Auslandskorrespondent Timo Möller-Gomez war wieder unterwegs. Nachdem er zuletzt in der Schweiz rumtourte, verschlug es ihn dieses Mal nach Spanien. Hier sein Bericht:
Der Lautsprecher scheppert: „Wir sind nun gleich zum Start bereit und bitten Sie deshalb die Rückenlehnen senkrecht zu stellen und ihre Tische hochzuklappen…“. Wer in diesen Tagen nachempfinden möchte, wie sich die spanische Nationalmannschaft fühlt, der setzt sich am Besten in ein Flugzeug. Ich sitze in einem Flugzeug und es fühlt sich alles andere als weltmeisterlich an. Mehr nach Abschied, Ende, Basta – Rückflug!
Aber beginnen wir von vorne: Nachdem ich mich schon in der einer vergangenen Ausgabe dieses Blogs mit unseren ausländischen Konkurrenten befasste, entstand die Idee, sich mal den zukünftigen Ex-Weltmeister genauer anzuschauen. Der Plan: Ein Spanien-Spiel der WM in Spanien anschauen. Genauer: Das dritte Gruppenspiel.
So weit, so gut! – Nur wer rechnet damit, dass der amtierende Weltmeister das schnellstmögliche Ticket nach Hause löst? Ich nicht! Na gut, ich war also auf dem Weg in ein Land, dessen Mannschaft nur noch um Blech spielte. Was mich trotzdem interessierte war, wie die Spanier das Ausscheiden ihres Teams sahen. Meine Nachbarn dort waren sich einig – Die anderen Mannschaften sind einfach wesentlich fitter. Argument Nummer eins: Während die europäischen Ligen gerade vorbei sind, geht es wegen der Jahreszeitenverschiebung auf der Südhalbkugel erst nach der WM mit den Ligaspielen los. Die Spieler der Nationalmannschaft seien von Liga und den zahlreichen erreichten Finals ausgelaugt. Ahja, diese These lässt sich auch beim Blick auf unsere restliche europäische Konkurrenz nicht so ganz widerlegen. Leider!
An einen WM-Sieg habe man eh nicht geglaubt, zu alt sei das Team inzwischen, sagt der rüstige Herr weiter. Dass eine Ära zu Ende geht erkennt er an, aber trotzdem hätte man sich in Spanien ein würdigeres Ende gewünscht. Ein vierter Platz beispielsweise, hätte ihm als Dämpfer gereicht.
Ein anderer erklärt mir, Trainer Del Bosque hätte es versäumt, sich den Nachwuchs ranzuziehen. Selbst in Freundschaftsspielen setzte er fast durchweg auf die ‚alte Riege’ – und blieb damit jetzt optionslos.
Der Spanier per se ist unzufrieden – Überraschung – mit dem Ergebnis. Die Meinungen über die Ursache gehen dabei aber durchaus auseinander, die über einen Nachfolger weniger. Nach dem ersten Spiel der Deutschen, traute man ihnen den Titel zu. Das zweite deutsche Spiel überlappte dann mit dem Finale des spanischen Basketball-Pokals – vielleicht bleiben wir dadurch erstmal Spaniens Favorit.
Trotzdem, ganz raus waren die Spanier bis gestern noch nicht. Ein Spiel gab es noch, um zumindest die Ehre wiederherzustellen. Ein 3:0 gegen Australien war das notwendige Abschiedsergebnis für die Iberer. So sehr sich die Mannschaft aber auch abmühte, die WM war für die Spanier längst gegessen. In den Bars lief der Alltags-Fernseh-Brei und die Sportsbars zeigten zumeist Leichtathletik. Jedes Freundschaftsspiel hätte wohl mehr Aufmerksamkeit genossen.
Wer sich trotzdem mit dem Spiel befassen wollte, wechselte besser auf’s Radio. Hier überschlugen sich die ‚Experten’ in Analysen und Schuldzuweisungen. Während ein Experte noch versuchte mit dem Hinweis auf drei gewonnene Turniere in Folge die Mannschaft zu verteidigen, schlug ein anderer vor, Spieler und Trainer notfalls mit Insektengift zu verjagen. Am Ende bleibt vor allem eine Einschätzung: Die Spanier werden eine so starke Mannschaft, mit der es gelang erstmals in der Geschichte drei internationale Titel in Folge zu gewinnen, wohl in den nächsten 50 Jahren nicht wieder haben.
Jetzt hilft nur noch abhaken. Für Spanien ist die WM gelaufen. Der Abschied, den die landesweit größte Zeitung als „Traurigstes Spiel der Spanier“ betitelte ist mit einem Sieg ‚gelungen’ – sofern man dieses Wort überhaupt in dem Zusammenhang nutzen darf… Bis bald, spanischer Fußball!