Dienstagabend, 19 Uhr: In der Julius-Leber-Straße tummeln sich viele Menschen vor dem Volkstheater Geisler. Es sind Fußballer und vor allem Schiedsrichter, die sich während der Europameisterschaft zum Kino verabredeten. Eingeladen hat der Kreisschiedsrichterausschuss und dessen Chef Boris Hoffmann. Grund: „Spielverderber an der Basis – Teil 2“.
Um 19 Uhr sitzen alle geladenen Gäste auf ihren Plätzen. Viel Prominenz ist vertreten, denn selbst Verbandspräsident Hans-Ludwig Meyer ließ es sich nicht nehmen, extra aus Frankreich einzufliegen, um bei der Film-Premiere dabei zu sein. Er befand sich in guter Gesellschaft, denn Bundesliga-Schiedsrichter Tobias Stieler war ebenfalls zu Gast. Im übrigen schon zum zweiten Mal nach seinem Vortrag im vergangenen Jahr vor Lübecks Schiris.
Musikalisch wurde der Abend eröffnet und Tobias Kühn und Adrian Müssing boten Live-Songs zur Einstimmung auf einen tollen Abend. Als Veranstalter Hoffmann die Bühne betrat, merkte man ihm schon etwas an und er hielt nicht lange hinter dem Berg mit seinen Nachrichten, die den Saal vorerst erschrecken ließ. „Ich habe eine Schocknachricht für euch“, begann er seine Rede und teilte mit, dass er kurz zuvor die Meldung bekam, dass Schiedsrichter Klaus „Stickel“ Kummer von Eintracht 04 bei einem Verkehrsunfall ums Leben kam. Die Trauer und Bestürzung war bis in die letze Reihe zu spüren. Eine Minute des Schweigens wurde gehalten und Theater-Chef Tommy Geisler betrat die Bühne, begrüßte die Zuschauer auch mit dem Stepanovic-Zitat: „Lebbe geht weider“. Recht hat er damit und es ging weiter. Bernd Biermann (1. Vorsitzender des KFV Düsseldorf) war ebenfalls zu Gast und hielt kurze Worte zur Freundschaft zwischen den beiden Kreisen. Wie immer bei Rheinländern ein Genuss für das Publikum.
SHFV-Präsident Meyer lobte die Arbeit Hoffmanns und sagte: „Die Schiedsrichter in Lübeck können stolz auf sich sein, denn die Arbeit die hier verrichtet wird, sucht schleswig-holstein-, sogar norddeutschlandweit seinesgleichen.
Als Profi-Referee Stieler mit tosendem Applaus auf die Bühne kam, merkte man dem Hamburg an, dass er sich in Lübeck wohl fühlt. Er zeigte viele strittige Szenen aus seiner Karriere auf der Leinwand und sparte dabei nicht mit Eigen-Kritik. Ein beeindruckender Vortrag des Psychologie-Studenten, der erst vor ein paar Wochen sein erstes Länderspiel (Belgien – Norwegen) pfiff. „Nähe schafft Akzeptanz“ war eine seiner Botschaften an die Lübecker Unparteiischen.
Nach einer viertelstündigen Pause kam es zum eigentlichen Highlight – Der Film! „Spielverderber an der Basis – Teil 1“ lief im vergangenen Jahr und beobachtete den Lübecker Alexander Roppelt in seinem Kreis als Schiedsrichter. Über 140.000 Views bei YouTube erreichte das Werk von Christian Schaffrath, der federführend für den Film zusammen mit Nils Fabig, der auch als TV-Redakteur für HL-SPORTS tätig ist, verantwortlich ist. Ein zweiter Teil musste also her, doch welches Thema?
Hoffmann erklärte, dass sich die U19-Champions Trophy in Düsseldorf angeboten hätte. Ein perfekter Drehort mit internationalem Flair. Alle Kontakte, Rechte und Ideen wurden eingeholt und los ging es.
Als Hauptdarsteller war Roppelt dieses Mal nicht alleine, denn Marcel Colmorgen und Lasse Ohde waren mit dabei. Die Reise begann auf der Weihnachtsfeier der Lübecker Schiris, wo die drei für Düsseldorf nominiert wurden. Erster Auswärtsdreh war Graz in Österreich, wo FIFA-Schiedsrichter Alexander Harkam die drei Norddeutschen zum Training einlud. Bei ihm haben sie sich auch ihren Wahlspruch abgeschaut: „Alles Walzer“ heißt es in der Alpenrepublik, was soviel wie „auf geht’s“ heißt… Der Höhepunkt des 90-minütigen Streifens war dann der Showdown in Düsseldorf und ein ganz besonderes Spiel zwischen Besiktas Istanbul und dem 1. FC Köln, in dem es hoch herging. Roppelt sagte nach der Filmpremiere: „Es ist in diesem Spiel so unheimlich viel passiert, dass es uns ewig in Erinnerung bleiben wird. Und die fünf Monate Drehzeit waren mehr als spannend.“ Der Film ist klasse und sorgt für ein lachendes Ende. Mehr soll aber nicht verraten werden. Und bald haben alle die Chance, diesen selbst zu sehen.
Am Ende betrat Siegfried Scheeler (SH-Vize-Schiri-Boss) und ehrte Schaffrath mit dem DFB-Preis für Schiris unter 50 Jahre für besondere Dienste im Ehrenamt.
Viel mehr könnte man von den fünf Stunden des Abends schreiben, doch der Kern lautet: Danke Boris, danke Jungs für diesen tollen Abend!
Vielleicht ist nun das Fußballfieber im Volkstheater ausgebrochen, denn Geisler lud den bis auf den letzten Platz gefüllten Saal zum Deutschland-Spiel am Donnerstag ein. Auf Leinwand ins Finale kann das Motto so nur heißen. Doch vorher wird erst der Gegner ermittelt. Wales oder Portugal heisst er und die spielen heute Abend um 21 Uhr. Und wir stehen auch noch nicht im Endspiel, denn Frankreich muss erst aus dem Weg geräumt werden.