Die Vorrunde der 20. Fußballweltmeisterschaft ist vorbei und was haben wir nicht alles gesehen. Herr Ishimura pfeift Brasilien zum Auftaktsieg, die Niederlande zerlegt Tiki-Taka in seine Einzelteile, Costa Rica lässt drei Ex-Weltmeister hinter sich und das afrikanische Jahrzehnt lässt weiter auf sich warten.
Es ist also sehr viel passiert, daher hier einfach die vollkommen subjektiv-objektive Flop und Top Five.

Die Flop-5
Platz 5: Wayne Rooney

Wayne Rooney steht stellvertretend für das Scheitern der englischen Nationalmannschaft bei dieser WM. Der Superstar von Manchester United hatte vor der WM vollmundig den WM-Titel als Ziel ausgegeben, doch schon nach der Vorrunde war für die Three Lions das Turnier zu Ende und das schlechteste WM-Abschneiden seit 1958 war perfekt. Rooney steht auch stellvertretend für die fehlende Qualität des englischen Fußballs bei diesem Turnier.

Zwar kämpften die Männer von Roy Hodgson tapfer und waren so sicherlich nicht schlechter als Italien oder Uruguay, allerdings fehlten der fußballerische Esprit und vor allem die Torgefahr. Stellvertretend dafür steht sicherlich folgender Vergleich: bei den WMs 2002 bis 2014 erzielte England 17 Tore (Rooney davon eins), Miroslav Klose satte 15.

Platz 4: Afrikanische Mannschaften

1996 (Nigeria) und 2000 (Kamerun) gewannen afrikanische Fußballmannschaften das olympische Fußballturnier und nicht wenige Experten prophezeiten, dass die Mannschaft vom schwarzen Kontinent den Fußball des 21. Jahrhunderts mitbestimmen sollten. Doch auf den großen Aufbruch bei einer WM warten die Anhänger der Elefanten, der unbezähmbaren Löwen oder wie die Mannschaften auch immer heißen bisher vergeblich.

Kamerun und Ghana schieden sang- und klanglos als Gruppenletzte aus, die Elfenbeinküste wurde von Griechenland im letzten Moment aus dem Turnier gekegelt und die beiden Achtelfinalisten Nigeria sowie Algerien kommen letztlich nur in die KO-Runde, weil zwei andere Mannschaften in der jeweiligen Gruppe schlicht und ergreifend zu blöd waren.
Die afrikanische Leichtigkeit und den technisch anspruchsvollen Fußball sucht man vergebens, stattdessen regieren Prämienstreitereien, Kopfstöße zwischen Mitspielern und Undiszipliniertheiten auf sowie abseits des Feldes die Schlagzeilen.

Platz 3: Tiki-Taka

Was schon der FC Barcelona in der Champions League anerkennen musste, gilt nun auch für die spanische Nationalmannschaft: Tiki-Taka, also die ständige, bisweilen eintönige, Zirkulation des Balles, hat ausgedient.  Wie bei den erfolgreichen Turnieren zuvor, dominierten die Spanier mit viel Ballbesitz das Mittelfeld, allerdings haben sich die Gegner nun darauf eingestellt. Torchancen sind Mangelware und gerade der geniale Xavi Hernandez zeigte sich nicht als Spielmacher, sondern schob den Ball lieber ideenlos zum Nebenmann.

Eindrucksvoll wurde den Iberern vorgeführt, dass es durchaus andere Möglichkeiten zum Torerfolg gibt, als den Ball hinein ins Tor tragen zu wollen. Schnelle Konter und vor allem der schnelle Torabschluss sind die Mittel, die Chile und besonders die Niederlande nutzten, um Spanien den Zahn zu ziehen. Kommen noch individuelle Fehler wie von Casillas, Pique oder Xavi dazu, dann gibt es auch Debakel wie das 1:5.

Platz 2: Die Schiedsrichter

Ja, ich weiß, Schiedsrichter-Bashing ist einfach, weil man immer das schwächste Glied in der Kette findet, doch auch bei sehr wohlwollender Betrachtung  kann man nur sehr wenigen Unparteiischen gute bis sehr gute Leistungen attestieren.
Ob diverse falsche Abseitsstellungen, übersehene Tätlichkeiten oder Elfmeterpfiffe, die jeder Grundlage entbehren: die WM hatte dies alles und gleich in mehrfacher Ausführung.

Gut, von Schiedsrichtern aus Asien und Afrika war dies vielfach erwartet worden, weil diesen Kollegen Erfahrung und die ständige Prüfung auf höchstem Niveau fehlt, doch auch die europäischen Schiedsrichter lieferten teils katastrophale Leistungen ab.
Und nicht wenige Beobachter stellen sich die Frage, ob dort wirklich die besten Referees der Welt pfeifen oder nicht ihre schlechteren Doppelgänger.

Platz 1: Luis Suarez

Das Enfant Terrible des uruguayischen Fußballs hat wieder zugeschlagen – oder genauer zugebissen. Die Konsequenz sind neun Spiele Sperre und vier Monate Fußballverbot, etwas was einem genialen Mann wie Luis Suarez doch zu denken geben sollte.

Dabei galt der Stürmer des FC Liverpool, der schon zuvor als Beißer und auch durch einen rassistischen Vorfall mit dem Franzosen Evra negativ aufgefallen war, als geläutert. Den FC Liverpool schoss er fast im Alleingang in Richtung Tabellenspitze und seine Urus im Alleingang zur WM in Brasilien. Auch eine gewisse Selbstironie schien der begnadete Suarez an den Tag zu legen, denn anders kann man Fotos, die ihn nach seiner Vertragsverlängerung in Liverpool mit einem großen Einkaufswagen voller Bier zeigen, kaum erklären. Auch bei der WM zeigte Suarez seine genialen Seiten, als er England im Alleingang aus dem Turnier schoss.

Doch nun hat dieser geniale Fußballer namens Luis Suarez wieder zugebissen und sich wohl gleich in zweierlei Hinsicht ein Eigentor geschossen. Zum Einen ist die WM zu Ende, zum Anderen nimmt der FC Barcelona, der Medienberichten zu Folge 85 (!) Millionen Euro für Suarez bezahlen wollte, von einer Verpflichtung wohl Abstand.

Aber nun weg von den negativen Höhepunkten dieser WM-Vorrunde, hin zu den positiven Erscheinungen aus den 48 Vorrundenspielen.

Top Five
Platz 5: Miroslav Klose

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Mangelnde Fitness? Fehlanzeige! Torriecher? Immer noch vorhanden! Jokerrolle? Kein Problem!
Kaum zu glauben, aber auch mit 36 Jahren kann Miroslav Klose vielen jüngeren Kollegen noch etwas vor machen. Er nimmt seine Rolle als Einwechselspieler bisher klaglos hin, präsentiert sich auf dem Platz spritzig, zweikampfstark, jederzeit anspielbar und steht dann auch noch da, wo ein guter Stürmer stehen muss. Der Mann von Lazio Rom zeigt, dass man auch in seinem biblischen Fußballeralter noch starke Leistungen vollbringen kann und eine gesamte Mannschaft mitreißen kann.

Die Belohnung in Form eines Startelf-Einsatzes steht noch aus, aber mit seinem 2:2 gegen Ghana zog er mit dem großen Ronaldo gleich, was die Anzahl an Toren bei Weltmeisterschaften anbetrifft. Spätestens damit gehen auch dem Bundes-Jogi die Argumente aus, warum Klose nicht von Anfang spielt.

Platz 4: Torlinientechnik

Erstmals nutzt die FIFA die Torlinientechnik namens „Goal Control“ und schon hat sie sich bewährt. Natürlich, noch immer belächelt man als Zuschauer die Einblendung, die Minuten nach einem Tor, diesen Treffer noch einmal visuell bestätigt, aber wenn es darauf ankommt, dann zeigt die Technik, was sie so drauf. So geschehen beim Spiel Frankreich gegen Honduras.

Frankreichs Benzema schoss zunächst an den Innenpfosten, von wo der Ball nichts ins Tor rollte, was die technische Kontrolle korrekterweise nicht im Tor sah, ehe der Ball vom honduranischen Keepers ins Tor abprallte, was die Technik dann als Tor anzeigte und dem brasilianischen Schiedsrichter Ricci die Möglichkeit gab, das korrekte Tor anzuerkennen.

Bewährungsprobe bestanden, auch wenn es „nur“ ein unbedeutendes erstes Vorrundenspiel war. Für die Bildauswahl im Stadion und für die Fernsehgeräte ist aber nachwievor ein Mensch verantwortlich, was die Konfusion in Porto Alegre rund um diesen Treffer erklärt.

Platz 3: Costa Rica

Costa Rica ist wohl die Sensation des bisherigen Turniers. Die Ticos gelten nicht als Fußballgroßmacht und galten in der Hammergruppe mit Italien, England und Uruguay als der große Außenseiter. Vorrundenaus garantiert. Doch nach der Vorrunde  sind England sowie Italien raus und Costa Rica zieht als ungeschlagener Gruppensieger in das Achtelfinale, wo mit Griechenland ein machbarer Gegner wartet.

Das Team der Namenlosen brilliert mit toller kämpferischer Einstellung, schießt im richtigen Moment die Tore und ist vor allem Eines: eine Mannschaft. Dazu kommen herausragende Einzelleistungen wie von Keeper Keylor Navas, der immerhin der beste Keeper in Spaniens Primera Division war, oder Stürmer Joel Campbell, der reihenweise seine Gegenspieler zur Verzweiflung bringt.
Aktuell scheint für Costa Rica alles möglich, mal gucken was das Turnier für die Ticos noch bringt.

Platz 2: Lionel Messi

Was war in den Tagen und Wochen vor der WM nicht alles über das Verhältnis von Lionel Messi zur argentinischen Nationalmannschaft geschrieben worden. Verzweifelt suchten Journalisten und Experten Antworten auf die Frage, warum der vierfache Weltfußballer des Jahres im Trikot der Albiceleste nicht an die Leistungen in Barcelona anknüpfen konnte.
Doch pünktlich zu seiner dritten WM scheint der 1,69m große Offensivkünstler seinen Frieden mit dem Nationalteam der Gauchos gemacht zu haben. Messi ist der Dreh- und Angelpunkt im Offensivspiel von Coach Sabella, mit ihm steht und fällt der argentinische Angriff.

Keine Frage, gerade in den ersten beiden Spielen hakte das Spiel nach vorne noch massiv und auch Messi nahm sich einige Auszeiten, doch die vier Tore sowie die Art und Weise, wie Messi die Tore macht, zeigen, wie genial dieser Fußballer ist. Und auch seine Kritiker in der Heimat verstummen bei so einer Performance.

Platz 1: Offensivspektakel

132 Tore durften die Zuschauer in den Stadien und an den Bildschirmen bisher bei diesem Turnier verfolgen, erleben und bestaunen. Zumindest vorläufig scheint der Trend, dass immer weniger Tore fallen, erst einmal gestoppt. Nachdem bei den WMs zuvor nicht mal 150 Tore in den 64 Spielen fielen, ist man nun auf gutem Wege endlich mal wieder über diese Marke zu kommen.

Natürlich, auch bei dieser WM gab es totlangweilige Spiele wie der Klassiker Iran gegen Nigeria, die Partien, wo man gebannt von der ersten bis zur letzten Minute vor dem Fernseher saß, waren aber deutlich in der Überzahl. Teils wurde spektakulärer Offensivfußball geboten wie bei Hollands Sieg gegen Spanien, teils waren die Stürmer einfach nur gnadenlos effektiv.
So kann dieses Turnier gerne weitergehen, im Idealfall noch mit dem richtigen Sieger.
Aber bis dieser Sieger feststeht dürfen wir uns an den Toren der Müllers, Benzemas und Robbens dieser Welt erfreuen, vorbereitet und kredenzt von Stars wie Hazard, Messi oder James.

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