Norderstedt – Dass die Anzeigetafel nach 90 Minuten einen Endstand von 3:1 anzeigte, täuschte über den Spielverlauf hinweg: Der Sieg von Eintracht Norderstedt hätte deutlich höher ausfallen können, ja müssen. Oldenburgs Torhüter Deik Oetjen wehrte sich jedoch nach Leibeskräften gegen die Norderstedter Angriffslawine, die nach 90 Minuten auf 25, zum Großteil hochkarätige, Torchancen kam.
„Wenn wir heute noch höher verlieren, können wir uns nicht beschweren", sagte VfL-Trainer Dario Fossi nach dem Spiel. „Wir haben zu viele einfache Fehler gemacht. Norderstedt hat sich dann in einen Rausch gespielt. Es gab im gesamten Spiel eine Phase von vielleicht fünf Minuten, wo wir ordentlich mitgehalten haben."
In dieser Phase zwischen der 35. und der 40. Minute hatte man kurz das Gefühl, dass die Partie zu Gunsten der Gäste drehen könnte. Zunächst traf Isailovic den Pfosten, der Abpraller landete vor den Füßen von Azong, der den Ball nur noch einschieben musste: Doch Höcker war wieselflink wieder oben und fischte den Ball von der Linie (35.). Zwei Minuten später traf Efkan Erdogan per Freistoß aus 17 Metern in den Winkel. Höcker war zwar noch mit den Fingerspitzen dran, konnte den stark getretenen Ball aber nicht mehr abwehren.
Der Rest des Spiels war Norderstedter Angriffsherrlichkeit. Insbesondere die linke Außenbahn mit dem überragenden Juri Marxen und dem bärenstarken, aber im Abschluss glücklosen, Tayfun Can sorgte einige Male für lautstarkes Raunen auf den Rängen. Zudem glänzte Geburtstagskind Philipp Koch im Mittelfeld als omnipräsenter Ballverteiler.
Nach sieben Minuten hatte Norderstedt die erste richtig gute Chance zur Führung, als Lüneburg nach einer Flanke von Meien per Kopf an Oetjen scheiterte. Weiter ging es mehr oder weniger im Minutentakt. Von Knebel knapp drüber (12.), Can knapp vorbei (13.), Drinkuth per Kopf daneben (15.) – die Führung lag schon früh in der Luft. Hierfür brauchte es aber eine gute halbe Stunde und die tatkräftige Unterstützung der Oldenburger Defensive.
Marxen brachte den Ball vom linken Flügel flach in die Mitte, Drinkuth traf das Leder am Elfmeterpunkt nicht richtig. Der Ball landete vor den Füßen von Jan Lüneburg, der dem Ball mit der Fußspitze noch eine leichte Richtungsänderung gab – Rahmig fälschte den Ball in die Beine von Keeper Oetjen ab, von wo der Ball ins Netz trudelte (33.). Nach den von Dario Fossi beschriebenen fünf guten Minuten der Gäste mit dem Ausgleichstor war es Keeper Oetjen, der dafür sorgte, dass die Gäste mit einem Unentschieden in die Pause gingen. Nachdem er zunächst einen Kopfball von Drinkuth fallen ließ, rettete er stark gegen einen weiteren Kopfball von Coffie. Der zweite Abpraller landete vor den Füßen von Lüneburg, dessen Schuß jedoch geblockt wurde (41.). Zwei Minuten später setzte sich Kapitän Brown auf dem rechten Flügel stark durch, guckte kurz, hatte freie Bahn und zog einfach mal ab – Oetjen lenkte den Schuß gekonnt über das Tor (43.). Der Eckball landete auf dem Kopf von Coffie, der jedoch knapp verfehlte (44.).
Wer gedacht hatte, dass Norderstedt das Tempo in Halbzeit zwei nicht aufrechterhalten könne und Oldenburg nun defensiver agieren würde, sah sich getäuscht. Nachdem Oetjen per Fuß gegen Can klärte (49.), rettete Rahmig zwei Mal gegen Lünenburg (51.) und Drinkuth (52.) auf der Linie. Bevor man jedoch auf der Haupttribüne die alten Fußball-Weisheiten von wegen „Wenn du ihn vorne nicht machst…" hervorholen konnte, sorgte Felix Drinkuth für Beruhigung. Nach einem weiten Einwurf von Can verlängerte Oldenburgs Köhlert den Ball mit dem Kopf auf den Elfmeterpunkt, wo der Rechtsaußen den Ball technisch hochwertig volley zur Führung ins Netz drosch (52.). Im Gegenzug hatte Lokaj die Möglichkeit zum erneuten Ausgleich, verfehlte aber knapp (54.). Weiter ging die Norderstedter Angriffslawine: Oetjen rettet gegen Can (54.), Can knapp drüber (57.), von Knebel aus nächster Nähe knapp drüber (58.), Lüneburg nach toller Flanke von Koch per Kopf an die Latte (59.), Oetjen rettet gegen Drinkuth, Frenzel blockt den direkten Nachschuß von Marxen (68.), Coffie zielt knapp drüber (69.).
Das Statement von Trainer Dirk Heyne nach dem Spiel war auf Grund dieser Fahrlässigkeit in der Chancenverwertung vorhersehbar: „Die Chancenauswertung hat mir nicht gefallen. Gefallen hat mir aber, wie viele Chancen wir herausgearbeitet haben." Gerade in einer Phase, wo die Liga punktemäßig sehr eng zusammen ist, hätte man hier etwas fürs Torverhältnis tun können.
Das gelang jedoch nur noch Johann von Knebel – wobei das Tor zu einem Großteil auf das Konto von Juri Marxen geht, der den Ball auf Höhe der Mittellinie eroberte, unter Bedrägnis Jan Lüneburg anspielte, der kurz wartete und dann dem durchgelaufenen Marxen den Ball in den Lauf servierte. Kurz vor der Grundlinie legte er zurück auf Johann von Knebel, der sieben Meter vor dem Tor völlig frei stand und cool zum 3:1 einschob (72.). Doch noch hatte die Norderstedter Angriffslust kein Ende – Lüneburg verfehlte knapp (71.), Oetjen parierte stark gegen Geburtstagskind Koch (78.), der eingewechselte Brisevac zielte knapp vorbei, so dass es am Ende bei 3:1 blieb. Trotz des Chancenwuchers zeigte sich Dirk Heyne nach dem Spiel happy: „Ich bin sehr zufrieden über den Sieg und wie die Mannschaft das Spiel von der ersten bis zur letzten Minute angegangen ist."
Wie wichtig der Sieg war, zeigt ein Blick auf die kommenden Spiele – am Sonntag ist Norderstedt beim Tabellen-Dritten Holstein Kiel II zu Gast, zum Jahresabschluss begrüßt die Eintracht am 9.12. den Herbstmeister VfL Wolfsburg II.
Tore:
1:0 Jan Lüneburg (33., Vorlage: Felix Drinkuth), 1:1 Efkan Erdogan (37.), 2:1 Felix Drinkuth (52.; Vorlage: Jan Lüneburg), 3:1 Johann von Knebel (70.; Vorlage: Juri Marxen).
Norderstedt spielte mit:
Höcker – Marxen, Mandic, Coffie, Brown – Koch, Meien – Can (86. Büyükdemir), von Knebel (79. Brisevac), Drinkuth – Lüneburg (74. Facklam)
Zuschauer: 215
Das Archivfoto zeigt Felix Drinkuth (links), der das 2:1 erzielte und zum 1:0 die Vorlage gab