen Portugal, dann gegen Ungarn – und dann das grandiose 2:1-Spektakel gegen die Engländer. Die absolute Krönung indes im Viertelfinale gegen Frankreich blieb trotz „Huh“ und „Huh“ versagt. Mit einem Torfestival trumpften die Franzosen auf – dreimal mit links verabschiedeten sie Island und sendeten ein Signal an das deutsche Team, dem man nun am Donnerstag in Marseille gegenüber stehen wird.
Was bleibt nach dem 2:5 von Saint-Denis von den sensationellen Isländern?
Sie hatten die wohl beliebtesten Fans dieser EM. Mit Bärten, Brillen und Perücken waren sie der Hit. Sie trommelten wie die Weltmeister beim Public Viewing und auf den Straßen der Spielorte. Auf dem Platz brachten sie mit unbändigem Einsatz das Kunststück fertig, selbst nach einem Rückstand England mit 2:1 zu bezwingen. Ihr Schlachtgesang „Huh“ stand am Ende einstimmig im Stade de France in Saint-Denis. Vorbildlich blieben die Isländer auch nach dem schnellen 1:0 der Franzosen, die bis gestern stets erst nach einer knappen Stunde das Tor getroffen hatten, diesmal durch Giroud aber früh den ersten Treffer setzten. Nach 19 Minuten hieß es 0:2 aus Islands Sicht – so einen Rückstand hatten sie noch nie während dieser EM zu bewältigen. Bis zur Pause sollte es mit dem 0:4 noch heftiger kommen. Gleich nach dem Wechsel der Ehrentreffer, wenig später zerstörte Giroud mit seinem zweiten Tor in diesem Spiel, diesmal per Kopfball, die allerletzten Hoffnungen der EM-Neulinge, womöglich doch noch ein Wunder zu erleben. Mit ihrem Auftritt haben sie viel Sympathie gewonnen.
Auf Wiedersehen, Island!
Für HL-SPORTS kommentieren heute zwei Trainer das letzte Viertelfinalspiel. Ronny Tetzlaff (Preußen Reinfeld): „Glückwunsch an Frankreich! Sehr schade für Island. Die Überraschungsmannschaft hat bei dieser EM sehr viel Sympathie gewonnen. Ich freue mich trotzdem auf ein interessantes Halbfinale gegen die Franzosen. Ich bin gespannt was Jogi Löw macht, denn mit Hummels, Khedira, Schweinsteiger und Gomez sind wichtige Spieler nicht dabei.“
Serkan Rinal (VfB Lübeck II) zollte Island ebenfalls ein Extra-Lob: „Verdienter Sieg der Franzosen, die das Spiel schon in der ersten Halbzeit geklärt haben. Somit haben sie in der zweiten Halbzeit nicht mehr so den absoluten Drang gehabt. Die Isländer haben ein bemerkenswertes Turnier gespielt und können sehr stolz auf ihre Leistungen sein! Das Halbfinale wird sehr spannend werden, denn der Sieger wird auch Europameister sein (Frankreich oder Deutschland). Diese Begegnung sollte lieber das Endspiel werden…“
Islands Trainer Lars Lagerbäck wird sein Amt abgeben. Er hatte Islands Team 2011 übernommen. Nachfolger des 67-jährigen früheren schwedischen Nationalspielers wird Heimir Hallgrimsson (49).